Zwischen Kinderspielen und den Infoständen örtlicher Gewerkschaften wehen die Duftnoten von Popcorn und Reibekuchen über den Platz der Kulturen. Gut 200 Gäste lassen die Fläche zwischen Lindenbrauerei, Westfriedhof und Camera Obscura ordentlich gefüllt erscheinen. Der Tag wirkt heiter, seine Themen aber sind es nicht.
Inhalte der Redner sind von einer erheblichen Brisanz und Eindringlichkeit. Und obwohl die Stimmen am Mikrofon aus unterschiedlichen politischen Lagern stammen, finden sie doch einen roten Faden. Die Herausforderungen dieser Zeit verbindet sie.
Bürgermeister Wigant fordert einen „wehrhaften Staat“
Dirk Wigant, als CDU-Mann und Unnaer Bürgermeister vielleicht nicht die klassische Besetzung für die Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, setzte den Ton mit einem flammenden Appell für die Verteidigung von Demokratie und Freiheit. Anlässlich des nahenden Jahrestages für 75 Jahre Grundgesetz, vor allem aber angesichts der Bedrohungen von außen und im Innern rief er dazu auf, die freiheitlich-rechtsstaatliche Grundordnung in Deutschland zu verteidigen.

Allein die Maikundgebung, an dem die Menschen die Versammlungsfreiheit ausüben und frei ihre Meinung äußern können, sei nur möglich durch Grundrechte, die man sich in Deutschland erst habe erkämpfen müssen. Die Herausforderungen der aktuellen Zeit zeigten, dass sie weiterhin verteidigt werden müssen. Solidarität, Freiheit und die Möglichkeit zu einer individuellen Lebensführung seien nicht möglich, wenn es keinen Frieden gebe, so Wigant weiter. Der Friede aber erfordere einen „wehrhaften Staat“ – wehrhaft „gegen Invasoren wie Wladimir Putin“, aber auch gegen Feinde im Inneren, die mit Stimmungsmache und Desinformation die Verhältnisse angreifen.
Auch Wohlstand und Zufriedenheit helfen gegen die AfD
Björn Wißuwa, Regionalleiter der IG Bau und gewerkschaftsseitig der Hauptredner des Tages, griff Wigants Warnungen auf und verband sie mit den Positionen der Gewerkschaften. Namentlich nannte er die AfD als größte Bedrohung für die politische Grundordnung in Deutschland. „Die AfD ist keine Alternative, es sind Brandstifter“, so Wißuwa. Sie stehe für „unverhohlenen Rassismus, widerliche Hetze und Angriffe auf die Pressefreiheit“; ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Pläne stünden aber auch im Widerspruch zu den Interessen der breiten Bevölkerung.

Wo Wigant den „wehrhaften Staat“ als Gegenmittel beschrieben hat, ergänzte Wißuwa eine gerechte Wohlstandsverteilung und soziale Absicherung. „Studien belegen, dass die Anfälligkeit für Rechtspopulismus sinkt, wenn Menschen sich sicher und zufrieden fühlen“, so der Gewerkschafter. In dieser Hinsicht gebe es viel zu tun: Die guten Tarifabschlüsse der Gewerkschaften würden immer öfter durch Tarifflucht umgangen, Wohnungsnot treffe inzwischen auch Berufstätige, die Debatte um die Zukunft der Rente schaffe Verunsicherung. „Früher hatten die Menschen Angst vorm Tod, heute vorm Altwerden“, so Wißuwa.