Der „Dorffunk“ in Lünern hat sensible Empfänger. In einem sehr frühen Stadium des Vorhabens erlangt er nun Kenntnis von einer Planung, die auf grundsätzliche Vorbehalte in dem Unnaer Stadtteil trifft. Viel ist noch nicht bekannt über die Idee einer Biogas-Anlage in der Nähe des Lünerner Friedhofs. Aber was man weiß oder zu wissen meint, wird bereits leidenschaftlich diskutiert im Dorf.
Charlotte Kunert, ehemals Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat, schlägt nun Alarm. Sie berichtet von Sorgen, die ihr von Einwohnern des Stadtteils vorgetragen würden, und nimmt diese zugleich in eine Liste von Argumenten gegen ein solches Projekt auf.
Lieferverkehr mit Lastwagen, Sorge vor einer Geruchswolke
Bis zu 4000 Lastwagen jährlich würde dem Vernehmen nach durch Lünern rollen, um Biomasse anzuliefern, bei der es sich hier wohl um Stallmist aus der Viehhaltung handele. Lünern würde unter dem zusätzlichen Verkehr, angesichts der Lage im Südwesten des Siedlungsgebietes aber vielleicht auch unter dem Geruchsausstoß der Anlage leiden.
Grundsätzlich weist Kunert auf die mögliche Klimabelastung durch austretendes Methangas, auf den CO2-Ausstoß des Anlieferverkehrs, auf denkbare Gefahren im Umgang mit brennbaren Gasen und auf eine mögliche indirekte Förderung der Massentierhaltung hin. Ortsvorsteher Werner Clodt (CDU) teilt zumindest die Sorgen, was Verkehr und Gerüche angeht: „Ich persönlich bin da total gegen“, kommentiert er auf Anfrage unserer Redaktion die Idee.

Sie scheint sich derzeit noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium zu befinden. Hinter dem Projekt steht eine Gruppe von Landwirten aus unterschiedlichen Städten im Umfeld, die allesamt ein Problem haben: Sie betreiben Viehhaltung, in der sogenannter Festmist anfällt, und stehen nun vor der Herausforderung, auf ihren Grundstücken Lagerflächen dafür herzurichten, die die neusten Umweltauflagen erfüllen.
Konkret bedeutet dies den Bau einer Mistplatte, die die Versickerung von Substanzen in Erdreich und Grundwasser verhindert. Der Bau einer solchen Bodenabdichtung könne schnell sechsstellige Beträge verlangen, für die es danach keine Rendite gibt.

Für Lünern spricht die Anbindung ans Straßen- und Gasnetz
Daraus entstand die Idee eines Schulterschlusses. Die Landwirte wollen ihren Stallmist buchstäblich auf einen Haufen werfen und dann noch etwas Sinnvolles damit bewirken. Bei der Zersetzung von Biomasse wird Methangas freigesetzt, das aufgefangen, aufbereitet und zur Energieversorgung ins Netz eingespeist werden könnte.
Letzteres erklärt auch, warum gerade die Fläche im Eck von Nordlünerner Straße und Mühlhauser Berg potenziell infrage kommt: Sie gehört einem der kooperierenden Landwirte und liegt nah an einer Leitung der Stadtwerke Unna.
Stadtwerke Unna als Partner im Gespräch
Dessen Geschäftsführer Jürgen Schäpermeier bestätigt, dass der Unnaer Lokalversorger als potenzieller Partner im Gespräch mit dem Konsortium der Landwirte ist. Grundsätzlich sei die Idee prüfenswert, da auch Unna Vorgaben der Energiewende zu erfüllen hat und eine eigene Biogasanlage im Netzgebiet vielleicht bis zu zehn Prozent des Gasbedarfs abdecken könne.

Und doch dämpft Schäpermeier gleichzeitig die Erwartungen der Landwirte und die Befürchtungen der Anwohner. „Diese Anlage wird sicher nicht morgen gebaut und es ist auch nicht klar, ob sie überhaupt gebaut wird“, sagt er. Grund dafür seien die Marktgegebenheiten. Herstellung und Aufbereitung von Biogas in einer Anlage wie dieser bringe ein Produkt, das deutlich teurer ist als das am Markt eingekaufte. Natürlich könnten sich Marktgegebenheiten verändern. Aktuell aber gelte: „Selbst wenn wir heute schon alle Genehmigungen hätte, würden wir die Anlage nicht bauen“, so Schäpermeier.
Auch die Flächeneigentümer sehen noch viele Fragen, die es zu klären gibt. Und sie versprechen: Sollte die Idee konkreter werden, suchen sie auch das Gespräch mit der Bevölkerung.