Fröndenbergs Tafel-Chef Kurt Potthoff beklagt, dass sich die Politik in Land und Bund auf die Arbeit der Ehrenamtlichen ausruht. Diese Kritik ist in Berlin angekommen.

Fröndenbergs Tafel-Chef Kurt Potthoff beklagt, dass sich die Politik in Land und Bund auf die Arbeit der Ehrenamtlichen ausruht. Diese Kritik ist in Berlin angekommen. © Archiv

Hilferuf der Fröndenberger Tafel hat den Bundestag erreicht

dzTafel-Sorgen

Nachdem Kurt Potthoff als Vorsitzender der Fröndenberger Tafel seinen Unmut über eine Ignoranz seitens der Politik geäußert hat, reagieren nun die drei heimischen Bundestagsabgeordneten.

von Carlo Czichowski, Dirk Becker

Fröndenberg

, 21.09.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Kurt Potthoff hatte beklagt, dass die Tafeln immer mehr Menschen versorgen sollen, aber immer weniger Lebensmittelspenden erhalten. Daran angeknüpft hatte er die Kritik, dass es Tafeln überhaupt geben müsse. Es sei eine Aufgabe des Sozialstaates, dafür zu sorgen, dass in Deutschland kein Mensch hungern muss.

Potthoff sprach Klartext: „Wo sind denn unsere Abgeordneten aus dem Bundestag und dem Landtag? Von denen habe ich vor unserer Tür noch nie jemanden gesehen, der mal gefragt hätte, wie er uns helfen kann.“

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Tatsächlich ist Potthoffs Ruf auch in die Wahlkreisbüros und bis zum Bundestag in Berlin vorgedrungen. Die drei Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek (SPD), Hubert Hüppe (CDU) und Michael Sacher (Bündnis 90/Die Grünen) vertreten den Wahlkreis Unna I, zu dem auch Fröndenberg gehört, in Berlin. Sie haben sich gegenüber unserer Redaktion zur Tafel-Problematik geäußert.

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Kaczmarek: „Wir wissen, wie wir uns erreichen können.“

„Also ich informiere mich regelmäßig über die Arbeit der Tafeln und war auch an mehreren Ausgabestellen vor Ort. Nicht nur, um mir das anzugucken, sondern ich habe auch bei der Ausgabe geholfen“, sagt Oliver Kaczmarek (SPD). Von seiner Seite fänden also regelmäßig Aktivitäten statt. „Zuletzt war ich zum Beispiel in Bönen. Dass ich in der Fröndenberger Tafel noch nicht war, ist reiner Zufall. Ich werde aber mal zu Herrn Potthoff Kontakt aufnehmen und dort vorbeischauen. Ich kenne ihn schon sehr lange und wir wissen, wie wir uns erreichen können.“

Hüppe: „Zurzeit brennt es im Kreis Unna überall.“

CDU-Mann Hubert Hüppe sagt: „Ich schätze das bürgerschaftliche Engagement der Mitarbeiter der Tafeln und habe während meiner politischen Tätigkeit als Abgeordneter schon häufiger Tafeln im Kreis Unna besucht. Mir ist auch bewusst, dass durch die hohe Inflation immer mehr Menschen zu den Tafeln kommen und auf der anderen Seite die Lebensmittel, die zur Verfügung gestellt werden, immer weniger werden.“

Beim Caritasverband haben sich die Bundestagsabgeordneten Michael Sacher (links), Oliver Kaczmarek (3. von links) und Hubert Hüppe (5. von links) bereits informiert. Ähnlich wünscht sich Kurt Potthoff auch für die Fröndenberger Tafel.

Beim Caritasverband haben sich die Bundestagsabgeordneten Michael Sacher (links), Oliver Kaczmarek (3. von links) und Hubert Hüppe (5. von links) bereits informiert. Ähnliches wünscht sich Kurt Potthoff auch für die Fröndenberger Tafel. © Henryk Brock

Hüppe zeichnet ein trübes Bild: „Zurzeit brennt es im Kreis Unna überall. Kürzlich waren alle drei Bundestagsabgeordneten bei der Caritas, weil die Migrationsberatung gefährdet ist. Anschließend war ich als Mitglied des Gesundheitsausschusses bei einer Konferenz der Geschäftsführer der Hammer Krankenhäuser, weil sie Angst vor einer Insolvenz haben. Mich schreiben Firmen und Pflegeeinrichtungen an, die ich alle besucht habe. Im Kreis Unna sind nicht nur Arbeitsplätze massiv gefährdet, sondern auch die Gesundheitsversorgung.“

Für die Kritik aus Fröndenberg hat Hüppe Verständnis: „Herr Potthoff hat Recht, wenn er sagt, dass die Probleme grundsätzlich woanders liegen. Deswegen versuche ich als Abgeordneter dabei mitzuwirken, dass all jenen geholfen wird, die dringend Hilfe brauchen und möglichst viele Menschen in Arbeit bleiben, damit sie morgen nicht auf die Tafel angewiesen sind. Als Bundestagsabgeordneter für die Menschen im Kreis Unna bin auf allen Kanälen auch für Einzelpersonen ansprechbar. Dieses Angebot gilt natürlich auch für die Tafel in Fröndenberg.“

Sacher: „Viele Gruppen fordern Gespräche – und im Grunde haben sie alle Recht.“

Auch Michael Sacher (Bündnis 90/Die Grünen) signalisiert Gesprächsbereitschaft. „Ich bin natürlich für jede Initiative in meinem Wahlkreis erreich- und ansprechbar“, sagt der Grüne, der als Nachrücker erst vor wenigen Wochen in den Bundestag kam. Das Finden eines Termins könnte sich aber schwierig gestalten. „Gesprächswünsche gibt es derzeit besonders viele. In den nächsten fünf Wochen bin ich aber gar nicht im Wahlkreis, weil hier in Berlin so viel Arbeit anliegt“, sagt Sacher.

Der Grüne verweist aber zugleich darauf, dass die Sozialpolitik nicht zu seinen Arbeitsschwerpunkten zähle. Sacher engagiert sich vor allem in der Kultur, ist aber auch Mitglied im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Um die Probleme der Tafeln weiß Sacher dennoch. „Es brennt überall im Kreis, auch durch die Energiekrise. Viele Gruppen fordern Gespräche – und im Grunde haben sie alle Recht.“