Leines, Tom und Christoph (von links) nehmen am 15. Mai zum ersten Mal bei einer Landtagswahl teil. Ihre Ansprüche an Kandidaten und Politik sind hoch.

Leines, Tom und Christoph (von links) nehmen am 15. Mai zum ersten Mal bei einer Landtagswahl teil. Ihre Ansprüche an Kandidaten und Politik sind hoch. © Zienau

Erstwähler in Unna: „Wollen Politiker 18-Jährige mit einem Luftballon begeistern?“

dzLandtagswahl 2022

Junge Menschen interessieren sich nicht für Politik? Von wegen! Am 15. Mai machen viele Erstwähler ihr Kreuz bei der Landtagswahl und haben klare Vorstellungen und Forderungen an die Politik.

Unna

, 08.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das erste Mal bei einer großen Wahl abzustimmen, kann aufregend, aber auch einschüchternd sein. Im Gespräch erzählen junge Wähler von der Werner-von-Siemens-Gesamtschule von ihren Erfahrungen, Wünschen an die Politik und Verbesserungsvorschläge an die Kandidaten.

Der Wahlkampf:

Christoph: Ich würde mir wünschen, dass sich die Parteien mehr auf die Jugend konzentrieren. Es sind Erstwähler, die zu treuen Wählern werden können, wenn sie sich mit einem Kandidaten oder Programm identifizieren können. Außerdem braucht es konkrete Eckdaten bei den Wahlversprechen. Politiker könnten sich wenigstens deutliche Ziele setzen, um zu zeigen, dass an der Umsetzung wirklich gearbeitet wird.

Leines: Ich würde mir wünschen, dass Kandidaten mal in die Schulen kommen und mit denen sprechen, die bald wählen dürfen. Dass sich die Kandidaten vorstellen und man gemeinsam diskutiert. Das wäre deutlich interessanter und sympathischer, als sich auf einen Marktplatz zu stellen und jedem Hans und Franz ein Geschenk in die Hand zu drücken. Das macht jeder, ist für mich aber Quatsch! Wollen die 18-Jährige mit einem Luftballon begeistern?

Kauthar: Ich würde mir mehr Ehrlichkeit wünschen. Im Wahlkampf werden nur die schönen Seiten präsentiert. Mir ist es wichtig, dass die Kandidaten und Parteien zeigen, dass sie Ecken und Kanten haben.

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Die Kandidaten:

Leinus: Mir ist wichtig zu erfahren, wer die Person überhaupt ist. Wie ist ihr Charakter? Was macht diese Person aus? Anschließend kann man die politischen Schwerpunkte auf Augenhöhe besprechen.

Tom: Kandidaten müssen für mich klare Lösungswege für Probleme formulieren, damit der Weg deutlich wird, den sie dann vorhaben zu gehen. Ich wünsche mir konkrete Pläne!

Kauthar: Der Charakter der Kandidaten bildet die Basis für meine Wahlentscheidung. Warum handeln und entscheiden sie so, wie sie es tun? Und besonders wichtig: Was haben sie aus der Corona-Pandemie gelernt? Was wird sich ändern, falls eine neue Pandemie kommt? Mich interessiert, ob sie auf uns und unsere Erfahrungen hören.

Dass die Kandidaten einer Wahl mit Schülern ins Gespräch kommen, wie hier am Clara-Schumann-Gymnasium in Holzwickede, ist ein Wunsch vieler Erstwähler.

Dass die Kandidaten einer Wahl mit Schülern ins Gespräch kommen, wie hier am Clara-Schumann-Gymnasium in Holzwickede, ist ein Wunsch vieler Erstwähler. © Archiv

Die Wahlprogramme:

Leines: Wahlprogramme sind häufig länger als zehn Seiten. Es wäre cooler, wenn diese Programme auch für jüngere Menschen aufbereitet werden würden, als Powerpoint-Präsentation zum Beispiel, um eine andere Vorstellung vom Programm zu bekommen. Die Fünftklässler, die sich für Politik und die Wahlen interessieren, die werden so einen langen Text nicht lesen. Das komplette Wahlprogramm der Parteien durcharbeiten, das kann man vielleicht im Sowi-LK machen, aber auch dann wäre niemand begeistert.

Tom ist auch angetan von der Idee, dem trockenen Wahlprogramm ein neues Gewand zu geben. „Aufgeteilt in fünfminütige Videos nach Themenbereichen. Durch diese Videos könnten auch Jüngere wirklich verstehen, was die Partei erreichen will.“

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Soziale Medien:

Leines: „Im Vergleich zu den vorherigen Jahren ist die Medienpräsenz abgesackt. Auf Social Media habe ich in diesem Wahlkampf kaum etwas gesehen. Nur auf Tiktok ist es ein bisschen mehr geworden, aber auf Instagram haben sie echt nachgelassen. Das finde ich schade. Sie müssen schließlich Werbung für sich machen, wenn sie wollen, dass wir sie wählen.“

Kauthar: „Social Media wird immer wichtiger, schon aus dem Grund, dass wir alle in den Sozialen Medien sind. Ich wünsche mir dort aber mehr Möglichkeiten mich zu beteiligen. Inzwischen kann man auf Instagram oder Tiktok problemlos Umfragen erstellen, wo jeder einfach abstimmen kann. Das würde gerade jungen Menschen zeigen, dass ihre Meinung relevant ist und sie Einfluss auf die Welt nehmen können.“

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Politisches Engagement:

Alessandra engagiert sich in der Schülerorganisation einer Partei, hat dort aber nicht nur gute Erfahrungen gemacht. „Es sind sehr viele sehr junge Leute dabei, die so denken wie wir. Trotzdem werden meist die alten Wege von älteren Vorsitzenden eingeschlagen. Man muss um Innovation kämpfen.“

Leines: „Das ist genau das, was ich schade finde. Die Parteien wollen, dass wir uns einsetzen, sie wollen, dass wir uns beteiligen, aber dann geben sie uns nicht die Chance, etwas anders zu machen, weil die Älteren autoritär den Weg vorgeben. Warum? Lasst uns doch auch mal etwas versuchen. Wenn es scheitert, kann man immer noch auf den bekannten Weg zurückkehren.“

Christoph: „Wir sind am Zahn der Zeit und wissen, welche Probleme es gibt. Deswegen ist es sinnvoll, dass junge Leute in die Politik gehen. Sie können unsere Interessen deutlich besser vertreten, weil sie unsere Probleme kennen.“