Umstrittene Lösung für den Radverkehr Unna lässt die Fahrradstreifen allmählich verblassen

Unna lässt die Fahrradstreifen allmählich verblassen
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Für ADFC-Sprecher Carsten Hellmann ist das langsame Verschwinden der Fahrradstreifen der sicherste Beweis für ihre Wirkungslosigkeit. „Dass sie so stark abgefahren sind, dass man sie in Teilen der Stadt gar nicht mehr sehen kann, zeigt auf, wie wenig sie beachtet werden. Eigentlich dürfen Autofahrer sie nur bei Bedarf mitbenutzen, wenn dies ohne Gefährdung oder Behinderung von Radfahrern möglich ist. Aber die Wahrheit ist wohl die, dass Autofahrer ständig drüberfahren und nur beim Überholen eines Fahrrads ausscheren.“

Tatsächlich haben die sogenannten Angebotsstreifen für den Radverkehr teilweise stark gelitten. Das ist nicht allein die Wahrnehmung des ADFC. Für die Morgenstraße etwa bestätigt auch Unnas Stadtverwaltung: „Der Radfahrstreifenstreifen auf der Morgenstraße ist im westlichen Abschnitt in einem wenig verschlissenen Zustand. Im östlichen Abschnitt ist der Angebotsstreifen stark verschlissen.“ Ähnliche Befunde gibt es für die Hertingerstraße und die Hansastraße.

ADFC hielt Lösung sogar für gefährlich

Die Radfahrstreifen waren von Anfang an umstritten. Der ADFC warnte vor einer eher trügerischen Sicherheit, könne die oft geringe Restfahrbahnbreite für den Autoverkehr doch Überholvorgänge mit viel zu geringem Seitenabstand provozieren. Autofahrer kritisierten die Verengung ihrer Fahrspuren. Viele von ihnen scheinen die Regeln, die mit der Einführung dieser Streifen gesetzt worden sind, bis heute nicht kennengelernt zu haben.

Carsten Hellmann repariert mit zwei Helfern ein Fahrrad, das in einen Montageständer eingespannt ist.
ADFC-Ortsgruppensprecher Carsten Hellmann (l., hier beim Reparieren eines Fahrrades im Parteibüro und Bürgertreff Spontun der Bündnisgrünen in Unna. © Udo Hennes

Gleichwohl hatte die Stadt zwischenzeitlich stark auf die Angebotsstreifen gesetzt. Sie galten als vergleichsweise kostengünstige und einfache Lösung für den Aufbau eines Radwegenetzes in Unna. Für die Umsetzung des „Zielnetzes 2025“ wurden die Streifen auf mehreren Routen gewählt. Nun ist das Jahr 2025 gekommen, aber viele der Fahrradstreifen gehen schon wieder.

Stadt stellt eine Auffrischung der Streifen erst einmal zurück

Auf einigen Streckenabschnitten sind sie bereits verschwunden – abgeschliffen von der Reifenreibung des täglichen Verkehrs. Die Stadt lässt die Streifen diesen Weg gehen, ohne mit frischer Farbe dagegen anzugehen. Offenkundig ist die Begeisterung für den Fahrradstreifen auch im Rathaus verblasst: Eine Erneuerung der Markierung werde „zunächst zurückgestellt, da im Zuge der Umsetzung von Maßnahmen des Mobilitätskonzeptes in der Morgenstraße Möglichkeiten zur Verbesserung der Radverkehrsführung überarbeitet werden sollen“. Vereinfacht gesagt: Die Stadt hofft auf bessere Lösungen für den Radverkehr.

An der Hertingerstraße ist der Angebotsstreifen kaum noch zu erkennen. Außerdem hat die Stadt in seinen früheren Verlauf einen neuen Knotenpunkt gesetzt: den Kreisverkehr am künftigen Bildungszentrum Hertinger Tor.
An der Hertingerstraße ist der Angebotsstreifen kaum noch zu erkennen. Außerdem hat die Stadt in seinen früheren Verlauf einen neuen Knotenpunkt gesetzt: den Kreisverkehr am künftigen Bildungszentrum Hertinger Tor. © Sebastian Smulka

Kaum noch erkennbar ist die Markierung an der Hertingerstraße. Dort schließt die Stadt eine Neumarkierung auch noch aus einem anderen Grund aus: Das Regelwerk habe sich verändert. „Die Mindestbreite bei stark belasteten Straßen beträgt 1,50 Meter. Zusätzlich ist ein Sicherheitsstreifen von 0,75 Meter Abstand zum Fahrbahnrand erforderlich, wenn auf der Nebenanlage Längsparkstreifen, so wie eben in der Hertingerstraße, vorhanden sind“, erklärt Rathaussprecherin Anna Gemünd. Die vorhandene Fahrbahnbreite sei dafür zu gering.

ADFC-Sprecher Carsten Hellmann sieht darin ein Kernproblem bei der Verbesserung des Radwegenetzes in Unna. „Uns fehlt vielfach der Platz. Für einen wirklich sicheren Radverkehr sollten Wege mit einer baulichen Trennung angelegt werden. Aber die Straßenquerschnitte in Unna sind oftmals zu eng, um zwischen den Häusern Straßen mit Parkbuchten, Grünstreifen, Gehwege und dann auch noch richtige Radwege zu bauen“, sagt er. Lösen ließe sich dies nur mit Entscheidungen, die viele Unnaer als zu radikal ablehnen würden: Etwa durch Einbahnstraßenregelungen für den Kraftverkehr.