Künstlerin Rebecca Horn ist tot Von ihr ist die magische Maschine im Lichtkunstmuseum Unna

Mit Rebecca Horn zog die Weltklasse ins Lichtkunstzentrum ein
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In der Mitte eines riesigen Kellergewölbes in Unna liegt ein Gewirr aus verschlungenen Metallrohren und Trichtern auf dem Boden. Spiegel in den Trichteröffnungen spiegeln das vorhandene Licht. Der Raum ist von sphärischen Klängen erfüllt, Schatten bewegen sich an den Wänden.

„Lotusschatten“ heißt das sonderbare Gebilde aus Kupfer, Glas, Stahl und Licht – und jede Besucherin und jeder Besucher des Lichtkunstzentrums in Unna ist wohl schon einmal in die geheimnisvolle Atmosphäre des Raums mit dem „Lotusschatten“ eingetaucht. Dessen Schöpferin Rebecca Horn, eine der international einflussreichsten deutschen Künstlerinnen der Gegenwart, ist jetzt im Alter von 80 Jahren gestorben.

Das von Rebecca Horn eigens für den Raum in Unna geschaffene Kunstwerk steht seit 2006 in den Gewölben der Lindenbrauerei mit dem Zentrum für Internationale Lichtkunst. Die Künstlerin kam damals persönlich zur Eröffnung, und mit dabei war Hayden Chisholm, der das Klangwerk für den Ausstellungsraum komponiert hatte. Der Hellweger Anzeiger schrieb damals: „Kupferne Blüten gießen klingendes Licht ins Dunkel“.

International renommiert und vielfach ausgezeichnet, galt die mehrfache documenta-Teilnehmerin Horn als eine der vielseitigsten und kreativsten Künstlerinnen Deutschlands.

Ihre Unnaer Schöpfung ist eine komplexe mechanische Apparatur (was sich später auch durch eine Anfälligkeit für mechanische Defekte zeigte). „Wie eine riesige Pflanze wächst sie weit in den Raum hinein, erzeugt dabei eine magische, poetische Atmosphäre aus Bewegung, Klang und Lichtreflexion“, hieß es zur Ausstellungseröffnung.

Abgeschottet von der Außenwelt installierte die damalige Berliner Kunstprofessorin ihr Unnaer Objekt. Auf einem ein mal drei Meter großen Podest, das für den Schlammgrund einer Unterwasserpflanze stehen soll, schlängeln sich 18 Kupferrohre. Sie enden in Trichtern mit Lampen oder Spiegeln, die durch leichte Drehungen die Schatten wandern lassen.

Die Assoziation zu Wasser und Wasserpflanzen hatte Horn spontan, als sie das erste Mal in die zehn Meter tiefen Bauereikeller kam. „Das Werk konnte nur in diesem Raum entstehen, man kann es an keinem anderen Ort zeigen“, sagte die Künstlerin damals.

In der Provinz der Hauptstadt voraus

Unnaer Kulturschaffende erhofften sich durch die Künstlerin von Weltklasse und ihr 200.000-Euro-Objekt mehr Geltung für das damals in Unna oft belächelte Lichtkunstzentrum. Mit einem Zugpferd wie Horn, die in New York, Paris und Berlin gearbeitet hatte, könne das Museum dem bisher in der Praxis kaum erfüllten Anspruch, „international“ zu sein, endlich näher kommen, so der damalige Kulturausschussvorsitzende Michael Hoffmann. Und Hans-Joachim Claussen vom Trägerverein schwärmte: „Mit Rebecca Horn ist die Provinz sogar der Hauptstadt voraus.“

Kunstwerk im Lichtkunstzentrum mit Lichtern und Metall.
Wer den sich bewegenden „Lotusschatten" an den Wänden des Brauereikellers folgt und dabei den sphärischen Klängen lauscht, soll jegliche Hektik vergessen, wünschte sich Lichtkünstlerin Rebecca Horn bei der Ausstellungseröffnung 2006. © Roman Grzelak

Die gebürtige Michelstädterin wurde berühmt mit magischen Kunstmaschinen, bei denen sie Objekte wie Koffer, Geigen oder Röhren in geheimnisvolle Bewegung versetzte. Zu den bekanntesten Arbeiten gehört der „Schildkrötenseufzerbaum“, aus dessen Schalltrichtern klagende Töne in vielen Sprachen dringen. Fast so wie beim „Lotusschatten“.

Rebecca Horn starb am Freitagabend im südhessischen Bad König im Alter von 80 Jahren.

Mit Material von dpa