
Ohne den Schnitt durchs Band wollten die Vertreter von Investor, Stadt und WFG die „Neue Mühle“ nicht in den Betrieb schicken. Die Geste war natürlich eher symbolisch: Die ersten Geschäfte hatten schon zweieinhalb Stunden zuvor geöffnet und die ersten Neugierigen eingelassen. © Christoph Ueberfeld
Willkommen im Alltag: Die „Neue Mühle“ Bremme geht in den Betrieb
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Die „Neue Mühle“ dreht sich: Mit den ersten fünf Geschäften hat das neue Einkaufszentrum im Norden der Innenstadt den Betrieb aufgenommen. Und allem Anschein nach läuft er rund.
Das Lampenfieber steigerte sich noch einmal kurz vor 8 Uhr bei Daniel und Sabah Schulz. An einer Kasse war eine Kachel locker – aber auch diesen kleinen Makel konnten die Edeka-Betreiber noch beseitigen, als die ersten Kunden vor der Tür standen. Der erste Eindruck sollte ein möglichst Guter sein für alle, die zum ersten Mal ins Geschäft kommen würden. Und das war er dann auch.
Die Neugier war groß bei den Unnaern, der Betrieb in dem völlig neu aufgestellten Markt lief und kam gut an. Und als nach zwei Stunden die offizielle Eröffnungsfeier begann, war beim Betreiberpaar Schulz die Anspannung längst Stolz und Freude gewichen.
Edeka Familie Schulz als Ankermieter, die Bäckerei Büsch und ein Lotto-Toto-Zeitschriftenladen samt Postagentur in der Vor-Kassen-Meile, dazu Rossmann und Deichmann: Mit zunächst fünf Geschäften hat das Einkaufszentrum im Norden der Innenstadt von Unna den Betrieb aufgenommen. Den Pionieren des Hauses folgen danach noch Woolworth, die Frittenküche, das Fitnessstudio FitX und als Büromieter der bereits in Unna ansässige Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe. Gesucht wird noch ein Gastronom für die Fläche im Halbrund zur Fußgängerzone.
Knapp zwei Jahre Bauzeit stecken in der „Neuen Mühle“, die an der Stelle der 1958 stillgelegten „Dampfmühle“ Carl Bremme entstanden ist. Über Jahrzehnte hinweg war der Altstandort nur teilweise genutzt worden, etwa durch die Standortverwaltung der Bundeswehr oder das Gebrauchtwarenkaufhaus der Diakonie. Die Mehlfabrik, die einen guten Teil ihrer Produktion an die Brandt-Zwieback-Werke nach Hagen geliefert hatte, war ein zwar prägendes Gebäude in der Innenstadt, aber eben auch eine wuchtige Immobilie, die kaum für etwas anderes zu nutzen war als für den ursprünglichen Zweck.

Peter El-Dessouki (r.) und Ulf Silkens von der Firma Ten Brinke hielten Rückschau auf das Zustandekommen des Projekts. © Marcel Drawe
Der niederländische Immobilienentwickler Ten Brinke versuchte sich gar nicht erst an Konzepten für eine Umgestaltung. Er riss die Mühle ab und baute von Grund auf neu. Rund 35 Millionen Euro soll die Entwicklung der Fläche gekostet haben.
Wigant: „Aufpassen, dass wir Unna nicht schlecht reden“
Viele Diskussionen hatten sie begleitet, etwa über die Auswirkungen auf den Verkehr im Umfeld, auf den Handelsbesatz in der Innenstadt oder auf die Stadtökologie. Am Tag der Eröffnung hätten all diese Dinge in die zweite Reihe treten können – wenn nicht ausgerechnet Bürgermeister Dirk Wigant die Feierstunde mit Schwere aufgeladen hätte.
Wigant betonte, dass Unna eine tolle Innenstadt habe und er die Neue Mühle als Stärkung sehe. Und er rieb sich an einer zu kritischen Diskussion über die Entwicklung der Fläche sowie an der Berichterstattung der Medien darüber. Es komme vor, dass „Minderheiten mit einseitigem Blickwinkel breiter Raum eingeräumt wird“, kritisierte Wigant. Inzwischen sei Unna „an einem Punkt angekommen, an dem wir grundsätzlich aufpassen sollten, dass wir unsere Stadt nicht schlechtreden und damit künftige Investoren abschrecken“.

Blick aufs obere Parkdeck: Knapp 320 zusätzliche Stellplätze für Autos bringt die „Neue Mühle“ in die Innenstadt. © Marcel Drawe
Einen anderen Blick auf die öffentliche Diskussion beschrieb indessen der langjährige Geschäftsführer der kreiseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Dr. Michael Dannebom. Der Grundstücksverkauf an Ten Brinke war noch in Danneboms Zeit von der WFG eingefädelt worden. Dr. Dannebom hält es „für völlig okay, dass auch diskutiert wird. (...) Man kann sich auch streiten, etwa über Architektur, über Grüne oder sogar Fahrradständer. Wichtig ist, dass in einer Stadt eine Diskussionskultur vorhanden ist, die alles auf den Tisch bringt, was der Bürger denkt und fühlt“, so der erfahrene Wirtschaftsförderer. Er sei sich sicher, dass der Investor solche Hinweise dann auch aufgreift, damit die Immobilie und die Anbieter darin angenommen werden.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
