Auch wenn sich die Holzwickeder Gemeindeverwaltung hauptsächlich um lokale Belange kümmert, steht vereinzelt auch eine Dienstreise auf dem Programm. Sei es zu Konferenzen, Beratungen oder einem Besuch in einer Partnerstadt in England, Frankreich oder Ostdeutschland. Doch die Reise, die einige Holzwickeder Amtsträger in naher Zukunft antreten werden, dürfte wahrscheinlich einen lokalen Rekord aufstellen. Denn eine Delegation um Bürgermeisterin Ulrike Drossel und Wirtschaftsentwickler Stefan Thiel will im August nach Brasilien reisen.
Mehr als 7.500 Kilometer trennen Holzwickede und Nisia Floresta. Nun wollen die Kommunen eine Kooperation eingehen. Doch warum überhaupt? Wie sollen zwei Gemeinden, die nicht nur durch den Atlantik getrennt sind, sondern auch in völlig unterschiedlichen Klima-Regionen liegen, voneinander profitieren?
Das geht auf eine Initiative des Emscherverbands zurück. Dr. Stephan Treuke koordiniert für den Verband mehrere Projekte, gerade auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. „Wir setzen auf Partnerschaften auf Augenhöhe. Wir möchten Umweltbildung global denken.“
Nisia Floresta liegt an mehreren prächtigen Süßwasserlagunen, die jedoch durch eingespeiste Abwässer und unregulierten Tourismus belastet werden. „Es gibt kein Konzept für den Umgang mit Abwasser und viel Abfall landet in den Gewässern“, so Dr. Treuke. Er sieht jedoch Potenziale, feste Tourismusstrukturen zu etablieren, die auch mit Umweltbildung einhergehen.
Ein Emscherquellhof an der Lagune?
Und genau dort kommt die Gemeinde Holzwickede ins Spiel. „Wir sind die Emscherquellgemeinde. Bei uns begann die Revitalisierung des Flusses, wir haben den schönen Emscherquellhof, auf und um den viel passiert“, fasst Stefan Thiel zusammen. „Die Emschergenossenschaft kam auf uns zu und fragte an, ob wir in eine solche Kooperation eintreten möchten.“ Die Antwort lautete „Ja.“
Im Rahmen von Workshops und Besuchen vor Ort sollen die Partnerkommunen voneinander lernen. Unterstützt werden sie dabei vom Emscherverband und dessen Netzwerk sowie brasilianischen Universitäten, Umwelt- und Tourismusverbänden. Die Delegation der Gemeinde Holzwickede, zu der unter anderem Thiel und Drossel gehören, soll besonders ihre Erfahrungen im nachhaltigen Tourismus und der Umweltbildung weitergeben.
Das Konzept des Emscherquellhofs könnte als Transferleistung ähnliche Projekte an den Lagunen etablieren. Im August will die Holzwickeder Delegation nach Brasilien reisen, im September soll der Gegenbesuch folgen.

Wichtig dabei sei, da sind sich alle Beteiligten einig, dass das Projekt auf Augenhöhe durchgeführt wird. „Wir wollen nicht über nur unsere Erfolge berichten, sondern auch über unsere Fehler“, so Dr. Treuke. „Beispielsweise haben wir im Rahmen der Emscherrenaturierung zweimal den kompletten Fluss umgewälzt, was enorm viel Geld gekostet hat.“ Und auch aus Brasilien sollen Erkenntnisse und Konzepte nach Deutschland mitgebracht werden.
Gemeinde und Emschergenossenschaft bewerben sich beim Service für Entwicklungsinitiativen, um das Kooperationsprojekt durchführen zu können. Bei Bewilligung würden 90 Prozent der Projektkosten in Höhe von rund 35.000 Euro durch Bundesmittel gefördert werden. Die restlichen 3500 Euro sind bereits jetzt durch eine Spende abgedeckt. „In Zeiten enger wirtschaftlicher Haushalte muss man ganz genau darauf achten, wofür Geld ausgegeben wird“, weiß Bürgermeisterin Drossel. Die vermutlich weiteste Dienstreise der Verwaltungsgeschichte wird die Gemeindekasse also nicht belasten.
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