Vor aufkommender Euphorie zieht Unnas Fahrradlobby die Bremsen an Vorder- und Hinterrad durch. „Frust und Freude beim ADFC zum Masterplan Mobilität“ überschreibt die Unnaer Ortsgruppe des Fahrradclubs nun eine erste Stellungnahme zu dem Papier, das die Leitlinien der künftigen Verkehrspolitik in Unna beschreiben soll.
Die „Freude“ stütze sich demnach darauf, dass Unna zumindest im wichtigsten Grundlagenwerk für seine künftige Verkehrsplanung dem Radverkehr Vorrang einräumt und ausdrücklich die Notwendigkeit sicherer, komfortabler und lückenloser Radwege unterstreicht.
Was als „Frust“ bezeichnet wird, ist zumindest Skepsis zur Frage, wann und wo das Papier Wirklichkeit werden kann. Immerhin fänden sich ähnliche Aussagen bereits im „Zielnetz 2025“-Konzept aus dem Jahr 2016 und im Verkehrsentwicklungsplan von 1990. „Wir müssen zügig die Schippe in die Hand nehmen, damit wir uns in ein paar Jahren nicht wieder fragen müssen, warum es mit dem neuen Konzept wieder nicht geklappt hat. Das Potenzial ist riesig“, so der ADFC. Für eine sinnvolle Weiterentwicklung des Radverkehrs in Unna schlägt das neue Mobilkonzept ein Budget von 1,8 Millionen Euro vor – jährlich.
Mehr und bessere Wege, Routen und Abstellmöglichkeiten
Zumindest dem Konzept nach dürfen Radfahrer auf ein üppig bestücktes Konzept hoffen. Mehr und bessere Radwege, mehr und bessere Abstellanlagen, mehr und bessere Wegweiser. Dazu sollen viele seit langem bekannte Ärgernisse und Gefahrenstellen abgebaut werden – wie etwa die Engstellen nahe des Netto-Marktes an der Massener Straße, wo sich Radfahrer und Fußgänger zwischen parkenden Autos und Grundstücksgrenzen durchzwängen müssen.
Neue Klassen: Veloroute und Pendelroute
Was das Thema „Wegenetz“ angeht, stellt das Mobilitätskonzept zwei bislang noch nicht verwendete Wegekategorien vor. Da sind zum einen die „Velorouten“, die quasi als Ortsverbindungsstraßen des Radlers die Unnaer Stadtteile mit schnell befahrbaren Wegen verbinden sollen. „Pendelrouten“ schaffen die Verbindung zwischen Unna und den Nachbarstädten. Als wichtige Strecke führt das Mobilitätskonzept unter anderem die nach Kamen an.

Der Blick auf die Route Unna-Kamen lässt allerdings auch erkennen, warum sich der ADFC mit Euphorie zurückhält. Denn die „neuen Wege“ im Konzept bedeuten nicht wirklich, dass zwischen den Punkten X und Y Geländestreifen mit Asphalt befestigt werden. Oft orientiert sich das Konzept an vorhandenen Verbindungen und Planungen. Zwischen Unna und Kamen etwa würde die „Pendelroute“ wohl Teil des noch höher angesiedelten Radschnellwegs Ruhr werden, dessen Bau aber in den Händen des Landes liegt und immer noch auf sich warten lässt.
Zum Teil ist das neue Papier bereits in Umsetzung
Andererseits hat Unna in den zurückliegenden Jahren auch einiges geschaffen, das auch mit dem neuen Mobilitätskonzept im Einklang steht und als bereits umgesetzte Maßnahme dort zu finden ist. Der neu gestaltete Übergang vom Königsborner Tor zur Friedrich-Ebert-Straße samt überdachter Fahrradabstellanlage gibt ein Beispiel dafür ab, wie Unna in Teilen umgebaut werden könnte, um den Radverkehr zu fördern. Nutzbar ist auch schon der Radring zwischen Fußgängerzone und Verkehrsring. Der Bau einer Mobilstation am Bahnhof in Lünern soll bald anlaufen.

Konkrete Vorschläge im „Handlungskonzept“
Weitere konkrete Maßnahmen schlägt das Papier in einem „integrierten Handlungskonzept“ vor. Zu finden ist hier etwa eine Umgestaltung von Gerhart-Hauptmann-, Schul- und Schäferstraße mit dem Ziel, den Bereich als Radachse aufzuwerten. Ob diese Straßen dabei zur Fahrradstraße oder zum verkehrsberuhigten Bereich werden, scheint noch nicht ganz klar zu sein. Weitere Themen in der aktuellen „To-Do-Liste“ sind die Fahrradstraßenausweisung für den Afferder Weg, die Radwegeführung an der Massener Straße zwischen Verkehrsring und Obermassener Kirchweg sowie eine Mobilstation am Massener Gemeindeplatz.

Einige Vorschläge des Konzeptes befassen sich mit den flächendeckenden Kleinigkeiten, die Radfahrer stadtweit immer wieder ärgern: Mängel an Wegen sollen schneller behoben werden, Winterdienst und Reinigung verbessert, eine taugliche Beleuchtung sichergestellt, vermeidbare Poller und Umlaufsperren abgebaut.
Allgemein: Eine Huldigung des Radverkehrs
Dass dem Radverkehr in den Überlegungen der Stadt Unna grundsätzlich Raum gegeben wird, zeigt das Konzeptpapier schon buchstäblich: Während die Ausführungen zum KFZ-Verkehr über elf Seiten laufen, bekommt der Radverkehr 25. „Der Radverkehr stellt eine tragende Säule des Umweltverbundes dar“, heißt es in dem Papier. Das Fahrrad sei das einzige Verkehrsmittel, das volkswirtschaftlich mehr Nutzen als Kosten bringe, weil es nicht nur günstig, leise und sauber mobil mache, sondern auch der Gesundheit diene. In Städten mit hohem Radverkehrsanteil seien die Menschen auch zufriedener. Zugleich aber stellt die Studie heraus, dass auch in jenen Städten die Menschen keineswegs idealistischer seien als in Unna. Im Gegenteil: Sie seien pragmatisch, nutzen das Fahrrad vor allem deshalb, weil es bei den örtlichen Gegebenheiten die beste Wahl sei. Wie aber die Gegebenheiten sind, das soll das neue Mobilitätskonzept tatsächlich verändern.