Zwei glückliche und zufriedene Mütter mit ihren Kindern, die die Elternschule des Familienforums Katharina in Unna von Hebamme Heike Möller besuchen.

© Michael Neumann

Eine Hebamme verrät: Corona hält Leute nicht vom Kinderkriegen ab

dzFamilien in Fröndenberg und Unna

Kinder kriegen die Leute immer, hat Konrad Adenauer schon gesagt. Die Hebamme Heike Möller bestätigt: Einen Geburtenrückgang gibt es wegen Corona nicht. Dagegen oft schlechte Gefühle bei den Eltern.

Fröndenberg, Unna

, 12.05.2021, 18:25 Uhr / Lesedauer: 2 min

Hebamme Heike Möller ist seit bald 25 Jahren im Beruf. Geburtshilfe in einer Pandemie ist auch für die Fröndenbergerin völlig neu. Zukunftssorgen oder Ungewissheit wegen des grassierenden Coronavirus haben sich auf das Kinderkriegen allerdings nicht ausgewirkt.

»Corona hält die Leute nicht von der Familienplanung ab, egal wie verrückt unser Planet gerade tickt.«
Hebamme Heike Möller

„Corona hält die Leute nicht von der Familienplanung ab, egal wie verrückt unser Planet gerade tickt“, erzählt die 59-Jährige, die auf einen vollen Terminkalender in diesem Sommer blickt: Sehr viele Säuglinge wird sie in einigen Monaten entbinden. Erst hatte sie sogar vermutet, dass sich junge Paare im letzten Winter verstärkt um ihren Nachwuchs bemüht haben.

Doch die vielen Geburtstermine in ihrem Kalender um den August herum hätten wohl eine andere Ursache: Weil Kolleginnen Urlaub machen, werde sie die Entbindung anderer Mütter übernehmen. Weniger Babys als in den Vorjahren erwarte sie 2021 jedenfalls nicht.

Keine Geburtskurse, keine Bekanntschaften

Trotzdem seien die vergangenen Monate nicht spurlos an ihr, den Eltern und selbst an den Säuglingen vorbeigegangen. Da habe es zu Beginn der Schwangerschaft kaum Präsenzkurse zur Geburtsvorbereitung gegeben, sondern Online-Angebote. Bedauerlich, denn „man möchte auch Leute kennenlernen“, weiß Heike Möller nur zu gut, dass sich während der Kurse oft enge Freundschaften zwischen jungen Eltern bilden.

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Die Fröndenberger Hebamme Heike Möller, hier beim Ausziehen einer täuschend lebensecht aussehenden Baby-Puppe.

Die Fröndenberger Hebamme Heike Möller, hier beim Ausziehen einer täuschend lebensecht aussehenden Baby-Puppe. © Michael Neumann

Richtig sei aber auch, dass werdende Mütter Kontakte meiden, weil die Sorge vor einer Ansteckung und den unberechenbaren Folgen der Krankheit Covid-19 schon sehr groß sei. Vor allem im ersten Lockdown habe sie das beobachtet.

Die Verunsicherung war auch groß, weil Kliniken zeitweise die Väter nicht in den Kreißsaal ließen, „das hat die Frauen total gestresst“, sagt eine mitleidende Heike Möller, die von Bausenhagen aus vor allem in ganz Fröndenberg und den angrenzenden Orten im Osten der Stadt tätig ist.

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Nachtreffen eines Säuglingsvorbereitungskurses im Familienforum Katharina in Unna: Hebamme Heike Möller erfährt von den jungen Müttern viel über die Stimmungslage in Zeiten der Pandemie.

Nachtreffen eines Säuglingsvorbereitungskurses im Familienforum Katharina in Unna: Hebamme Heike Möller erfährt von den jungen Müttern viel über die Stimmungslage in Zeiten der Pandemie. © Michael Neumann

In die „innere Emigration“, sagt die studierte Sozialpädagogin, hätten sich die jungen Eltern dann häufig im zweiten Lockdown verabschiedet. Denn sie seien kaum noch aus dem Kreislauf füttern, wickeln, schlafen herausgekommen.

Pekip-Kurse waren wegen der Pandemie weiter Fehlanzeige und Babymassage als Online-Tutorial habe die Mütter eher frustriert als ihnen geholfen. „So etwas füllt die Lücke nicht“, sagt die 59-Jährige. Sehr oft bekomme sie mit, dass Mütter und Väter sich fragten, mit wem sie sich ruhigen Gewissens noch treffen dürften.

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»Selbst Familien, die gut aufgestellt sind, leiden immer noch.«
Hebamme Heike Möller

„Selbst Familien, die gut aufgestellt sind, leiden immer noch“, erfährt Möller täglich bei ihren Hausbesuchen oder wie noch am Mittwoch vor Christi Himmelfahrt bei der Elternschule im Familienforum Katharina in Unna.

Junge Eltern beschwere besonders, dass die Langzeitfolgen des über Monate dauernden unnatürlichen Verhaltens gegenüber ihren Babys und Kleinkindern sich gar nicht abschätzen lassen.

Großeltern sehen Enkel kaum

Gehe ein Kind im nächsten Jahr in einen Kindergarten, habe es bis dahin womöglich oft noch gar keinen Kontakt zu Gleichaltrigen gehabt. Auch Großeltern seien lange Zeit komplett rausgehalten worden, um sie zu schützen.

Ein weiterer absonderlicher Umstand: „Eine Hebamme mit Maske irritiert“, weiß Möller. Doch sie selbst müsse sich natürlich auch schützen, was Eltern auch letztlich akzeptierten. Den Babys könne sie sich trotzdem intensiv widmen. „Ich kann auch mit den Augen flirten“, sagt Heike Möller, die noch einen Tipp hat, der wieder auf die Lust am Kinderkriegen hinführt: Sie und ihre Kolleginnen in der Umgebung seien bis Herbst schon so stark gebucht, dass sie zu einer frühzeitigen Kontaktaufnahme rate, „sofort nach dem positiven Test“.