Dr. Peter Kracht † © Udo Hennes
Nachruf
Ohne Pit Kracht wird es sehr viel stiller in Unnas Stadtgeschichte
Geschichte und Heimat waren für Dr. Peter Kracht nichts Altbackenes, sondern das Fundament, auf dem das Jetzt und das Morgen ruhen. Unna verliert nun einen wichtigen Bewahrer und Gestalter.
Dass es „Pit“ Kracht die Sprache verschlägt, ist selten vorgekommen. Der 9. November 1989 brachte einen jener Momente, die sich Kollegen bis heute merken. Mit einer Ticker-Nachricht auf Papier in der Hand stand der sonst so wortgewandte Dr. Peter Kracht plötzlich in der Redaktion und bekam erstmal keinen Ton heraus. Gefühlte Ewigkeiten rang er um Luft und um eine Formulierung, um dann doch recht einfach auf den Punkt zu bringen, was im Kern der Inhalt der Meldung war: Die Mauer ist gefallen.
17 Jahre lang, von 1985 bis 2002, war Kracht Teil der Mantelredaktion beim Hellweger Anzeiger. Was Kollegen und Leser an ihm schätzten, war nicht nur die Kompetenz, mit der der promovierte Historiker aktuelle Geschehnisse historisch einzuordnen wusste.
Kracht war auch durch und durch Mensch. Kein verkopfter Wissenschaftler, sondern jemand, der immer nah am Empfinden und an der Wahrnehmung der Leser war. Ein herzensguter und humorvoller Kerl, der selbst schwere Dinge leicht zu nehmen wusste. Kracht vermochte es, sogar noch dann gute Laune zu verbreiten, wenn er sich über Dinge ärgerte.
Pit Kracht war sich für nichts zu schade. Als man ihn fürs Stadtradeln 2016 fragte, ob er zum offiziellen Repräsentanten der Aktion werden wolle, sagte er direkt zu – auch wenn sein Drahtesel ebenfalls das Prädikat „historisch“ verdiente. © Udo Hennes
Kraft mag er in Dingen gefunden haben, die man als Wurzeln bezeichnen kann: in der Geschichte, in der Heimat, in der Natur und natürlich in der Familie. Nach seinem Abschied vom Beruf als Zeitungsjournalist arbeitete Dr. Peter Kracht als freier Journalist, Autor und Referent mit einem klaren Themenfokus. Kracht schrieb für „Westfalium“ und „Woll“, betreute das Jahrbuch Westfalen und den Heimatkalender des Kreises Soest, hielt die Geschichte von Städten und Unternehmen fest. Heimatgeschichte, Denkmalschutz, Wandern – in diesen Bereichen zählte Kracht zu den Experten in der Region.
Ob für Erwachsene oder für Kinder: Dr. Peter Kracht (hier am Friedrichsborn in Königsborn) wählte unterschiedliche Wege, Geschichte und Kultur seiner Heimat zu vermitteln. © Udo Hennes
Dementsprechend gefragt war er auch als Ehrenamtler. Dr. Kracht war Leiter der Fachstelle Geschichte im Westfälischen Heimatbund, Hauptfachreferent für Kultur des Sauerländischen Gebirgsvereins, Verbandskulturwart des Deutschen Wanderverbandes und Kreisheimatpfleger im Kreis Unna, als Vorsitzender des Historischen Vereins zu Unna auch der Hausherr im Friedrichsborn und ein leidenschaftlicher Kämpfer nicht nur für dieses historische Gebäude. Für sein vielseitiges Engagement erhielt er 2018 das Bundesverdienstkreuz.
Ortsvorsteher auch ohne Ratsmandat
Dr. Kracht war auch ein politischer Mensch, dabei leidenschaftlich und wenn nötig unbequem, wenn es um Dinge ging, die ihm wichtig erschienen. Die jeweilige Sache war dem SPD-Mann dann wichtiger als ein Parteibuch, das hat die Stadtverwaltung auch unter Führung der Sozialdemokraten zu spüren bekommen.
Nach einem Sitz in Stadtrat oder Kreistag zu streben entsprach nicht dem Naturell des Masseners, der zwar gerne offen auf Menschen zuging, aber doch auch eine gewisse Bescheidenheit pflegte. Als er 2014 zum Ortsvorsteher seines Stadtteils wurde, rückte Dr. Kracht in den recht kleinen Kreis derer auf, die dieses Ehrenamt nicht mit einem Ratsmandat verbanden, sondern als bekannte Person aus der Gesellschaft dafür vorgeschlagen wurden.
Erst vor einigen Monaten, bereits auf der Schwelle zum offiziellen Renteneintritt, wurde Kracht zum Wahlkreismitarbeiter des Massener Landtagsmitgliedes Hartmut Ganzke, was wohl eher ein Freundschaftsdienst für den Parteifreund war als ein später Karrierewechsel. Pit Kracht wäre im Mai bereits 66 geworden. Er starb überraschend und offenbar sanft in der Nacht auf Dienstag.
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