Fahrräder und Fußgänger first Liebe Straßenplaner, denkt bitte andersherum!

Von Claudia Lohmann
Fahrradfahrer und Fußgänger first: Für ein Umdenken bei der Straßenplanung
Lesezeit
Fahrradfahrer und Fußgänger first: Für ein Umdenken bei der Straßenplanung

„Wir sind nicht bereit, umzudenken. Wir müssen weg von den alten Zöpfen und dazu gehört der Autoverkehr!“ Michael Tietze kämpfte im jüngsten Ausschuss für Feuerschutz, Sicherheit und Ordnung erbittert dafür, dass auf der Kleistraße Radfahrer offiziell auf dem Gehweg fahren dürfen, damit sie vor dem Autoverkehr an der Stelle geschützt sind. Er bat die Verwaltung sogar darum, über ihren juristischen Schatten zu springen.

Am Ende siegte vorerst die Straßenverkehrsordnung, die eine Mindestbreite vorsieht, die hier nicht erfüllt wird. Doch Tietze machte bei der Gelegenheit auch deutlich, dass das Problem ein viel größeres ist: „Autofahrer müssen künftig auf Fläche verzichten!“

Ich stimme dem Ratsherren voll und ganz zu. Straßenbauer müssen umdenken und anders planen: Vom Radfahrer und Fußgänger zu den Autos. Die Fahrspuren für die motorisierten Teilnehmer sollen dort untergebracht werden, wo es neben breiten Radwegen noch Platz für sie gibt. Warum brauchen Autofahrer eigentlich mehr Spuren als Radfahrer? In den Niederlanden ist es üblich, dass die Radfahrer zwei Spuren für sich haben. Auf ihnen gibt es reichlich Platz für kleine Roller und E-Scooter, die klimatechnisch ebenfalls unbedenklicher sind als Autos.

Autofahren muss unbequem werden

Erst wenn die Straßen nicht nur fahrradfreundlich sind, sondern für Fahrräder geplant, bekommen mehr Menschen Lust aufs Rad – und nehmen das Auto nur noch, wenn es wirklich notwendig ist. Dann reicht ihnen auch weniger Platz – der vor allem für jene da sein sollte, die mit dem Auto fahren müssen. Dafür habe ich vollstes Verständnis.

Mit dem Auto dauert es dann vielleicht länger als mit dem Fahrrad? „Gut so!“ sage ich. Und nein, ich bin (leider) keine klassische Radfahrerin. Zu den meisten Terminen und zur Arbeit fahre ich mit dem Auto, weil es aktuell schneller geht, günstiger und komfortabler ist. Es ist zurzeit die beste Option und das hat definitiv etwas mit der aktuellen Lage auf den Straßen und im Öffentlichen Nahverkehr zu tun.

Solange sich dort nichts ändert, werden Autofahrer nicht umdenken. Und dazu gehöre auch ich. Das wird erst passieren, wenn andere Verkehrsmittel Vorteile bringen. Gefährliche und zu schmale Radwege, teure Bahntickets und Zugausfälle motivieren mich nicht dazu, das Auto stehen zu lassen.

Ein Umdenken ist unumgänglich. Auch wenn es weh tun wird.