„Wer denkt sich sowas aus?“ Stadt Unna schickt neuerdings Radfahrer auf den Gehweg

Auf Gehweg statt Radweg: Schwenk an der Hansastraße löst Irritation aus
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Es sind nur rund 100 Meter Straße zwischen Unna und Massen, aber sie sorgen neuerdings für Irritationen. Die Stadt Unna war aufgefordert, ordnend einzugreifen, damit ein Radweg nicht mehr mit großen Fahrzeugen blockiert wird. Die Stadt griff tatsächlich ein – zur Überraschung der Radfahrer: Wo sie fahren sollten, dürfen große Fahrzeuge jetzt ganz legal stehen. Und die Radler müssen auf den Bürgersteig.

Radweg führt jetzt auf Gehweg

„Wer denkt sich sowas aus?“, fragte ein Passant kürzlich kopfschüttelnd vor Ort an der Hansastraße. Er hatte verfolgt, wie die Verkehrsführung für den Radverkehr in Höhe des BMW-Autohauses verändert worden war. Bisher führte ein Radweg von der Kreuzung Hochstraße/Schwarzer Weg direkt auf einen für Radfahrer markierten Schutzstreifen am Fahrbahnrand. Der gepflasterte Weg war offensichtlich eigens dafür einmal zur Straße hin abgesenkt worden, damit Fahrradreifen nicht über eine Kante rollen mussten.

Neuerdings sollen Radfahrer auf ihrem Weg in Richtung Massen aber einen Schwenk nach rechts machen: auf den Bürgersteig. Der Radweg wurde entsprechend neu markiert. Die alten Fahrrad-Piktogramme auf der Fahrbahn wurden entfernt.

An der Hansastraße in Unna führen Markierungen Radfahrer auf die Fahrbahn. Auf der Straße fährt ein Auto.
Und hier führt der Schwenk wieder zurück auf die Straße: Radler wechseln die Fahrbahn in Höhe der Autohaus-Ausfahrt. Wo sie früher auf der Fahrbahn radeln durften, ist erkennbar an einem entfernten Piktogramm. © Udo Hennes

ADFC sieht neuen Konflikt

Jetzt also begegnen Radfahrer zwangsläufig Fußgängern auf dem Bürgersteig, was nicht nur besagten Passanten ziemlich stört. Tanja Bork, eine der Sprecherinnen des ADFC Unna, kommentiert, durch die Änderung würden Radfahrer in Konflikt mit noch schwächeren Verkehrsteilnehmern gebracht, „obwohl die Gefahr weder von der einen noch von der anderen Verkehrsart ausgelöst wird“.

Verbesserung angeregt, aber anders

Offenbar hatte der Fahrradclub die Neuregelung ungewollt selbst angestoßen. Es habe über einen längeren Zeitraum Beschwerden gegeben, weil Autotransporter auf der Straße be- oder entladen worden seien – auf dem ausgewiesenen Fahrradweg. Der ADFC berichtet, es seien mehrere Hinweise an die Verwaltung gegangen, mit der Bitte, verkehrswidriges Verhalten zu kontrollieren und zu ahnden. Stattdessen sei der Radweg verschwenkt und auf seiner ehemaligen Trasse eine Be- und Entladezone eingerichtet worden.

Hinzu kommt, so ADFC-Sprecherin Bork, dass Radfahrer an einer denkbar ungünstigen Stelle zurück auf die Fahrbahn wechseln müssen: „direkt auf Höhe der Ausfahrt des Autohauses, was eine zusätzliche Gefahrenquelle erzeugt, die vorher nicht da war“.

Der ADFC regt an, den alten Zustand wieder herzustellen, auch weil die Neuregelung dem neuen städtischen Mobilitätskonzept widerspreche. Dies geht aus einem Schreiben an den Bürgermeister hervor, das unserer Redaktion vorliegt.

Stadt: Radfahrer können woanders herfahren

Ob die Stadt Unna dem ADFC-Antrag folgt, beantwortet sie nicht direkt. Die Erläuterungen der Rathaus-Pressestelle zu dem Vorgang lassen aber ahnen, dass keine Änderung geplant ist. Das Ordnungsamt habe sich die Situation vor Ort angesehen. Auf dem Gelände des Autohauses gebe es nicht genug Platz für Be- und Entladetätigkeiten, daher sei die Be- und Entladezone auf der Straße eingerichtet worden.

„Die geschilderte Verkehrsführung für Radfahrer wurde nach Einschätzung der Situation vor Ort als die sicherste Lösung für Radfahrer gesehen“, erklärt die Stadt.

„Alternativ haben Radfahrer an dieser Stelle die Möglichkeit, die parallel verlaufende Fahrradstraße (zwischen Königsborner Straße/Afferder Weg) zu nutzen“, heißt es weiter aus dem Rathaus.

Einen politischen Beschluss zur Änderung der Verkehrsführung gab es übrigens nicht. Die Maßnahme sei Teil des laufenden Geschäfts der Verwaltung gewesen, erklärt die Pressestelle.

Radweg führt auf Gehweg: Handelt die Stadt Unna entgegen ihrem eigenen Mobilitätskonzept?