Weniger Parkplätze, keine Einbahnstraße Unna schlägt Kompromiss für neue Fahrradstraße vor

Weniger Parkplätze, keine Einbahnstraße: Kompromiss für Fahrradstraße
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Wer Fahrradrouten für den Alltagsverkehr schaffen will, stößt in gewachsenen Städten wie Unna auf ein Problem: Links und rechts der meisten Straßen engen Häuser deren Trassen ein. Und der verfügbare Verkehrsraum ist mit Straße und Gehweg belegt.

Wer dem Radverkehr sichere Räume geben will, kommt daher nicht umhin, anderen Verkehrsteilnehmern etwas wegzunehmen. Das zwingt zu Kompromissen – nun wieder erlebbar an einem Beispiel aus Königsborn.

Nachdem die Platanenallee als wichtige Nord-Süd-Verbindung in eine Fahrradstraße umgewandelt wurde, soll es dort nun auch eine Achse zwischen Ost und West geben. Einen ersten Vorschlag dafür gab es schon im vergangenen Jahr unter Federführung des Technischen Beigeordneten Jens Toschläger. Doch sein Konzept wurde in verschiedenen Gremien der Politik unterschiedlich bewertet, am Ende zur Überarbeitung zurückgegeben.

Einen Gutachterauftrag später legt das Rathaus nun – inzwischen ohne Toschläger – eine neue Ideenskizze vor. Es sei kein fertiges Konzept, betonen der Beigeordnete Markus von der Heide und Ordnungsamtsleiterin Heike Güse dabei vor Politikern. Die Vorschläge, für die die Stadt mit dem Dortmunder Büro Planersocietät zusammengearbeitet hat, seien eher als Diskussionsgrundlage zu verstehen und sollen nun in die Beratung der Fraktionen gehen.

Toschlägers Trasse, aber keine Einbahnstraße

Wirklich neu erfunden worden ist das Rad in den zurückliegenden Monaten nicht. Weiterhin verfolgt die Stadt die Idee einer Fahrradstraße von der Erich-Göpfert-Stadthalle in Königsborn bis zur Hellweg-Realschule in Massen. Die Route liefe über die Parkstraße, den Afferder Weg und die Königsborner Straße bis zur Mittelstraße. Dort könnte es noch optionale Verlängerungen geben, die über die Handwerkstraße bis zum Bahnhaltepunkt Massen und über die Bismarckstraße bis zum Massener Hellweg führen würden.

Autos bleiben zugelassen, nicht nur von Anwohnern

Angedacht ist die Ausweisung einer Fahrradstraße – allerdings mit einer Reihe von Abschwächungen. Über den Zusatz „Kfz frei“ sollen Autos weiterhin zugelassen bleiben. Auch die zwischenzeitlich schon beschlossene Einbahnstraßenregelung für den Afferder Weg will die Stadt nicht weiter verfolgen. „In diesem Bereich wohnen rund 2000 Anwohner, die teils mehrmals am Tag mit dem Auto rein und raus fahren. Die wollen wir nicht zusätzlich in den Kreishauskreisel schicken“, argumentierte Ordnungsamtsleiterin Heike Güse.

Zugleich erklärte Güse, dass die Rücksichtnahme der Stadt auf den örtlichen Autoverkehr begrenzt sei. „Wir wollen es dem Autofahrer möglichst unbequem machen, damit er sich andere Wege sucht“, sagte Güse, die zudem erklärte, sich für Sätze wie diesen eine eigene Freigabe vom Verwaltungsvorstand geholt zu haben. Der Rat habe ihr einen klaren Auftrag gegeben, die Sicherheit der Radfahrer zu verbessern, und in Erledigung dieses Auftrages wolle sie „keine halbgaren Sachen machen“.

Weniger Parkplätze, Schlangen beim Abbiegen

Zu den Einschnitten, die der Autoverkehr auf der Fahrradstraße hinnehmen müsste gehören die nachrangige Stellung hinter den Fahrradfahrern, eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h, die Wegnahme einiger Parkplätze und an mehreren Kreuzungen die Auflösung bislang getrennter Abbiegespuren.

Doch auch die Radverkehrslobby muss Abstriche von Maximalmöglichkeiten machen. Neben der Autofreigabe zählt dazu, dass die Fahrradstraßen-Ausweisung vermutlich kurz vor den großen Kreuzungen aufgehoben würde.

Ordnungsamtsleiterin Heike Güse hält Einschnitte für Autofahrer auf einer neuen Radverkehrsachse für statthaft: Der Rat der Stadt Unna habe einen klaren Auftrag erteilt, die Sicherheit der Radfahrer zu verbessern.
Ordnungsamtsleiterin Heike Güse hält Einschnitte für Autofahrer auf einer neuen Radverkehrsachse für statthaft: Der Rat der Stadt Unna habe einen klaren Auftrag erteilt, die Sicherheit der Radfahrer zu verbessern. © Timo Janisch

Dementsprechend kontrovers fiel eine erste Aussprache zum Vorschlag nun im Fachausschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung aus. Der langjährige ADFC-Kreisverbandsvorsitzende Werner Wülfing etwa fürchtet, dass die möglichen Vorteile einer Neuregelung aus der Hand gegeben würden: „Ein wesentlicher Punkt von Fahrradstraßen ist es ja, den Autoverkehr ganz herauszunehmen. Wenn das nicht geschieht, bleibt es vielleicht dabei, dass Radfahrer diese Strecke meiden“, gab der bündnisgrüne Ratsherr zu bedenken.

Feuerwehr: Wir müssen auch durchkommen!

An die Belange der automobilen Anwohner erinnerte unter anderem FLU-Mann Friedrich Vogt. Aber auch Olaf Weischenberg, Leiter des Bereichs Feuerschutz und Rettungswesen, wusste gute Gründe dafür, den motorisierten Verkehr nicht zu sehr zu beschränken: „Bitte bedenken Sie, dass wir auch mit unseren Einsatzfahrzeugen nach Königsborn kommen müssen“, so der Feuerwehrmann.

Wolfgang Hönnicke, sachkundiger Bürger für SPD und ADFC, wünschte der Stadt und insbesondere Heike Güse die richtigen Worte, wenn es darum geht, die anstehenden Entscheidungen zu kommunizieren. Wenn in Deutschland, wie nun anlässlich der Internationalen Automobilausstellung zu lesen war, auf tausend Einwohner 583 Autos kommen, sei aber die Frage zulässig, ob es nicht möglich sei, diese Zahl ein wenig zu reduzieren und sich ab und an ein Fahrzeug zu teilen. Auch eine regelkonforme Nutzung der eigenen Garage trage dazu bei, die wegfallenden Parkplätze zu kompensieren. „Die Leute erklären ihre Garagen zum Wohnraum, stellen den Wagen dann aber auf der Straße ab.“

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