Schulen in Unna
Wieder strengere Regeln beim Sitzenbleiben: So viele Kinder trifft es an Unnas Schulen
In manchen Städten bleiben Hunderte Schüler sitzen, weil die Lockerungen bei den Versetzungen nun wegfallen. Die Unnaer Schulleiter berichten, wie sie nach der Corona-Hochphase dastehen.
von Claudia Lohmann
Unna
, 22.06.2022 / Lesedauer: 4 min„Wir haben mehr Möglichkeiten, die Schüler aufzufangen und entsprechend zu fördern“, erklärt Gabriele Sowka, Schulleiterin der Peter-Weiss-Gesamtschule in Unna. An der Gesamtschule könnten die Schüler bis zur 9. Klasse nicht sitzenbleiben und es gebe Grund- und Erweiterungskurse in den Hauptfächern, sodass je nach Bedarf in einen anderen Kurs gewechselt werden kann.
Die Messlatte liege nicht so hoch wie an anderen Schulen, erklärt Sowka, es gebe zudem individuelle Fördergruppen. „Wir konnten Defizite also gut auffangen“, sagt sie mit Blick auf zwei Jahre Corona. Im sechszügigen 9. Jahrgang gebe es acht Wiederholer, in der gymnasialen Oberstufe seien sechs Schüler betroffen – vier davon könnten noch eine Nachprüfung machen.
Stephanie Friske, Leiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasium Unna erklärt, dass dieses Jahr mehr Schüler sitzenbleiben und manche auch die Schule wechseln müssen. Das hängt aber damit zusammen, dass in den vergangenen zwei Jahren durch Corona-Lockerungen quasi kein Schüler sitzengeblieben ist © Geschwister-Scholl-Gymnasium
Am Geschwister-Scholl-Gymnasium macht sich die Corona-Zeit am Schuljahresende schon bemerkbar: In diesem Jahr werden laut Schulleiterin Stephanie Friske mehr Schülerinnen und Schüler ein Jahr wiederholen als vor Corona. „Einige davon werden die Schulform wechseln müssen, weil es sich um die zweite Wiederholung derselben Jahrgangsstufe handelt.“ Gemeinsam mit Schulträger und Schulaufsicht und in guter Kommunikation mit den Unnaer Schulen werde es für sie aber eine Lösung geben, versichert sie.
Es gibt einen Grund für mehr Sitzenbleiber
Friske betont aber, dass man diese Zahlen nicht eindimensional betrachten dürfe. Die Zahl sei auch deshalb höher als in den vergangenen Jahren, weil die Landesregierung in den vorangegangenen beiden Schuljahren die Versetzungsbedingungen teils ausgesetzt, teils stark gelockert habe. „So gab es in den vorangegangenen beiden Schuljahren quasi kaum ein Sitzenbleiben. Dementsprechend ist die Zahl der diesjährigen Wiederholer eigentlich die Zahl von drei Jahren“, erklärt Friske. Und die Zahl der Wiederholer pro Schuljahr würden nach dieser Berechnung an ihrer Schule ungefähr dem Schnitt der Jahre vor Corona entsprechen, erklärt sie.
Die Schulleiterin bleibt also gelassen, denn sie kennt den Grund für die angestiegene Zahl der Sitzenbleiber. Die ist in manch anderen Städten übrigens deutlich höher: Rund 260 Realschüler in Essen müssen Medienberichten zufolge auf die Hauptschule wechseln.
Keine Sitzenbleiber-Welle in Unna
So hoch sind die Zahlen in Unna lange nicht und eine Sitzenbleiber-Welle ist nicht in Sicht. „Niemand musste die Schule wechseln. Niemand ist zum zweiten Mal sitzen geblieben“, so Angelika Remmers, Schulleiterin des Pestalozzi-Gymnasiums Unna. Von 105 Abiturienten haben deutlich über die Hälfte sogar eine 1 vor dem Komma. In diesem Jahr würden laut Remmers vier Schüler die Klasse wiederholen, „wobei noch Nachprüfungen möglich sind.“
Ulrich Schmitz vom Ernst Barlach-Gymnasium beruhigt Eltern der zukünftigen Fünftklässler: Die Lehrer achten darauf, dass Corona-Rückstände aufgeholt werden und holen die Kinder dort ab, wo sie aktuell sind. © Udo Hennes
Ulrich Schmitz vom Ernst Barlach-Gymnasium berichtet Ähnliches: „Die Zahl ist nicht signifikant mehr geworden, in keiner Weise“, sagt er. Es herrsche nur bei einzelnen Schülern im 9. Jahrgang Unruhe, weil sie der letzte G8-Jahrgang seien: Wenn sie in der Oberstufe scheitern, können sie den Jahrgang nicht mehr an ihrer Schule wiederholen. „Manche machen sich Gedanken, ob sie vielleicht lieber nach der 9. Klasse die Schule verlassen oder jetzt wiederholen anstatt im nächsten Jahr zu scheitern und die Schule dann verlassen zu müssen. Aber das sind nur Einzelfälle“, erklärt Schmitz.
„Für die Hellweg-Realschule gibt es am Ende dieses Schuljahres keine Auffälligkeiten. Die Zahlen sind absolut vergleichbar mit denen vor der Pandemie“, berichtet auch Schulleiterin Sabine Terwort. 65 Prozent der Schülerinnen und Schüler erreichen die Fachoberschulreife – und können in die gymnasiale Oberstufe wechseln.
Schulen gleichen Defizite mit vielfältigen Angeboten aus
Die Unnaer Schulen berichten, dass sie digital mittlerweile so gut aufgestellt sind, dass Corona-Infektionen nicht mehr dazu führen, dass Schüler Stoff verpassen. „Wir sind inzwischen perfekt aufgestellt und können von heute auf morgen in den Distanz- und Hybridunterricht schalten. Direkt nach Stundenplan“, erklärt Gabriele Sowka. Sie geht aber nicht davon aus, dass es noch einmal Distanzunterricht geben wird.
Die Schulen haben zudem ordentlich aus dem Corona-Fördertopf geschöpft und zum Beispiel zusätzliches Personal für Förderangebote eingestellt. Am Ernst-Barlach-Gymnasium gab es zahlreiche Angebote bis hin zum eins zu eins Unterricht. An der Hellweg-Realschule wurden die Hauptfächer laut Terwort in den Jahrgängen 5 und 6 mit je fünf, anstelle von den vorgegebenen vier Wochenstunden unterrichtet. Am Geschwister-Scholl-Gymnasium gab es dieses Jahr verstärkten Mathematikunterricht im Nachmittagsbereich für die Stufen 6 bis 9.
Doch nicht nur fehlender Stoff wurde aufgeholt, auch das soziale Miteinander und Bewegungsangebote haben die Schulen mit dem zusätzlichen Corona-Budget gefördert.
Wozu kein Geld notwendig ist, was aber wichtig ist, ist Geduld, wie Angelika Remmers vom Pestalozzi-Gymnasium Unna aufzählt – und Defizite ernst zunehmen, findet Ulrich Schmitz. Manche Grundschuleltern seien aktuell besorgt, weil die Kinder wegen Corona manches versäumt hätten. „Die Kollegen setzen dort an, wo die Kinder sind.“
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