Kultur auf dem Prüfstand Wie viel Strom verbraucht Unnas Lichtkunst?

Von Claudia Lohmann
Kultur auf dem Prüfstand: Wie viel Energie verbraucht Unnas Lichtkunst?
Lesezeit

Energiesparen ist angesichts des Ukraine-Kriegs und der schwindenden Ressourcen das höchste Gebot. Zu spüren ist es an vielen Ecken: Die Heizung bleibt aus, das Licht wird eher ausgeschaltet und die Menschen werden angehalten, kürzer und weniger zu duschen. Auch Reinhard Flögel spart, wo er kann. In seinem Modegeschäft in Unna-Massen leuchten die Lampen zum Beispiel deutlich weniger, um Energie einzusparen.

Während Händler und auch Privathaushalte besorgt auf ihre Stromrechnungen schauen, leuchten an anderer Stelle viele Lämpchen hell auf: Das Internationale Lichtkunstzentrum lebt von Licht. Lichtkunstwerke sind es, die die Besucher des Museums erfreuen sollen. Demnächst, am 4. November, wird eine neue Ausstellung eröffnet, die mit besonders großen Lichtkunstwerken beeindrucken soll.

Für Reinhard Flögel passt das nicht in eine Zeit, in der Energiesparen angesagt ist: „Wie viel Strom verbraucht Lichtkunst?“ will er deshalb wissen. Und wirft in den Raum, ob das Geld, das in die Lichtkunst fließt, nicht an anderer Stelle besser investiert wäre – zum Beispiel in Kinderspielplätze. „Das steht doch in keinem Verhältnis zueinander.“

Lichtkunstzentrum verbraucht 50-mal weniger als andere Museen

Wie viel Strom Lichtkunst in Unna verbraucht, weiß John Jaspers, der Direktor des Internationalen Lichtkunstzentrums. Reinhard Flögel ist nicht der erste Unnaer, der skeptisch auf die Lichtkunst blickt. Jaspers hat es in jüngster Zeit häufiger mit kritischen Fragen zu tun.

Der Lichtkunstdirektor findet das schade und gibt die Kritik weiter: Warum an der Kultur sparen, die den Menschen Freude bereite, wenn hier und da Parkplätze und Industrie hell beleuchtet werden?

Kultur ist in seinen Augen wichtig. Und viel Strom verbrauche sein Museum nicht. Dank LED-Beleuchtung und Bewegungsmeldern verbrauche das Lichtkunstmuseum vergleichsweise wenig Energie und das neue Lichtkunstwerk vor dem Eingang des ZIB wird künftig dank Solarpanels gar keine verbrauchen. Aber Flögel hat recht, denn freilich entstehen Kosten: „Natürlich gibt es keine Lichtkunst ohne Strom“, so Jaspers.

Doch von wie viel Strom sprechen wir denn nun? Kosten können an dieser Stelle schwer genannt werden, weil diese aktuell sehr dynamisch sind. Da geht es dem Lichtkunstmuseum, das wie jeder andere Haushalt seine Stromrechnung bezahlen muss, nicht anders. Ein Anhaltspunkt können aber die Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr sein: „Wir verbrauchen etwas über acht Kilowattstunden“, erklärt Jaspers auf Nachfrage.

Dass das nicht viel ist, zeigten laut Jaspers die Forschungen von Stefan Simon. Dr. Stefan Simon ist Konservierungswissenschaftler und auf den Museumssektor spezialisiert. Er kritisiert, dass moderne Bauten oft schlecht beim Energieverbrauch abschneiden (Quelle: Deutschlandfunkkultur.de).

Laut Simon verbrauche das dänische Nationalmuseum mit acht Kilowattstunden pro Quadratmetern 50-mal weniger Energie als durchschnittliche deutsche Museen, erklärt Jaspers. „Demnach verbrauchen auch wir durchschnittlich 50-mal weniger Strom als Museen in Deutschland.“

John Jaspers, Direktor des Internationalen Lichtkunstzentrums in Unna
John Jaspers ist der Direktor des Internationalen Lichtkunstzentrums in Unna und spürt aktuell, dass viele angesichts drohender Energie-Knappheit argwöhnisch auf die Kultur blicken. Das findet er schade: „Lichtkunst macht die Menschen froh.“ © Claudia Lohmann

Haus Opherdicke rüstet auch auf LED um

Wie viel Strom die Lichtkunst im Vergleich zu anderen Kunstaustellungen verbraucht, kann auch das Kunstmuseum Wolfsburg einschätzen, welches sowohl klassische Kunst führt und jüngst auch Lichtkunst ausstellte. Auf Nachfrage der Redaktion erklärt Pressesprecherin Jannikhe Möller, dass das Museum im Rahmen der Lichtkunstausstellung „Macht! Licht“ seinen Stromverbrauch reduziert hat, weil keine weitere Beleuchtung verwendet wurde.

„Der Stromverbrauch von Lichtkunst macht meist nur einen sehr kleinen Teil des Gesamtverbrauchs eines Museums aus“, erklärt sie. „Einsparungspotenzial liegt vielmehr bei der konsequenten Umrüstung der Ausstellungsbeleuchtungsmittel auf LED-Leuchten. So arbeitet das Kunstmuseum Wolfsburg daran, dies in nächster Zeit umzusetzen.

Einer der größten Faktoren für den Energieverbrauch von Kulturinstitutionen sei meistens die Klimatisierung von Kunst- und Kulturgütern, um diese möglichst unbeschadet und authentisch für die Nachwelt zu erhalten, so Möller aus Wolfsburg. „Hier wurden bundesweite Empfehlungen getroffen, um den ökologischen Fußabdruck von Kulturinstitutionen zu verbessern.“ Etwa der Einsatz von Photovoltaik-Anlagen auf ungenutzten Dachflächen, was ja auch für das ZIB vorgesehen ist.

Und auch im Haus Opherdicke des Kreises Unna, wo regelmäßig Ausstellungen stattfinden, verbraucht Licht den geringsten Anteil der Energie, wie der Kreis auf Nachfrage erklärt. Auch hier werde aktuell auf LED umgerüstet. Einen genauen Verbrauch der Ausstellungskosten konnte der Kreis nicht nennen, weil es nur einen gemeinsamen Zähler gibt und in den Räumen noch mehr passiert.

Das Lichtkunstzentrum gibt also weniger Geld aus als andere Museen. Doch so niedrig die Kosten im Vergleich zu anderen Ausstellungen auch sind, behält Flögel am Ende des Tages freilich recht: Es sind mehr Kosten, als ganz darauf zu verzichten. Einsparpotenzial gibt es also schon – wie überall, wo Strom fließt.

Giny Vos in Unna
Das neuste Lichtkunstwerk in Unna, ein Kubus mit Tausenden Lämpchen von der Niederländerin Giny Vos, strahlt zwar hell, verbraucht dank Solartechnik künftig aber keinen Strom. © Claudia Lohmann

Wie viel kostes das Lichtkunstmuseum die Unnaer?

Was Flögel in dem Zuge auch interessiert, ist die Frage, woher das Geld für die Lichtkunst in Unna genau kommt und wie viel die Unnaer Bürger dafür zahlen: „Der Zuschuss der Stadt Unna würde vielleicht reichen, um zwei Monate zu öffnen“, erklärt Jaspers. Das Museum halte sich durch den Ticketverkauf, den Verkauf von Katalogen und Vermietungen über Wasser, so der Museumsdirektor. Förderungen von Land und Co. gebe es nur für Wechselausstellungen. „Wir müssen jeden Euro beweisen. Ohne die Zuschüsse könnten wir keine Wechselausstellungen machen“, sagt der Museumsdirektor.

Der zuständige Beigeordnete im Rathaus, Sandro Wiggerich, erklärt, warum man die Frage, wie viel die Unnaer Bürger über Steuern für Lichtkunst zahlen, nicht genau beantworten kann. Grund ist das Gesamtdeckungsprinzip des Haushalts: Vereinfacht gesagt landen Grund- und Gewerbesteuern, Landeszuschüsse und Co. in einem Topf und werden dann zugewiesen – ausgenommen seien Einzelmaßnahmen, zu denen die Museumsfinanzierung aber nicht gehöre.

Das Museum bekomme jährlich rund 120.000 Euro. „Das wären bei 60.000 Einwohnern zwei Euro pro Bürger. Im Vergleich zu anderen Ausgaben ist das nicht viel“, so Wiggerich. Im Vergleich zu anderen Museen dieser Art sei das eine Sparversion, so der Beigeordnete.

Einige der Kunstwerke gehörten auch der Stadt und sind somit Anlagegüter, erklärt Wiggerich. Und das Museum bringe der Stadt auch etwas. „Wir ziehen damit Menschen nach Unna, die sonst vielleicht nicht kommen würden.“ Dieser Vorteil durch die Investition in Lichtkunst sei zwar nicht bezifferbar, schlage sich aber positiv nieder.

Flögel und andere Unnaer, die die Notwendigkeit einer Lichtkunstausstellung in diesen Zeiten hinterfragen, dürften nun eine Vorstellung davon haben, wie viel Lichtkunst in Unna kostet. Ob sie das wert ist, das ist wohl Ansichtssache.