Vor gut einem Jahr gab es heftige Diskussionen im Rat der Stadt Bergkamen, ob man aus den IGA-Plänen aussteigen oder trotz immenser Kostensteigerungen an den Plänen festhalten wollte. Mit knapper politischer Mehrheit entschied der Stadtrat damals, den Anstieg des Eigenanteils hinzunehmen und weiter an den Plänen festzuhalten. Ein Ausstieg, so hieß es damals, würde die Stadt 8,8 Millionen Euro kosten, wenn nicht gar mehr.
13 Monate später erfolgt nun die Kehrtwende – allerdings von der Stadtverwaltung initiiert. Sie schlägt dem Rat der Stadt Bergkamen vor, in der Sitzung am Donnerstag, 21. November, zu beschließen, „die Planungen für den Bergkamener Teil des Zukunftsgartens Bergkamen/Lünen der IGA 2027 auf dem Kanalband einzustellen und das Projekt zu beenden.“ Eine Entscheidung, die auch für die Politik überraschend gewesen sein soll.
Was sind die Gründe für die plötzliche Kehrtwende?
Die Entscheidung basiert auf mehreren kleinen Einzelteilen, „die uns puzzleartig an den Punkt bringen, aufzuhören“, erklärte der Technische Beigeordnete Jens Toschläger. „Das ist kein freudiger Tag für uns.“ Auch Bergkamens Erste Beigeordnete Christine Busch, als Vertreterin des erkrankten Bürgermeisters Bernd Schäfer, machte deutlich, dass diese Entscheidung keinesfalls leicht gefallen sei. Doch Fakt wäre: Zur Eröffnung der IGA im April 2027 würden etwa 40 Prozent des Geländes nicht fertiggestellt oder zugänglich sein. Das beträfe insbesondere den Bereich des Parkplatzes, des Basislagers und des Bereichs bis zur Adenschlucht und damit die Flächen, die für eine intensive Nutzung und Bespielung im IGA-Zeitraum vorgesehen wären. „Eine halbfertige Torte zu servieren macht niemandem Spaß“, sagt Christine Busch daher.

Was hat sich im Einzelnen verändert?
Die RAG Montan Immobilien als Noch-Eigentümer der Fläche hat entgegen aller Aussagen bis September 2024 jetzt erklärt, dass die Herrichtung des Geländes bis zum Stichtag nicht realisierbar sei. Hinzu kommt, dass die Stadtverwaltung im Laufe der Monate Juni und Juli erfuhr, dass erwartete Fördergelder in Höhe von 7 Millionen Euro nicht kommen würden.
Andere Geldmittel fielen geringer aus als vor einem Jahr kalkuliert. Somit wäre der verbliebene Eigenanteil, den die Stadt Bergkamen an den Gesamtkosten der IGA von 32,16 Millionen Euro zu tragen gehabt hätte, von 15,9 Millionen Euro (Stand September 2023) auf 25,82 Millionen Euro gestiegen.
Welche Folgen hat der Ausstieg für die Stadt?
Bis November 2024 hat die Stadt für IGA-Planungen und erteilte Aufträge knapp 2,85 Millionen Euro gezahlt. Aus weiteren finanziellen Verpflichtungen, die die Stadt eingegangen ist und wo die Rechnungen für beauftragte Leistungen noch beglichen werden müssen, wird sich noch eine Summe von 1,7 Millionen Euro ergeben, die die Stadt noch zu zahlen hat. Damit belaufen sich die IGA-Kosten bei sofortiger Einstellung der Umsetzung auf gut 4,5 Millionen Euro.
Wieso hätte der Ausstieg vor einem Jahr mehr als 8 Millionen Euro kosten sollen?
Die Stadtverwaltung betont, dass man die Lage vor einem Jahr ehrlich betrachtet habe. „Ein Jahr weiter haben wir aber viele Gespräche geführt“, sagte Toschläger, weshalb nun klarer wäre, was ein Ausstieg wirklich koste. So hatte man vor einem Jahr augenscheinlich damit kalkuliert, auch der RAG MI noch fünf Millionen Euro zahlen zu müssen. Eine Zahlung, die nun von Tisch zu sein scheint, wenn es maßgeblich an der RAG MI liegt, dass der Zeitplan der IGA-Realisierung nicht einzuhalten ist.

Sind die 4,5 Millionen Euro, die die IGA dennoch gekostet hat, verlorenes Geld?
Das verneint die Stadtspitze eindeutig. „Wir haben das Geld investiert. Wir haben das Kanalband in die Köpfe der Menschen gebracht“, erklärt Toschläger. Bis zu einem gewissen Punkt könnten die Pläne auch umgesetzt werden. „Wir müssen sie eh bezahlen“ – aber der Zeitdruck, damit bis 2027 fertig zu sein, entfällt.
Was passiert mit der Halde von Haus Aden, die als IGA-Fläche vorgehen war?
Die wird wie geplant von der RAG MI an den RVR übergehen und der Bevölkerung als Naherholungsgebiet zugänglich gemacht werden. Allerdings nicht mehr in der Qualität eines IGA-Geländes, sondern in einfacherer Bauart. Damit wird sich die Haldenlandschaft in Bergkamen auf eine Fläche von insgesamt 200 Hektar vergrößern.
Hat das Aus für die Zukunftsgärten negative Auswirkungen auf andere Projekte?
Nein. Weder die Wasserstadt Aden noch der IGA-Radweg sind vom Ausstieg aus den laufenden Planungen betroffen. Eventuell könnte die Wasserstadt sogar noch profitieren, weil zugesagte Fördermittel aus der Städtebauförderung für die IGA-Fläche auf die andere Seite der Jahnstraße in die Wasserstadt transferiert werden können. Zum Beispiel in den Adenpark nahe der Rotherbachstraße, der „als Garten der Wasserstadt“ dienen soll, wie Toschläger es formulierte.