Skurriles mit Hintersinn Der große Rückblick im Unnaer Arthaus Nowodworski

Skurriles mit Hintersinn: Der große Rückblick im Arthaus Nowodworski
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Zwischen Paris und St. Pauli zieht es die Nowodworskis immer wieder zurück ins bürgerliche Westfalen. Im vermutlich zweitältesten Fachwerkhaus von Unna hat das Künstlerehepaar einen Ort gefunden, an dem es leben, lieben und arbeiten kann. Dass hier zwei kreative Köpfe wohnen, verrät fast jedes Detail im Inneren des 1587 errichteten Denkmals. In der großen Welt der Kunst sind Frauke und Dietmar Nowodworski zwar regelmäßig unterwegs;, in ihrem „Arthaus“ an der Massener Straße aber sind sie zu Hause.

Seit 20 Jahren ist der Atelier-und-Galerie-Wohnsitz der Nowodworskis die Ideenschmiede für ein ungewöhnliches Werk. Zwischen Fotografien, Skulpturen und frechen Aktionen stehen im Mittelpunkt „kinetische Objekte“ – buchstäblich einzigartige Konstruktionen, die keinen anderen Sinn haben, als den Betrachter in den Bann zu ziehen. Sie können von nostalgischer Schönheit sein, einen skurrilen Witz entfalten und oft auch einen versteckten Hintersinn bieten.

Spätes Bekenntnis zur „Wilden 13“

Die 20 Jahre an einer Adresse nehmen die Nowodworskis nun zum Anlass für eine Rückschau. Titel der Ausstellung, die am 6. Oktober eröffnet wird, ist schlicht das Hausmotto „Sammeln von Sinnen“. Ein Bildersturm in chronologischer Anordnung führt den Besucher durch 20 Jahre, in denen die Nowodworskis nicht nur zu den bekanntesten Gegenwartskünstlern aus Unna geworden sind, sondern auch zu einer festen Größe in Unna.

In dieser Rückschau fällt dann auch manch ein Bekenntnis, das aufzeigt, wie die Nowodworskis ihre Stadt „bearbeitet“ haben. Die witzigen Aktionen, mit denen sie auf nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten der Baulücke an der „Wilden 13“ schräg gegenüber hingewiesen haben, sind nun erstmals offiziell als Werk des Paares bestätigt. Seinerzeit mussten die beiden noch der Polizei Rede und Antwort stehen, nachdem „jemand“ für die Baulücke die Entstehung eines Luxus-Golfplatzes angekündigt oder dort einen Mini-Camping-Platz eröffnet hatte.

„Wir waren‘s“, räumen die Nowodworski inzwischen ein. Mit dem Grundeigentümer der Massener Straße 13 verstehen sie sich inzwischen gut, erklären sie. 2014 allerdings brachte dem Unnaer Künstlerpaar diese Installation in der Baulücke den Besuch einer Polizeistreife ein.
„Wir waren‘s“, räumen die Nowodworski inzwischen ein. Mit dem Grundeigentümer der Massener Straße 13 verstehen sie sich inzwischen gut, erklären sie. 2014 allerdings brachte dem Unnaer Künstlerpaar diese Installation in der Baulücke den Besuch einer Polizeistreife ein. © Roman Grzelak

Die Nowodworskis sind keine Künstler, die sich in ihren Elfenbeinturm zurückziehen würden. Mit ihrem Sitz an der Massener Straße verstehen sie sich als Teil dieser Stadt und ihres kulturellen Lebens. Dafür stehen Initiativen wie der„Garten Mille Fiori“, den die beiden fünf Jahre lang auf einem zuvor vermüllten Beet der Stadt gestaltet haben, aber auch die monatlichen Öffnungen im Arthaus. Gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft an der Massener Straße sind die „Nowos“ gut vernetzt. Auch der diesjährige Projektionsfilm, den die beiden im Advent an die gegenüberliegende Hauswand strahlen werden, erzählt die Geschichte(n) dieser Straße.

Im Jahr 2019 kaperten die Nowodworskis eine verwahrloste Grünanlage der Stadt an der Schulstraße, um daraus den „Garten Mille Fiori“ zu machen. Das Projekt brachte Unna sogar einen Bucheintrag in der beliebten „Glücksorte“-Reihe ein. Inzwischen hat der „Club Handicap“ die Pflege der Anlage übernommen.
Im Jahr 2019 kaperten die Nowodworskis eine verwahrloste Grünanlage der Stadt an der Schulstraße, um daraus den „Garten Mille Fiori“ zu machen. Das Projekt brachte Unna sogar einen Bucheintrag in der beliebten „Glücksorte“-Reihe ein. Inzwischen hat der „Club Handicap“ die Pflege der Anlage übernommen. © Peter Körtling

Bewegte Objekte aus Nostalgie und Fernweh

So breit angelegt das Werk von Frauke und Dietmar Nowodworski auch ist, gibt es doch eine typische Handschrift darin. Am deutlichsten erkennbar wird sie vielleicht in ihren „kinetischen Objekten“. Gebaut sind sie aus nostalgischem Nippes, den die beiden bei ihren Reisen durch meist europäische Länder auftun.

Trinis Büdchen ist fester Bestandteil der Dauerausstellung im Arthaus Nowodworski, aber trotzdem kein unveränderliches Werk. Immer wieder ergänzen Frauke und Dietmar Nowodworski die Sammlung des kleinen Kiosks durch nostalgische Skurrilitäten.
Trinis Büdchen ist fester Bestandteil der Dauerausstellung im Arthaus Nowodworski, aber trotzdem kein unveränderliches Werk. Immer wieder ergänzen Frauke und Dietmar Nowodworski die Sammlung des kleinen Kiosks durch nostalgische Skurrilitäten. © Sebastian Smulka

In Deutschland würden sie übrigens kaum etwas entdecken. Erst wenn beide – zunächst unabgesprochen – Gefallen von einem wie auch immer gearteten Ding gefunden haben, kommt es in die Materialsammlung, die unter der Decke im Arbeitsraum darauf wartet, Kunst zu werden. Um kreativen Durststrecken vorzubeugen, haben die beiden ein einfaches Mittel gefunden. Frauke Nowodworski beschreibt es so: „Manchmal stellen wir fest, wir müssen mal wieder auf Reisen gehen.“

Zum Thema

20 Jahre Arthaus

Die Retrospektive „Sammeln von Sinnen – 20 Jahre arthaus:nowodworski“ läuft ab dem 6. Oktober. Geöffnet ist das Arthaus an der Massener Straße 24 in Unna jeweils am ersten Sonntag im Monat von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.