Dass Unna ein hervorragendes Pflaster für Kinoproduktionen ist, zeigte sich am Dienstagabend, als eine große Menge williger Komparsen in die Lindenbrauerei strömte. Männer und Frauen jeden Alters nutzten die Gelegenheit, um eine Filmproduktion live zu erleben und sich im Film „30 and Wild“ später auf der Leinwand wiederzufinden.
Jugendliche, teils mit Einverständnis ihrer Eltern, teils mit ihren Eltern, waren ebenso gekommen wie Erwachsene und Leute, die das Rentenalter bereits sicher erreicht haben. Sie alle bildeten bis in die Nacht das begeisterte Publikum eines Band-Wettbewerbs, der elementar für die Handlung von „30 and Wild“ ist. Zuviel darf hier jedoch noch nicht verraten werden – da muss bis zur Premiere gewartet werden.

Nina Zeeck (45) und Nicole de Almeida (50) sind zwei der Freiwilligen. „Ich hatte im Internet den Komparsen-Aufruf des Hellwegers gesehen und war gleich Feuer und Flamme“, so de Almeida. Sie habe auch den ersten Teil „Young and Wild“ gesehen, den der Unnaer Regisseur und Produzent Felix Maxim Eller bereits 2014 in seiner Heimatstadt gedreht hatte. „Die Geschichte habe ich nicht mehr ganz vor Augen, aber ich hoffe, dass wir einen schönen Abend haben“, so die Komparsin.
Nico Wippich (30) war einst ein Schulkollege Ellers und arbeitet heute in einem Rewe-Markt: „Plötzlich stand Felix dort an der Kasse und lud mich zum Mitmachen ein“, sagt Wippich. Der Einladung sei er gerne gefolgt, denn an die Dreharbeiten von Ellers 2018 veröffentlichten Film „All Eyes on You“ habe er noch sehr gute Erinnerungen. Vom Freibad Bornekamp aus sah er abends ein Leuchten. Da sei er einfach mal hingegangen und fand sich plötzlich auf einem Filmset wieder.

„Da habe ich dann für drei Tage beim Ton ausgeholfen“, sagt Wippich. Die Produktion kannte auch Claudia Hyla (31): „Bei „All Eyes on You“ war ich für zwei Tage Komparsin“, so Hyla. Das sei ein super Erlebnis gewesen und alle Leute seien ganz cool mit den Komparsen umgegangen. Für die Szenen beim Band-Contest habe sie sich bewusst ganz in schwarz gekleidet.
Daniela Yildirim (46) und Beatrix Eggert (59) sind Arbeitskolleginnen und Yildirim hat schon viel Erfahrung als Komparsin: „Ich komme ursprünglich aus Köln und habe dort sehr oft in verschiedenen Produktionen mitgemacht“, so Yildirim. Sie reize die Vielschichtigkeit und Spontanität, die bei den verschiedenen Produktionen nötig seien. Eggert hat bei diesem Dreh ihre Premiere als Komparsin. „Daniela hat mich mitgenommen und ich lasse das alles einfach auf mich zukommen“, so Eggert.

Ebenfalls zum ersten Mal steht Sina Jackenkroll (18) vor der Kamera: „Mich hat eine Freundin mitgenommen, die bereits gestern als Komparsin dabei war“, so Jackenkroll. Sie erwarte eigentlich nichts, sei aber sehr gespannt, wie es beim Film so sei.
Gute Erinnerungen an seine letzten Einsätze hat dagegen Oliver Walther (57). „Ich war schon beim Dreh von Bang Boom Bang dabei“, so Walther. Die Erinnerungen kämen heute noch auf, wenn er sich an einem der früheren Drehorte befindet.
Das war seinerzeit der erste Teil, der bis heute als Kult gefeierten Unna-Trilogie des Regisseurs Peter Thorwarth. Doch nicht nur damit ist Unna als Filmstadt bekannt geworden: Der Unnaer Regisseur und Filmproduzent Felix Maxim Eller hat sich inzwischen ebenfalls als Künstler international etabliert. Noch als Schüler des Ernst-Barlach-Gymnasiums machte er sich mit Kurzfilmen einen Namen und gewann lokale Preise.

2014 erschien schließlich der Film „Young and Wild“, der seine Premiere im Rahmen des Max-Ophüls-Preis mit 2.000 Zuschauern im ausverkauften Kinorama feierte. Anschließend lief der Film beim NRW-Kinotag im Ruhrgebiet und wurde 2018 komplett auf YouTube veröffentlicht, wo er bis heute 28 Millionen Mal angesehen wurde.
Im gleichen Jahr erschien auch sein zweiter Spielfilm „All Eyes on You“. Dieser wurde 2018 unter anderem auf dem Internationalen Film Festival in Shanghai und dem Berlin Independent Film Festival aufgeführt. Beim Red Cedar Film Festival in Wisconsin gewann „All Eyes on You“ den Preis als bester Film und Eller wurde beim Romford Film Festival in Großbritannien für seine Arbeit als bester Regisseur ausgezeichnet.

Nach dem Dreh des großen Band-Contest im Kühlschiff der Lindenbrauerei zeigte sich auch Eller ganz begeistert: „Beim Blick durch die Kamera habe ich wirklich Gänsehaut bekommen“, so der junge, preisgekrönte Regisseur. Sie hätten niemals mit über 100 Komparsen gerechnet. Doch viel besser als die reine Zahl sei die Energie gewesen, die von den Unnaern in diese Szenen hineingelegt worden sei.
Ab der kommenden Woche gehe es an den Schnitt des Films und er brenne darauf, das Material noch einmal zu sichten. Er weiß, wie viel Arbeit hinter den Kulissen noch vor dem Team liege. Doch sei er zuversichtlich, dass die Premiere wie geplant im späten Frühjahr kommenden Jahres stattfinden könne. „Dann wollen wir wieder alles auffahren“, so Eller. Das hätten die Leute sich verdient.
