Papier ist etwas vollkommen Alltägliches. Bei näherer Betrachtung nimmt die Funktionalität, die sich in sämtlichen Lebensbereichen zeigt, eine ungeheure Tiefe und Vielschichtigkeit an. Aus diesem Grund hat das Hellweg-Museum Unna aus seinem Sammlungsbestand die Ausstellung „Auf Papier – aus Papier“ erstellt, die am Sonntag, 20. November, um 14 Uhr eröffnet wird.
Kathrin Göttker ist die Kuratorin der Ausstellung und berichtet, dass ihr die Idee bei einer Lektüre zur Kulturgeschichte des Papiers kam. „Sie führte vor Augen, welche Bedeutung das vordergründig unscheinbare Material Papier für die Entwicklung unserer Gesellschaft besaß und noch immer besitzt“, so Göttker. Von der Organisation des Zusammenlebens, der Kommunikation, der Wissensvermittlung, der Kreativität oder auch dem Konsum reicht das Spektrum des Papiers.
Schöne und finstere Seiten des Lebens

Da das Hellweg-Museum über einen größtenteils eingelagerten Sammlungsbestand verfügt, stand schnell der Wunsch im Raum, besondere Stücke der Öffentlichkeit vorzustellen. Nun bieten rund 150 Exponate einen breiten Einblick in die Möglichkeiten - quer durch die Jahrhunderte und immer wieder mit lokalem Bezug. „Natürlich geht es bei uns nicht um die Papierherstellung als solcher, sondern das Papier wird als das Medium gezeigt, welches das Gesellschaftsleben ermöglicht und dokumentiert“, sagt Museumsleiterin Dr. Beate Olmer.
Uralte historische Landkarten, historische Wappen, Holzschnitte und Kupferstiche sind dabei, aber auch erschütternde Zeugnisse des Lebens. So der Brief des Caspar Jantzen von Tillenburg, der an Aussatz (Lepra) erkrankt war und im Jahr 1693 flehentlich um die Aufnahme ins Unnaer Siechenhaus gebeten hat. Die schönen Seiten des Lebens hingegen zeigen einige Plakate, von einer farbenfrohen Bierwerbung bis zum Werbeplakat für eine Inszenierung von „Maria Stuart“. Sie wurde mit Maria Schell in der Hauptrolle im Pestalozzigymnasium aufgeführt.
Schönere Schminke als in Berlin

Zu den optischen Höhepunkten der Ausstellung zählen zwei bemalte Handfächer des Museumsbestandes, die mit Hilfe kommunaler Mittel und von Zuschüssen des LWL-Museumsamtes restauriert wurden. Fast unscheinbar macht sich dagegen die runde Papierdose aus, in der Stangenschminke verkauft wurde. „Ich hatte diese Schminke inventarisiert und war verblüfft, dass wir hier ein schöneres Exemplar haben als das Museum Europäischer Kulturen in Berlin“, sagt Dr. Tina Ebbing, die wie die Kuratorin beim Büro KulturWissenSchaffen arbeitet.
„Je mehr man sich mit den einzelnen Stücken beschäftigt, umso mehr Facetten treten hervor“, sagt Museumsleiterin Olmer. So wurde die Ausstellung in sechs Bereiche unterteilt, die mit Doppelbezeichnungen betitelt sind. Das sind „Dokumentieren und Beurkunden“, „Festhalten und Erinnern“, „Mitteilen und Ansprechen“, „Lehren und Lernen“, „Abbilden und Erzählen“, sowie „Gebrauchen und Ersetzen“. Neben Praktischem und Schönem zur Anschauung spiegeln die Exponate auch immer den (Un-)Geist der Zeiten wieder.
Umfassende Erklärungen

„Der Kolonialismus ist ebenso dabei wie die Nazi- oder Kriegszeit“, so die Museumsleiterin. Vom Arier-Nachweis über die lieblich daherkommenden Sammel-Alben bis zum Alliierten-Flugblatt wird alles aufgeboten. „Wenn man sich dann mit einem Exponat für die Ausstellung beschäftigt, kommen schnell weitere Fragen auf“, erklärt Ebbing. So seien die Flugblätter der Alliierten in der letzten Kriegsphase ja massenhaft abgeworfen worden. Trotzdem gebe es nur wenige Exemplare. „Da war die Lösung einfach: Wer sie gelesen hatte vernichtete sie, um nicht verfolgt zu werden“, so Olmer. Daher seien auch die erklärenden Texte etwas umfassender als gewöhnlich. Die Ausstellung wird von einem Begleitprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ergänzt.
Mehr Informationen gibt es im Internet: www.unna.de
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