Mehr als 1000 Mitarbeitende gibt es im Fahrdienst von DSW21 in Dortmund. Der Krankenstand lag bei DSW21 Anfang des Jahres 2025 bei Busfahrern bei 11,5 Prozent. Beim Personal von Stadtbahnen betrug er 8,9 Prozent. Ein hoher Wert - trotz einer laut dem Unternehmen zuletzt positiven Entwicklung.
Das bekommen Fahrgäste mit
Fahrgäste in Dortmund spüren die Überlastung des Fahrpersonals dann, wenn Fahrten ausfallen oder Taktungen unbequemer werden. Ein Fahrer beschreibt gegenüber dieser Redaktion mit teils drastischen Worten, wie belastend die Situation für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen oft sei: „Die Leute sind dauerkrank oder gehen auf dem Zahnfleisch“, sagt der Mann.
Er bittet aus Sorge vor Konsequenzen um Anonymität. Sein Name ist der Redaktion bekannt. Zugleich hält er es für wichtig, auf grundlegende Dinge hinzuweisen. Gerade, weil er nicht der Erste ist, der die Überlastung beschreibt.
2022 äußerten sich gegenüber unserer Redaktion mehrere Busfahrer bereits öffentlich zu Missständen in den Arbeitsabläufen, ebenfalls nicht unter dem echten Namen. Es ging um ähnliche Themen, die auch der Fahrer im Februar 2025 benennt.
Belastendes Schichtsystem
Gerade das Schichtsystem sei in seiner jetzigen Form für viele schwierig, auf Dauer durchzuhalten. Es besteht aus Früh- und Mittel- und Spät-Schichten, „rückwärts rollierend im wöchentlichen Wechsel“, wie DSW21 mitteilt.
Das kann laut dem Fahrer zu Situationen führen, in denen der Biorhythmus vollkommen durcheinander gerate. Der erste Tag einer Frühschichtwoche beginne um 6.30 Uhr und dann im Verlauf der nächsten Tage immer früher bis zu einem Dienstbeginn um 2.30 Uhr. Je nach Planung könne darauf dann ein Wechsel auf Beginn am Nachmittag und Arbeitszeiten bis in den späten Abend entstehen.
Der Fahrer meint: „Die Schichten sind so eingeteilt, dass es krank macht.“
Außerdem seien die „Wendezeiten“ bei Bussen und Bahnen mittlerweile eng getaktet, dass teilweise nicht einmal Zeit für eine Toilettenpause zwischen zwei Fahrten bleibe. „Ich kenne Kollegen, die halten vier Stunden den Druck an, weil es nicht passt.“
Hat sich in den vergangenen drei Jahren bei DSW21 nichts getan bei dem Thema? Laut Unternehmenssprecher Frank Fligge sei in der jüngeren Vergangenheit intern einiges in Bewegung gesetzt worden.
Gespräche mit Beschäftigten
So sei „Projekt Zukunft 24“ auf den Weg gebracht worden. „Wir haben es zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Senkung des Krankenstandes gestartet“, sagt Frank Fligge.
Es gab im Rahmen dessen zahlreiche Interviews mit Betroffenen und Beteiligten aus dem Fahrdienst. Für 2025 seien Schwerpunktthemen wie „Führung, Organisation, Kultur“ gesetzt worden. Das Projektteam arbeite „mit Hochdruck“ an der Umsetzung.
Konkret laufen laut Fligge aktuell zwei Projekte, die den Schichtdienst verbessern sollen. In einem davon geht es um ein Modell mit gleichbleibenden Anfangszeiten innerhalb einer Schichtwoche. „Die ersten Ergebnisse sind sehr positiv.“

Der anonyme Fahrer kennt das Projekt. Er spüre aber wenig von dessen praktischer Umsetzung, sagt er.
DSW21-Sprecher Frank Fligge entgegnet: „Da die Zusammenhänge in der Arbeitsorganisation des Fahrdienstes bei einem Verkehrsunternehmen unserer Größenordnung komplex sind, benötigen einige Änderungen Zeit, bis sie wirksam werden.“
Baustellen stören Pausenzeiten
Von Situationen wie dem erzwungenen Verzicht auf Toilettenpausen habe DSW21 keine Kenntnis. „Falls wir Kenntnis von solchen Vorfällen hätten, würden wir so etwas sofort überprüfen und Maßnahmen ergreifen“, sagt Fligge.
Der Sprecher ergänzt: „Aufgrund der Baustellensituation in Dortmund kommt es auf betroffenen Linien phasenweise zu Verspätungen, die dazu führen, dass unsere Fahrerinnen und Fahrer nicht mehr im Plan sein können und sich zwangsläufig auch ,fahrplanmäßige‘ Toilettenpausen verschieben. Das können wir aber weder planen noch beeinflussen.“
Wunsch nach Veränderungen
Wie ist zusammenfassend die Lage also für jene Menschen, die täglich Hunderttausende in Bussen und Bahnen durch Dortmund bewegen? Fragt man die Betroffenen, wie den Fahrer, sind Veränderungen überfällig.
„Dass Schichtdienst anstrengend ist, ist jedem von uns klar gewesen, als er sich für den Beruf entschieden hat“, sagt er. „Aber es ist in der aktuellen Form eine Überlastung.“ Das erkläre aus seiner Sicht den hohen Krankenstand und die Probleme, Nachwuchs für den Beruf zu finden.
Positive Entwicklungen laut DSW
DSW21 verweist in der Antwort auf die aufgeworfenen Fragen auch auf positive Entwicklungen. Erste Erfolge der jüngsten Bemühungen schlagen sich laut Sprecher Fligge konkret in der Abwesenheitsquote nieder.
Diese lag laut eigener Angaben in extremen Zeiten, etwa als 2022 etliche Fahrten über Monate ausfielen, höher, laut damaligen Angaben bei 14 Prozent und mehr.
Im Fahrbetrieb habe es in der Vergangenheit vereinzelt Kündigungen gegeben, wenn jemand grundsätzlich Probleme mit dem Schichtdienst hatte. „Die Beschäftigten sprechen hier nicht von Überlastung durch das Schichtsystem an sich.“ Steigende Krankenstände seien „eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung“
Für den Dortmunder Busfahrer hat das Ganze noch einen weiteren Aspekt, den er wichtig findet. Es gebe häufig Kritik und negative Darstellungen, wenn Busfahrer zu spät sind oder Kinder an Haltestellen stehen lassen oder an Streiktagen die Arbeit ganz ruhen lassen. „Aber das liegt fast immer an zu wenigen Bussen - oder den Bedingungen im Unternehmen“, behauptet er.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. Februar 2025.