Die Reaktion der politischen Mitbewerber auf die Bildung der Weber-Tetzner-Fraktion lässt nicht lange auf sich warten. Es gibt Kritik am „Fraktions-Hopping“ und Zweifel an Tetzners Wohnsitz.

Unna

, 14.10.2020, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

„Die Linke. Überparteilich“ nennt sich die jüngste Fraktion im künftigen Unnaer Stadtrat, zu der sich Petra Weber, amtierende Linken-Fraktionsvorsitzende, und der fraktionslose Ratsherr Christoph Tetzner zusammengeschlossen haben. Politische Mitbewerber üben nun Kritik an dem neuen Bündnis, insbesondere an Tetzner.

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Der aktuelle und künftige FLU-Fraktionsvorsitzende Klaus Göldner - bis 2013 Fraktionsvorsitzender der CDU - kritisiert „öffentlich dokumentiertes ,Fraktions-Hopping‘ einzelner Ratsmitglieder über die gesamte Breite des politischen Meinungsspektrums“. Noch vor der Konstituierung des neuen Rates sei dies ein „Schlag ins Gesicht der Wähler“.

Christoph Tetzner, der 2014 über die Liste der Piratenpartei in den Stadtrat eingezogen war, ist fraktionslos und hatte den Verein „Wir für Unna“ (WfU) mitgegründet. Kurz nachdem WfU bei der Wahl am 13. September ausreichend Stimmen für vier Sitze bekommen hatte, erklärte Tetzner seinen Austritt aus dem Verein.

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„Wer durch die gesamte Parteienlandschaft und durch höchst unterschiedliche politische Ansichten umher vagabundiert, erweckt den Eindruck, dieses nicht zum Wohle der Stadt, sondern zum eigenen Wohl zu tun“, schreibt Göldner. Seines Erachtens ist der Name „Die Linke. Überparteilich“ für eine Fraktion nicht zulässig. Offenbar ist es allerdings so, dass eine Fraktion ihren Namen frei wählen darf, sofern sie keine Urheberrechte verletzt.

Ein zulässiger Zusammenschluss?

Göldner zweifelt außerdem die Zulässigkeit der Fraktion selbst an. Fraktionen seien Zusammenschlüsse von gewählten Vertretern, die gemeinsam politische Ziele erreichen wollen. Linke und Überparteilichkeit passten nicht in einer Fraktion zusammen. Der Zusammenschluss, so Göldner, diene „ausschließlich der rechtlichen und finanziellen Besserstellung sowohl der ,Linken‘ als auch des ,überparteilichen‘ Tetzners“. Göldner sieht das Recht zur Fraktionsbildung missbraucht.

Große Schnittmengen, besonders im Sozialen

Die Linken-Fraktionsvorsitzende Petra Weber entgegnet, Tetzner sei in der Vergangenheit mit ihren Anträgen und Anfragen d‘accord gewesen. Es hätten sich große Schnittmengen besonders im sozialen Bereich gezeigt. Nach langen Gesprächen in der Gesamtfraktion sowie mit Tetzner sei man „übereingekommen, dass wir unsere politische Arbeit auch in den Ausschüssen fortführen wollen“, so Weber. Würde sie die Linke als Ratsmitglied im Stadtrat allein vertreten, wäre dies nicht möglich. Die Zusammenarbeit sei eine Chance, „unsere sozial orientierte Politik fortzuführen“.

Einer Stellungnahme fügte Weber ihr Schreiben an den Bürgermeister bei, mit dem die Fraktionsbildung mit Tetzner angezeigt wurde. In der Begründung werden die Themenbereiche aufgelistet, in denen es grundsätzliche politische Übereinstimmungen gebe. Dazu zählen Klima- und Umweltschutz, bezahlbarer Wohnraum, Verbesserung des ÖPNV, eine antifaschistische Grundeinstellung sowie Übereinstimmungen unter anderem in der Schul-, Bildungs-, Familien- und Sozialpolitik, bei Kultur und Sport, der Jugendhilfe und der Umweltpolitik.

Linke: Geht nicht um Geld, sondern um politische Arbeit

Auch dem von der FLU geäußerten Vorwurf der Bereicherung tritt Weber entgegen. „Wir haben in all den Jahren unserer Fraktionsarbeit Geld an die Stadt zurückgezahlt.“ Im vergangenen Jahr seien 11.436 Euro an die Stadt zurückgeflossen, im Jahr davor seien es mehr als 9000 Euro gewesen. Weber: „Es geht hier also nicht um Geld sondern um die politische Arbeit, die wir oftmals gegen den Mainstream vertreten.“

Rathaus muss mehrere Vorwürfe prüfen

FLU-Chef Göldner will im Rathaus prüfen lassen, ob die Fraktionsbildung von Tetzner und Weber zulässig ist. Mit demselben Schreiben verlangt er die Prüfung der Umstände und Dokumente zur Wahlteilnahme der Freien Wähler. Wie berichtet war den Freien Wählern Wahlbetrug vorgeworfen worden, was diese aber zurückweisen.

Die Stadtverwaltung teilte unserer Redaktion zu beiden Themen mit, sie werde die Vorwürfe prüfen. Dasselbe gilt für die Frage, wo Christoph Tetzner seinen Wohnsitz hat. Diese wirft aktuell sein früherer Verein „Wir für Unna“ auf.

„Zweifel“ an Tetzner-Wohnsitz

Es gebe Zweifel, ob sich sein Hauptwohnsitz überhaupt in Unna befinde, heißt es in einem Schreiben von WfU an das Rathaus, das unserer Redaktion vorliegt. Wir für Unna verweist auf einen längeren Aufenthalt Tetzners in Griechenland, und mit einer Ummeldung seiner Anschrift in Unna kämen Zweifel an seinem Hauptwohnsitz auf. Diesen aber müsse ein Mandatsträger in dem Ort haben, in dem er gewählt wurde, so WfU. Das Ziel ist klar: Würde Tetzner gezwungen, seinen Sitz im Rat abzutreten, könnte WfU diesen mit einer vierten Kraft besetzen, anstatt nur als Dreierfraktion aufzutreten.

Tetzner indes sieht sich rechtlich auf der sicheren Seite. Er bestätigte unserer Redaktion einen Umzug innerhalb Unnas aus persönlichen Gründen. Die Anmeldung an seiner neuen Adresse sei offiziell noch nicht erfolgt, da aufgrund von Corona ein Termin im Rathaus erst Ende des Monats möglich sei. Er bekomme allerdings schon seit geraumer Zeit Post an seine neue Unnaer Adresse, unter anderem aus dem Rathaus.