Modehaus Sinn in Unna Vom holprigen Corona-Start zum erneuten Kampf ums Überleben

Modehaus Sinn: Vom holprigen Corona-Start zum erneuten Kampf ums Überleben
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Für die Innenstadt war es ein harter Schlag, als das Modeunternehmen Peek & Cloppenburg (P&C) seine Schließung in Unna ankündigte. Der Stadt drohte der Leerstand in einem ihrer größten Geschäfte. Der schnelle Übergang von P&C zu Nachfolger Sinn war ein gutes Zeichen. Doch schon zum Start hatte es das erneut insolvente Hagener Modehaus in Unna schwer.

Peek & Cloppenburg zieht sich 2019 zurück

Die Lage in der Innenstadt sei „nicht optimal, die Frequentierung rückläufig“, hatte P&C das Aus an der Bahnhofstraße im Jahr 2019 begründet. Das Düsseldorfer Unternehmen machte sich einen auslaufenden Mietvertrag zunutze. Die Verhandlungen über neue Mietkonditionen hatten zu keinem Ergebnis geführt. Ende 2019 war P&C in Unna Geschichte.

Mit dem Modeunternehmen Sinn wurde schnell ein passender Nachmieter für das markante Gebäude mit einer rund 3000 Quadratmeter großen Verkaufsfläche gefunden. Im März 2020 sollte das Bekleidungshaus eröffnen.

Der ehemalige Geschäftsleiter Lutz Hockemeyer steht in der Sinn-Filiale in Unna.
Geschäftsleiter Lutz Hockemeyer hat den Standort vom Modehaus Sinn in Unna aufgebaut. Er hat im Jahr 2022 andere Aufgaben im Unternehmen übernommen. © Anna Gemünd

Das Modehaus Sinn war zu der Zeit vielen noch unter dem alten Namen „SinnLeffers“ bekannt. Seit 2018 firmieren die Hagener als Sinn GmbH und setzen auf den Markenauftritt mit dem Logo „Das macht Sinn.“.

Unna war 2020 der 23. Standort von Sinn; die Mehrheit aller Filialen liegt noch immer in NRW. Sinn war 1850 in Köln gegründet worden. 1997 fusionierten die beiden Traditions-Modehäuser Sinn und Leffers. Von 2001 bis 2005 gehörte das Unternehmen zum Essener Karstadt-Quelle-Konzern, bis es von der Deutschen Industrie Holding (DIH) übernommen wurde. Im Dezember 2012 erwarb die Familie Wöhrl alle Anteile an „SinnLeffers“.

Unternehmen mehrfach zahlungsunfähig

Nachdem das Unternehmen bereits 2008 zahlungsunfähig war, befand sich „SinnLeffers“ zwischen September 2016 und Ende Juli 2017 erneut in einer Insolvenz in Eigenverwaltung.

Als Sinn sich 2019 für den Standort in Unna entschied, standen die Zeichen wieder auf Expansion. Der Generalbevollmächtigte der Sinn-Gruppe, Friedrich-Wilhelm Göbel, sagte seinerzeit, dass sich das Unternehmen nicht nur erfolgreich saniert habe und schuldenfrei sei, sondern mit einem neuen Konzept auch wieder wachsen wolle und könnte.

Corona-Pandemie erschwert den Start in Unna

Und dann kam die Corona-Pandemie: Die Regelungen des Landes NRW machten die lange geplante Öffnung des Modehauses in Unna am 20. März 2020 zunichte. Als Teile des Einzelhandels im darauffolgenden April wieder hochfahren durften, musste Sinn geschlossen bleiben. Die Verkaufsfläche war zu groß – wie beim Kaufhaus Schnückel.

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie brachten das Modeunternehmen erneut in Schieflage. Ohne in Unna überhaupt einen Tag geöffnet zu haben, meldete Sinn erneut Insolvenz in Eigenregie an. Ein Fortführen des regulären Geschäftsbetriebs sei nicht mehr möglich, meldete das Unternehmen.

Flatterband statt Sekt: Die Eröffnung in Unna hatte sich Sinn anders vorgestellt. Wegen der Corona-Krise darf das Modehaus nur 800 seiner 3000 Quadratmeter Verkaufsfläche öffnen.
Flatterband statt Sekt: Die Eröffnung in Unna hatte sich Sinn anders vorgestellt. Wegen der Corona-Krise durfte das Modehaus nur 800 seiner 3000 Quadratmeter Verkaufsfläche öffnen. © Anna Gemünd

Die Filiale in Unna öffnete dennoch einen Tag nach der Bekanntmachung – unter strengen Regeln. Das Obergeschoss mit der Herrenbekleidung war aufgrund von Corona-Regeln gesperrt. Statt Luftballons und Sekt gab es für die Kunden eine kleine Karte mit einer Nummer. Denn mehr als 65 Kunden durften nicht zeitgleich in das Modehaus.

Die Ware verschwand hinter weiß-rotem Flatterband, unerreichbar für die Kunden. Einzig die Mitarbeiter durften Hosen, Pullover und T-Shirts anreichen. Entspanntes Einkaufen geht anders.

Testzentrum im Modehaus

Es folgte eine Zeit mit „Click & Meet“, also Einkaufen mit Terminvereinbarung und einem negativen Corona-Test. Das Modehaus Sinn eröffnete ein Testzentrum. „Wir gehen davon aus, dass negative Corona-Testergebnisse nicht viele Monate Voraussetzung sein werden, um an großen Teilen des öffentlichen Lebens, unter anderem auch am Shopping, teilnehmen zu können“, sagte Friedrich-Wilhelm Göbel im April 2021.

Als nach und nach die Corona-Regelungen gelockert wurden, normalisierte sich die Situation im Einzelhandel langsam wieder. Das Hagener Modehaus fuhr wieder einen Expansionskurs, eröffnete zum Beispiel Standorte in Gütersloh, Hildesheim oder in Norderstedt (Schleswig-Holstein).

Frequenzbringer Neue Mühle

Auch der unglückliche Corona-Start in Unna sei vergessen, sagte Lutz Hockemeyer im April 2023. Er hatte die Filiale in Unna mitaufgebaut, ist mittlerweile aber in anderen Rollen bei Sinn tätig.

Das Geschäft am Rathausplatz profitiere auch von der neuen Neuen Mühle, sagte Hockemeyer. Seit der Eröffnung des Einkaufszentrums habe sie die Frequenz erhöht und es seien neue Parkplätze hinzugekommen. „Die Attraktivität des Standortes ist deutlich gestärkt worden“, erklärte der ehemalige Geschäftsleiter.

Die Sinn-Filiale am Rathausplatz in Unna.
Eine Verkaufsfläche von 3000 Quadratmetern bietet das Geschäft am Rathausplatz. © Anna Gemünd

Jetzt steht das gesamte Modehaus vor einer Herausforderung. Die Insolvenzankündigung am Montag (5. August) kam überraschend. Zwar wird der Geschäftsbetrieb an allen Standorten vorläufig fortgeführt, gesichert seien alle Standorte und Arbeitsplätze aber nicht, erklärte der Restrukturierungsexperte Jan Ockelmann. Ob die Filiale in Unna auf der Kippe steht, ist aktuell noch unklar.