Freibad Bornekamp
Die Freibadretterin der ersten Stunde kann gar nicht schwimmen
Vor genau 40 Jahren haben Unnaer ihr Freibad gerettet. Hartnäckig, mit guten Ideen und viel Arbeit betreibt der Bornekamp-Verein das Unnaer Bad bis heute. Wer dafür kämpft, muss keine Wasserratte sein.
Wiese? Wohnhäuser? Wenn es vor 40 Jahren nach dem Willen der Mächtigen im Unnaer Rathaus gegangen wäre, dann wäre jetzt sicher irgendetwas an der Bornekampstraße, neben der Katharinenschule. Aber ein Freibad gäbe es dort sicher nicht mehr. Doch es ging nach dem Willen der Bürger, die auf ihr Freibad nicht verzichten wollten. Eine von ihnen erinnert sich.
Darum geht es: Kinder haben Spaß im Wasser. Im Hintergrund ist die Mauer der Umkleiden zu sehen – bemalt von Künstler Wolfgang Buhre. © Archiv
„Handwaschbecken in den Toiletten, das war so ziemlich das erste, worum wir uns gekümmert haben“, sagt Gretel Ellamaa-Togno. Die heute 87-Jährige gehörte zu denen, die Anfang der 1980er-Jahre den Freibad Bornekamp e.V. gegründet und damit das Unnaer Freibad gerettet haben.
Erstmal Waschbecken, bitte
Die Toiletten in dem Bad, das zuvor in städtischer Regie betrieben worden war, hätten tatsächlich keine Waschbecken gehabt. Der Verein übernahm das Bad von der Stadt und habe kurz danach vom Ordnungsamt die Auflage bekommen, dass Handwaschbecken installiert werden mussten. „Die haben uns lauter Steine in den Weg geworfen“, erinnert sich Ellamaa-Togno. Als die Anordnung kam, hätte der Verein die Waschbecken aber längst besorgt gehabt.
Welche Sport- und Freizeitstätten kann und will eine Stadt sich leisten? Diese Frage wurde in der Hellwegstadt seinerzeit im Rathaus so beantwortet: Viel Geld wurde in den Ausbau des Freizeitbades in Massen gesteckt. Das kleine Freibad im Bornekamp, oft „Tümpel“ genannt, sollte aufgegeben werden. Im Mai 1981 berichtete der Hellweger Anzeiger schon, in das Bornekampbad werde nicht mehr investiert. Zum Saisonstart habe es noch nicht mal den nötigsten Anstrich gegeben.
Das alte Becken, wie es in den 1980er-Jahren war, wurde Schritt für Schritt renoviert. Seit etwa zehn Jahren hat es eine Edelstahlwanne. © Archiv
Kurz darauf war Schluss. Die Anlagen wurden demontiert. Doch es regte sich Protest, Unterschriften wurden gesammelt. „Massen war für die Unnaer Kinder keine Option“, erinnert sich Gretel Ellamaa-Togno.
Zum Schwimmen nach Massen?
Ihre eigenen Kinder waren zu dieser Zeit schon erwachsen, trotzdem gehörte ihre Familie zu den Gründern des neuen Trägervereins, der die Stadt letztlich überzeugte, ihm das Bornekampbad zu überlassen für eine symbolische D-Mark. Die 87-jährige Bornekamp-Veteranin erinnert an weitere Namen von Unnaern, die sich für die Rettung engagierten oder sie maßgeblich unterstützten: Dr. Bernhard Krieger, Elsbeth Großebüter, Gerhard Boreck, Margarethe Rockar sowie Will und Klaus Seifert. Der langjährige Chefredakteur des Hellweger Anzeigers machte das Bad zum Thema, sodass es nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit verschwinden konnte.
Immer wieder musste der Verein auch in den folgenden Jahren Überzeugungsarbeit leisten. Anfangs seien sie und ihre Mitstreiter ausgelacht worden. „Es hieß: ,Wir geben euch ein Jahr‘“, so Ellama-Togno. Heute muss sie schon schmunzeln. Das Freizeitbad in Massen ist bekanntlich längst verschwunden – aus Kostengründen stillgelegt und abgebrochen. Das Freibad Bornekamp hingegen ist noch da.
Viel Arbeit seit 40 Jahren
Es steckt viel Arbeit in dieser Anlage, unzählige ehrenamtlich geleistete Arbeitsstunden. Unnaer Vereine hätten damals die Wiederauferstehung des Bades mit unterstützt. Die erste Wandbemalung an der Mauer der Umkleiden stammte von Künstler Wolfgang Buhre. Das Becken wurde in mehreren Stufen saniert. Das erste habe noch aus „Lehm mit Farbe“ bestanden, so Ellamaa-Togno. Dann kamen Fliesen, vor zehn Jahren dann die heutige Edelstahlwanne. Auch die Stadt Unna investierte wieder ins Freibad.
Ministerpräsident Johannes Rau konnte wahrscheinlich gar nicht anders: Als er in Unna auf Freibadretterin Gretel Ellamaa-Togno traf, spendete er fürs „BBchen“.
Ein Wasserspielgerät ist toll für Kinder. Dieses stammt ursprünglich von einem Spielplatz und ist immer noch in Betrieb. © Archiv
„Wir haben überall geschnorrt“, sagt Ellamaa-Togno, die auch heute noch für ihre Hartnäckigkeit bekannt ist. „Ich war so dreist. Ich habe überall angerufen.“ Ein Sack Plastikbälle hier, ein paar Eimer neue Farbe dort, Wipptiere aus dem Rathausumfeld – oder die Wasserspielanlage: Dieses Überbleibsel von einem Spielplatz im Kastanienhof habe sie auch gesichert. Ein Teil davon ist heute am Kinderbecken immer noch im Einsatz. Charmantem Druck kann sich auch ein Landesvater nicht entziehen. Als Ministerpräsident Johannes Rau 1988 zur Eröffnung des neuen Unnaer Rathauses anreiste, luchste ihm Gretel eine Spende ab. Zwei Mark für einen guten Zweck habe er gern gegeben, erinnert sich die 87-Jährige. Nicht überliefert ist, wo der Landesvater den „BBchen“-Aufkleber hingeklebt hat, den er hier kaufte.
Gründungsmitglied kann nicht schwimmen
„Hier im Bornekamp hatten die Kinder aus der Stadtmitte den schönsten Freiraum“, sagt Gretel Ellamaa-Togno. Vor diesem Hintergrund ist der Bornekamp-Verein bis heute aktiv für den Erhalt des Bades und seine Weiterentwicklung – aktuell bekanntlich mit neuer Wärmetechnik. Ohne Menschen wie Gretel Ellamaa-Togno und die anderen Aktiven gäbe es das Unnaer Freibad wohl nicht mehr. Sie hätten hier gearbeitet für die Kinder aus Unna. „Ich war die Frau für alles“, erinnert sich die 87-Jährige. Und sie ergänzt: „Nass geworden bin ich hier aber noch nie. Ich kann überhaupt nicht schwimmen.“