Wenn in einem Kinosaal Popcorn durch die Luft fliegt, ist das oft kein gutes Zeichen. Doch genau das passiert derzeit weltweit – auch im Kinorama in Unna. Aber nicht, weil das Publikum den Film schlecht findet. Ganz im Gegenteil. Millionen Menschen feiern die Verfilmung des beliebten Computerspiels „Minecraft“ in den Kinos.
Doch ein Trend auf der Social-Media-Plattform TikTok lässt insbesondere Jugendliche bei einer bestimmten Szene komplett ausrasten. Nur zwei Wörter im Film reichen, damit die das junge Publikum sein Popcorn, ihre Nachos und Getränke, zum Ärger vieler Kinobetreiber, durch die Luft schmeißen. Auch in Unna sorgt der TikTok-Hype rund um den neuen „Minecraft“-Film für Probleme – wenn auch in etwas abgeschwächter Form.
Verdreckter Saal und respektloses Verhalten
Nur das Stichwort „Minecraft“ reicht und Guido Rottstegge, Inhaber des Kinorama in Unna, fängt an zu seufzen. „Eine Stunde und acht Minuten“ dauert es, bis die kritische Szene über die Leinwand flimmert. Das wissen er und seine Mitarbeiter auf die Minute genau.
Ein eigentlich familienfreundlicher Film entwickelt sich immer häufiger zu einer lautstarken Massenperformance. Jugendliche werfen Snacks durch den Saal, schreien und stören damit gezielt den Ablauf der Vorstellung.
@salesmenpod This whole night was surreal and one of the most unforgettable movie experiences I’ve ever had. . . #minecraft #movie #minecraftmovie #chicken #jockey #chickenjockey #fyp #viral #reaction #funny #meme #moviereview #featureme #clips #comedy #video #videogames #games #game ♬ original sound - Salesmen: After Hours
Hintergrund des Verhaltens ist ein Trend auf TikTok. Dort verbreiten sich Videos, in denen eine bestimmte „Minecraft“-Szene regelmäßig zu kollektiven Ausrastern führt: Ein Babyzombie reitet auf einem Huhn, während Hauptdarsteller Jason Momoa gegen ein Geflügel-Zombie-Duo kämpft. In dieser Situation ruft Darsteller Jack Black: „Chicken Jockey!“. Das reicht, um zu tobenden Kinosälen zu führen.
„Man sieht auf TikTok die wildesten Videos. Viele denken, das müssten sie hier nachmachen“, sagt Kinorama-Betreiber Guido Rottstegge. In den USA wurden bereits lebende Hühner mitgebracht und ganze Vorstellungen von der Polizei unterbrochen. Ganz so schlimm scheint es in Unna aber noch nicht zu sein. „Hühner haben sie hier noch nicht hereingetragen“, sagt Rottstegge und kann noch lachen.

Ganz spurlos bleibt der Trend jedoch auch hier nicht. „Der Saal ist verdreckter als sonst, und wir mussten auch schon wegen lautem, respektlosem Verhalten eingreifen“, berichtet der Kino-Inhaber.
Auch Marie-Luise Regener, Theaterleiterin im Kinorama, merkt die Auswirkungen des Trends, besonders bei abendlichen Vorstellungen. Seit dem Minecraft-Film habe sie sich auch einen TikTok-Account erstellt und sogar schon ein Video aus dem Unnaer Saal gefunden.
Erste Maßnahmen im Kinorama
Um gegenzusteuern, hat das Team bereits Maßnahmen ergriffen. „Während der Szene sind wir mit unserem Personal im Saal präsent. Dann hält sich auch alles in Grenzen“, erklärt Guido Rottstegge. Meist stehe dann ein Mitarbeiter an der Eingangstür. Zusätzlich würden beim Ticketabriss die Besucher darauf hingewiesen, dass solch ein Verhalten nicht geduldet wird.
Noch hält sich der zusätzliche Aufwand für das Kinorama in Grenzen. Meist dauere die Reinigung keine 15 Minuten länger, aber der Mehraufwand sei spürbar. „Wir brauchen mehr Personal und, insbesondere zwischen Vorstellungen, mehr Zeit zum Aufräumen“, so Guido Rottstegge.
Sollte die Lage eskalieren, schließt er auch drastischere Maßnahmen nicht aus. In Amerika dürfen Jugendliche beispielsweise den Film teilweise nur noch in Begleitung der Eltern sehen. „So weit sind wir hier noch nicht – aber die Überlegung gab es schon. Im schlimmsten Fall kann es sein, dass wir den Film ganz absetzen“, erzählt der Kinorama-Betreiber.
Ganz neu ist das Phänomen nicht. Bereits beim Horrorfilm Smile oder einem Teil des Mehrteilers Creed kam es schon zu ähnlichen Vorfällen. Letzterer sorgte auch wegen eines TikTok-Trends für verwüstete Kinosäle.