
© Udo Hennes
Dr. Thomas Huth: „Corona hat unseren gesamten Praxis-Alltag verändert“
Zwei Jahre mit Corona
Ständig neue Regeln, besorgte Patienten und Überstunden: Seit zwei Jahren hält das Coronavirus Allgemeinärzte auf Trab. Ein Lagebericht aus einer Praxis in Fröndenberg.
Um bei den ständig neuen Regelungen, Empfehlungen und Forschungsmeinungen in Sachen Corona auf dem Laufenden zu bleiben, wählte Doktorin Elisavet Athanasiou-Weier eine ungewöhnliche Methode. „Ich habe Twitter installiert. Ich folge Christian Drosten, Karl Lauterbach, dem Expertenrat und anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So fühle ich mich immer bestens informiert“, sagt die Ärztin aus dem Fröndenberger Ortsteil Ardey.
Zusammen mit ihren Kollegen, Doktorin Gamze Yörük und Doktor Thomas Huth, hat Athanasiou-Weier in den vergangenen zwei Jahren der Corona-Pandemie einiges erlebt. Immer wieder gab es neue Erkenntnisse, aber auch politische Beschlüsse. „Manchmal haben mich Patienten dabei erwischt, dass sie mich mit Fragen zu Forschungsergebnissen konfrontierten, die ich selbst noch nicht kannte. Da musste ich erstmal nachschlagen“, erzählt die Medizinerin.
„Mit sachlichen Argumenten konnte ich einige überzeugen“
Auch von unseren Leserinnen und Lesern wollten wir wissen, wie sie sich informieren und wem sie bei gesundheitlichen Infos zu Corona-Impfungen vertrauen. 81 Prozent der Fröndenberger Abstimmenden antworteten hierbei, dass sie ihrem Hausarzt deutlich oder sehr deutlich vertrauen. Auf Platz zwei bei der Frage landeten Institutionsvertreter wie etwa RKI-Präsident Lothar Wieler mit 69 Prozent.
„Das Vertrauen in den Hausarzt spielt in diesen Zeiten eine große Rolle. Unsere Meinung genießt eine hohe Akzeptanz. Ich hatte den einen oder anderen Patienten vor mir sitzen, der wegen der Impfung unsicher war. Mit sachlichen Argumenten konnte ich einige überzeugen“, schildert Thomas Huth.
Angst vor Impotenz und nicht schwanger werden zu können
Besonders zu einem Arzt auf dem Land hätten viele Menschen ein enges Vertrauensverhältnis, sagt Huth. Und seine Kollegin Athanasiou-Weier sagt: „Ein Arzt vor Ort kennt die Krankheitsgeschichte seiner Patienten viel besser. Daher kann man eine direkte Rückmeldung geben, welcher Impfstoff sinnvoll sei oder ob es berechtigte Bedenken gibt.“
Beide Ärzte berichten von einigen Ängsten von Patientinnen und Patienten, die sie entkräfteten. Männer hätten Sorgen geäußert, von einer Impfung impotent zu werden. Frau hatten Bedenken, nach einer Spritze mit einem Vakzin nicht mehr schwanger werden zu können. „Wir haben uns viel Zeit genommen, um mit unseren Patientinnen und Patienten zu reden und ihnen zu erklären, wie die Sachlage ist“, erklärt Doktor Huth.
Viel Skepsis gegenüber Telegram, Instagram und Twitter
Rund um das Coronavirus tauchten in den vergangenen zwei Jahren auch immer wieder Fake-News auf. Deshalb fragten wir unsere Leserinnen und Leser, welchen Medien sie vertrauen. Mit 60 Prozent an „sehr deutlichen“ und „deutlichen“ Antworten liegen die Lokalzeitungen an der Spitze, dicht gefolgt von den öffentlich-rechtlichen Sendern wie ARD und ZDF mit 59 Prozent.
Großes Misstrauen besteht indes gegenüber Messenger-Diensten und Social Media. 88 Prozent der Befragten äußerten sich, dass sie Telegram gar nicht vertrauen. Mit jeweils 84 Prozent lag der Anteil bei Twitter und Instagram fast genauso hoch.
„Die Menschen haben es akzeptiert“
In diesen Tagen normalisiert sich das Praxisleben wieder ein wenig. Impfungen werden weniger, alle sind etwas gelassener geworden. Trotzdem sagt Dr. Thomas Huth: „Corona hat unseren gesamten Praxis-Alltag verändert. Erst wurden wir vom Virus überrannt, weil wir wenig über die Krankheit wussten. Dann mussten wir bei Verdachtsfällen oder bei Tests erstmal unsere Schutzanzüge anziehen.“

Dr. med. Thomas Huth führt eine Allgemeinarztpraxis in Fröndenberg-Ardey und leitete zwischenzeitlich auch das Impfzentrum in Unna. © Udo Hennes
Martina Becker, Medizinischen Fachangestellte in der Praxis und so etwas wie die Corona-Organisationschefin, berichtet: „Zu den Anfangszeiten der Pandemie haben wir nur fünf Menschen in den Warteraum gelassen. Die anderen mussten draußen warten. Das hat zwar am Anfang für etwas Unmut gesorgt, aber die Menschen haben es akzeptiert.“
„Ich denke, wir haben bald das Ende der Pandemie erreicht“
In den vergangenen zwei Jahren hat das gesamte Team eine Menge Überstunden gemacht. Thomas Huth leitete zwischenzeitlich das Impfzentrum in Unna, seine Kolleginnen hatten regelmäßig Hausbesuche oder Termine in Senioreneinrichtungen – auch dort wollten die Menschen geimpft werden.
Apropos Impfen: Wir wollten von Ihnen auch wissen, wie Sie zur möglichen Impfpflicht stehen. 24 von 32 Befragten aus Fröndenberg sprachen sich für eine allgemeine Impfpflicht aus. Vier Menschen antworteten, dass sie zwar für eine Pflicht seien, aber nicht für Kinder, weitere vier lehnten sie ab. Repräsentativ sind die Ergebnisse natürlich bei Weitem nicht, doch Trends lassen sich daran allemal ablesen.
Obwohl die Pandemie die Praxis und auch die Patientinnen und Patienten stark beansprucht haben, versprühen Thomas Huth, Elisavet Athanasiou-Weier und Martina Becker Optimismus. „Ich denke, wir haben bald das Ende der Pandemie erreicht. Im Sommer werden wir in einem ruhigen Fahrwasser sein. Ich erwarte keine Welle im Herbst“, blickt Huth zuversichtlich voraus.
Gebürtiger Brandenburger. Hat Evangelische Theologie studiert. Wollte aber schon von klein auf Journalist werden, weil er stets neugierig war und nervige Fragen stellte. Arbeitet gern an verbrauchernahen Themen, damit die Leute da draußen besser informiert sind.
