Herford und Erfurt, London und Leipzig, Siegen und schließlich Unna: Ihr gesamtes Berufsleben waren sie im Sparkassen- und Bankenwesen tätig. Können Sie sich schon vorstellen, wie sich die Zeit danach für Sie anfühlt, Herr Moßmeier?
Nächsten Montag werde ich die letzten Übergaben durchführen. Als Ruheständler werde ich eine Eingewöhnungsphase benötigen. Es ist allerdings ein gutes Gefühl, dass alle Vorbereitungen so gelaufen sind, dass eine sehr geordnete Übergabe stattfinden kann.
In einigen Stiftungen, die auch eng mit der Sparkasse verbunden sind, bleibe ich auch engagiert. Nach 47 Berufsjahren bin ich sehr dankbar, gesund und fit in die neue Lebensphase eintreten zu können.

Wenn Sie Ihrem Nachfolger Frank Röhr am Freitag ihre Aufgaben übergeben, was werden Sie ihm raten?
Wir arbeiten schon sehr lange zusammen. Er ist fachlich und menschlich eine absolute Topbesetzung. Mit Jürgen Schneider und Mirco Rienhoff, der jetzt neu in den Vorstand aufrückt, hat er viel berufliche Erfahrung an seiner Seite. Da sind Ratschläge nicht erforderlich. Nach vorne gerichtet wünsche ich dem Trio und natürlich der ganzen Sparkasse immer auch ein Quäntchen Glück, denn Rahmenbedingungen kann man nicht beeinflussen.
In so einer Situation können Sie wahrscheinlich nicht aus dem Beruf gehen und punktgenau alle Projekte abgeschlossen haben, weil vieles doch ein Anpassen an die fortlaufende Lage braucht. Was sind Dinge, die Sie gerne noch vollendet hätten?
Wir sind arbeitsteilig aufgestellt. Da gibt es kein einziges laufendes Projekt, das in irgendeiner Form von mir abhängig ist.
Und bei welchen Dingen freut es Sie besonders, dass sie gelungen sind?
Was uns aus meiner Sicht in den letzten Jahren gut gelungen ist, ist, dass wir unsere Arbeitgeberattraktivität erhöhen konnten. Auch auf dem engen Arbeitsmarkt finden wir neue Mitarbeiter, die wir für unsere Sparkasse begeistern können. Familie und Beruf passen bei uns gut zusammen. Ab dem 1.10.2024 sind auf der Abteilungsleiterebene 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer tätig, und zwar ohne Quote und nur durch Leistung.
Sehr gut gelungen sind uns auch die Fusionen der Sparkassen Unna und Kamen in 2013 und mit der Sparkasse Fröndenberg in 2017. Kunden, Träger und die Mitarbeiterschaft haben unterm Strich durch höhere Spezialisierung und Professionalisierung gewonnen.
Die Digitalisierung ist und bleibt eine große Herausforderung für alle Branchen. Hier gezielt die Wege zur Vereinfachung für den Kunden und nicht gefühlt gegen den Kunden zu finden, ist und bleibt auch zukünftig unsere Aufgabe.
In der Bankenbranche ist das Aufsichtsrecht sehr komplex geworden. Hier wünsche ich mir eine regelmäßige Überprüfung, welche Regelungen wirken und welche Regelungen nur zusätzliche Bürokratie bedeuten.

Ihre Zeit als Vorsitzender des Vorstands war auf vielen Ebenen von Wandel geprägt, der manchmal etwas Krisenhaftes hatte. Digitalisierung und die Konkurrenz von Online-Banken, der Nachhall der Finanzkrise, aber auch zwei Fusionen mit Unna und mit Fröndenberg, dabei Filialschließungen, kürzere Öffnungszeiten und auch leidige Dinge wie Automatensprenger. Wie hat sich die Sparkasse in dieser Zeit verändert?
Wirtschaftskrisen, Finanzkrisen, Nullzinspolitik, Corona – es gab in den vergangen 20 Jahren vielfältige schwierige Situationen. Immer haben wir als Sparkassenteam alles getan, um gerade in diesen Phasen als Partner unserer Kunden da zu sein. Gespräche führen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, war für uns der Garant für starke und wachsende Kundenverbindungen.
Das war nicht immer die Strategie von großen nationalen und internationalen Wettbewerbern. Erwähnen möchte ich gern einen immer fairen, aber auch intensiven Wettbewerb mit der lokalen Volksbank. Ich bin überzeugt, ohne Wettbewerb wird man eher träge.
Eine Besonderheit jener Krisenjahre war, dass die Zinssätze erst sanken und schließlich sogar ins Negative gerieten. Die Sparkassen mussten wesentlich mehr Geld einsetzen, um welches zu verdienen. Wie prägt dies das Sparkassengeschäft heute?
Für regional ausgerichtete Kreditinstitute wie Sparkassen und Volksbanken war die Nullzinsphase eine große betriebswirtschaftliche Herausforderung. Mit der einen Hälfte der Bilanz, der Passivseite, konnte man kein Geld mehr verdienen, sondern wir haben im Vergleich zu den Marktsätzen Geld verloren. Der daraus entstandene enorme Kostendruck hat das Geschäftsmodell in all seinen Facetten auf den Prüfstand gestellt. Gerade in dieser Phase waren Effizienzsteigerung durch Digitalisierung, Optimierungen im Filialnetz und eine stärkere Konzentration auf das Provisionsgeschäft erforderlich. Es ist uns gelungen, dass nur eine sehr geringe Anzahl von Kunden tatsächlich Verwahrentgelte zahlen mussten.
Die gesamte Branche ist froh, dass jetzt der Zins wieder erfunden wurde und damit auch dem Kapital wieder ein Wert beigemessen wird. Damit wird unser Geschäftsmodell mit der regionalen Ausrichtung und Konzentration auf unsere Kunden vor Ort nochmal nachhaltig gestärkt.
Interessanterweise haben auch derlei Krisen der Sparkasse Unna beziehungsweise Unna-Kamen genützt. Sie haben Kunden gewonnen, deutliche Kapitalzuflüsse erlebt und auch ihre Mitarbeiterzahl erhöht. Wie ist das möglich?
Als ich 2001 in den Vorstand der Sparkasse eintrat, betrug die Bilanzsumme nach Einführung des Euros rund eine Milliarde Euro. Heute arbeiten wir an der vierten Milliarde. Diese Entwicklung können wir wirklich auf das Kundengeschäft zurückführen. Mit unseren Kunden in der Region zu wachsen, das ist seit Jahrzehnten unsere Philosophie. Ich behaupte, kein Kreditinstitut ist näher am Kunden als eine Sparkasse. Das meine ich sowohl stationär als auch mit unserem Gesamtangebot im Bereich Onlinebanking. Drei von vier Kunden nutzen heute unser Onlineangebot. Für eine stetig wachsende Zahl unserer Kunden, zirka 50 Prozent, ist das heute schon der wichtigste Zugang zu unserer Dienstleistungspalette, und zwar sieben Tage die Woche, 24 Stunden und von jedem Ort. Wir bleiben aber auch für alle Kundengruppen in der Fläche präsent, um vor Ort als Dienstleister unterstützen zu können.

Als Erfolgsfaktor stellt die Sparkasse dabei immer ihre Beratungskompetenz heraus. Sie aber hängt von den Mitarbeitern ab. Wie stellt sich die Sparkasse auf die zunehmende Knappheit von Fachkräften ein?
Personalknappheit ist eine große Herausforderung. Wie bereits dargestellt, ist hier Arbeitgeberattraktivität eine gemeinschaftliche Herausforderung für Personalabteilung, Führungskräfte und unser gesamtes Team. Die Generation Babyboomer geht verstärkt in den Ruhestand - dazu gehöre ich auch - und bedingt dadurch entsteht ein großer Personalbedarf. Wir haben und mussten eine Einstellungsänderung vollziehen. In früheren Zeiten konnten wir aus vielen Bewerbungen auswählen. Heute ist es wichtiger denn je, unsere moderne Unternehmenskultur, mobiles Arbeiten als Selbstverständlichkeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und lebenslange Fortbildungsmöglichkeiten in die Waagschale zu werfen. Die Erfolge der letzten drei Jahre machen mich für die Sparkasse sehr zuversichtlich.
Was würden Sie denn einem jungen Menschen, der heute bei Ihnen in die Ausbildung geht, aus Ihrer Erfahrung heraus raten?
Ich würde jedem jungen Menschen sagen, wenn er sich für eine Ausbildung in der Sparkasse oder für ein duales Studium in der Sparkasse entschieden hat, macht er alles richtig. Der junge Mensch erhält eine fundierte moderne Ausbildung, lernt Teamarbeit und Teambuilding kennen. Die Auszubildenden erleben Kundenbereiche sowie interne Bereiche und können sich so ein konkretes Bild von den zukünftigen Wunschbereichen machen. Ein gutes Coaching durch unsere Ausbildungsabteilung begleitet gezielt den Werdegang. Ich bin sicher, unverändert würden junge Menschen gerne in einem Beruf tätig sein, in dem man Kunden in allen Lebenslagen professionell begleiten kann und damit jeder an seiner Stelle zur regionalen Attraktivität beitragen kann.
Was würden Sie denn Ihren Kunden als Letztes mit auf den Weg geben? Quasi als Ihren wichtigsten Rat, wenns um Geld geht?
Als letzter und wichtigster Rat, wenn's um Geld geht: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit. Bei der Geldanlage sollten Sie eher Ihre langfristigen Ziele in den Fokus nehmen. Nutzen Sie ein bis zweimal im Jahr unser Beratungsangebot, um gemeinsam zu prüfen, welche Vermögensverteilung zu Ihnen passt.