Herr Thiel, Sie reisen für die Gemeinde nach Brasilien. Warum wird das kein Freizeitvergnügen?
Weil wir uns vor Ort mit Gewässermanagement und nachhaltigem Tourismus befassen. Die Emschergenossenschaft hat vorab Kontakte zur Gemeinde Nísia Floresta nahe der Stadt Natal geknüpft und sich mit dem Gewässermanagement vor Ort befasst. Wir wurden dann als Quellgemeinde über die Genossenschaft angefragt und fanden die Fragestellung interessant, inwieweit sich fachliche Aspekte aus dem Emscherumbau übertragen lassen.
Wer fliegt mit Ihnen und wann hebt der Flieger ab?
Der Flieger startet am Freitag (9.8., Anm. d. Red.) um 13 Uhr Ortszeit in Düsseldorf. Dann geht es mit Zwischenstopp Lissabon nach Natal. Die Zeitverschiebung beträgt fünf Stunden, sodass wir um 22 Uhr Ortszeit in Natal landen. Begleitet werde ich von einem Vertreter der Emschergenossenschaft und einem Übersetzer.
Wie lange bleiben Sie vor Ort und wie sieht ihr Terminkalender in Brasilien aus?
Die Reise dauert gut eine Woche. Am kommenden Donnerstag geht es zurück. Nach der Ankunft geht es am Sonntag in die Projektregion nach Nísia Floresta, wo diverse Exkursionen zu den Süßwasserlagunen vor Ort anstehen. Dazu kommen Gespräche mit der örtlichen Stadtverwaltung und Workshops zu Themen wie Gewässermanagement und Tourismus.
Inwieweit konnten Sie sich vorab auf diese ungewöhnliche Dienstreise vorbereiten?
Nach meinem Studium habe ich 2007 ein halbes Jahr in Belo Horizonte gelebt. Das ist zwar schon lange her, aber so ein bisschen weiß ich dadurch, dass die Uhren in Brasilien anders ticken. Nach vier Monaten und einem Sprachkurs konnte ich sogar halbwegs Portugiesisch sprechen. Ich bin jedenfalls auf alles vorbereitet, unser Projektpartner vor Ort hat einen Plan. Ich denke schon, dass wir beispielsweise unsere Erfahrungen in Holzwickede mit einem Gebäude wie dem Emscherquellhof teilen können. Wie dadurch die Emscher und die Quelle in Szene gesetzt wurden, das hat beispielsweise den Radtourismus bei uns erkennbar belebt.

Inwieweit kann eine Region in Brasilien vom Gewässermanagement eines deutschen Wasserverbandes und der Gemeinde Holzwickede lernen?
Man muss bedenken, dass es vor Ort mehrere Süßwasserlagunen gibt. Die größte davon ist wichtig für die Trinkwasserversorgung von rund 30 Kommunen rund um Nísia Floresta. Wir wissen alle, wie belastet die Emscher einst war, welche Fehler wir diesbezüglich gemacht haben und wie teuer und aufwendig die Korrektur war. Der örtliche Wasserverband wird vor Ort sein und interessiert sich sehr für unser hiesiges Wassermanagement.
Was erwarten Sie wiederum von der brasilianischen Verwaltungsarbeit?
Ich durfte mir in der Vergangenheit bereits anschauen, wie die Verwaltung in unserer französischen Partnerstadt Louviers arbeitet. Man nimmt immer etwas mit. Was ich weiß: In Brasilien geht man ganz anders mit Partizipation um. Dort ist es selbstverständlich, dass ein ganzes Dorf einbezogen wird, wenn etwa ein Bauprojekt ansteht. Da interessiert mich schon, ob das eine Frage der Mentalität ist, oder ob seitens der Verwaltung aktiv auf diese Teilhabe hingearbeitet wird.
Reisekosten belasten Haushalt nicht
Ursprünglich war angedacht, dass auch Holzwickedes Bürgermeisterin Ulrike Drossel mit nach Brasilien fliegt. Sie verzichtet allerdings auf den Flug. Die Kosten für den Austausch werden zu 90 Prozent über Fördermittel des Bundes im Zuge internationaler Entwicklungspartnerschaften übernommen. Die restlichen Kosten werden über eine Spende gedeckt. Aus dem Gemeindehaushalt fließt kein Geld in die Dienstreise des Wirtschaftsförderers.