Fröndenbergs Tafel-Chef Kurt Potthoff beklagt, dass sich die Politik in Land und Bund auf die Arbeit der Ehrenamtlichen ausruht.

Fröndenbergs Tafel-Chef Kurt Potthoff beklagt, dass sich die Politik in Land und Bund auf die Arbeit der Ehrenamtlichen ausruht. © Archiv

Kurt Potthoff zu Tafel-Sorgen: „Wo sind denn unsere Abgeordneten?“

dzFröndenberger Tafel

Dass es den Tafeln – und nicht nur der in Fröndenberg – schlecht geht, ist längst kein Geheimnis mehr. Der Tafel-Vorsitzende aus der Ruhrstadt kritisiert die Politiker aus seinem Wahlkreis.

von Dirk Becker

Fröndenberg

, 14.09.2022, 05:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Kurt Potthoff wirkt fast schon resigniert, als er bei einem Vorgespräch zum Erntedankfest auf dem Hof Sümmermann über die Situation der Fröndenberger Tafel spricht. Potthoff ist deren Vorsitzender und hat seit vielen Monaten keine guten Nachrichten.

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Durch den Ausbruch des Krieges in der Ukraine gibt es deutlich mehr Bedürftige, die das Angebot der Tafel in Anspruch nehmen wollen. Mehr als 50 Prozent aller Tafel-Kunden seine Geflüchtete, sagt er. Das große Tafel-Problem hat aber noch weitere Facetten: Die Tafel bekommt immer weniger Ware. Anfangs fehlten vor allem Molkereiprodukte, inzwischen sieht es auch bei Obst und Gemüse schlecht aus.

Tafel in Köln geht inzwischen leer aus

Nicht zuletzt liegt das an der Lidl-Rettertüte. Zum Normalpreis nicht mehr verkäufliche Ware bietet der Discounter auf diesem Weg an, um die Vernichtung von Lebensmitteln zu verhindern. Die Tafel fürchtet, dass sie deswegen deutlich weniger Obst und Gemüse bekommt. Lidl hat betont, die Tafeln weiter zu unterstützen, doch Potthoff nennt das Beispiel Köln, wo die Tüte so erfolgreich sei, dass Tafel dort gar kein Obst und Gemüse mehr bekommen.

Das eigentliche Problem sieht Potthoff allerdings an anderer Stelle. Er kritisiert, dass es Tafeln überhaupt geben muss. „Ich sehe den Staat in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass in Deutschland kein Mensch hungern muss.“ Die Politik aber verlasse sich auf das Ehrenamt. „Die denken sich: Wir haben ja den Herrn Potthoff, die Frau Trümper (Ulrike, Leiterin Tafel Kreis Unna, Anm. d. Red.) oder in Menden die Frau Hill (Marita, Geschäftsführende des SKM). Die kümmern sich schon.“

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Die Politik in Land und Bund aber duckt sich aus Potthoffs Sicht weg: „Die Kommunalpolitiker vor Ort können ja nichts ändern, aber wo sind denn unsere Abgeordneten aus dem Bundestag und dem Landtag? Von denen habe ich vor unserer Tür noch nie jemanden gesehen, der mal gefragt hätte, wie er uns helfen kann.

Insgesamt fünf Mandatsträger in Land und Bund

Mit Oliver Kaczmarek (SPD), Hubert Hüppe (CDU) und Michael Sacher (Bündnis 90/Die Grünen) gibt es inzwischen drei Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis, in dem Fröndenberg liegt. Hinzu kommen Hartmut Ganzke (SPD) und Susanne Schneider (FDP) als Landtagsabgeordnete. Ob sie die Worte aus Fröndenberg hören und Kontakt zu Potthoff aufnehmen werden? Der Tafel-Chef hofft es – er sagt: „Über das Thema könnte ich stundenlang reden.“