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Wie gut stecken Schülerinnen und Schüler die Corona-Krise weg? Diese Frage beantwortet die Schulpsychologische Beratungsstelle für den Kreis Unna. Sie warnt vor größeren Problemen.
Angst vor Mobbing, Leistungs-Überforderung oder soziale Ängste – die Gründe, warum Schülerinnen und Schüler nicht mehr zur Schule gehen, können vielfältig sein. „Schulabsentismus“ nennen die Fachleute das Problem. Und das kommt – auch aufgrund der Corona-Pandemie – immer häufiger vor, wie die Schulpsychologische Beratungsstelle für den Kreis Unna jetzt festgestellt hat.
„Seit dem elfjährigen Bestehen der Schulpsychologischen Beratungsstelle nahm das Thema Schulabsentismus immer einen der Spitzenplätze in unserer Beratungsarbeit ein“, bilanziert Diplom-Psychologe Andreas Hunke, Leiter der Schulpsychologischen Beratungsstelle. „In den letzten Monaten zeichnete sich vor der erneuten Schulschließung eine Zunahme ab. Es kann plausibel angenommen werden, dass diese Entwicklung im Zusammenhang mit der Corona-Krise und den Corona-Maßnahmen steht.“
Dabei zeigt sich, dass Schülerinnen und Schüler, die bereits vor dem ersten Lockdown im März 2020 eine Tendenz zum Fehlen zeigten, nach dem Lockdown, als Präsenzunterricht wieder möglich war, die Schule gar nicht mehr besuchten und sich teils kaum oder gar nicht mit dem Unterricht beschäftigen.
Für einige Schülerinnen und Schüler hat sich durch die Corona-Pandemie eine Situation ergeben, die sie psychisch stark belastet. So können Zukunftsängste, Leistungsängste und Sorgen vor Ansteckung eine Rolle spielen.
„Diese Schülerinnen und Schüler schaffen es aufgrund der psychischen Belastung nicht mehr, sich auf die schulischen Anforderungen einzulassen“, ergänzen die Diplom-Psychologinnen Kirsten Solberg und Stefanie Lippelt. „Für andere Schülerinnen und Schüler war der regelmäßige Schulbesuch allerdings bereits längere Zeit – gegebenenfalls unbemerkt – eine große Herausforderung, welcher sie durch Struktur, Routine und stetige Unterstützung begegnen konnten.“
Ein Beispiel: Einem Schüler mit sozialen Ängsten, dem die Begegnung mit Gleichaltrigen schwerfällt, verlangt der regelmäßige Schulbesuch viel ab. Da er es allerdings gewohnt ist, jeden Tag zur Schule zu gehen, sich der Herausforderung zu stellen und zu erleben, dass die Situation nicht wirklich gefährlich ist, wird die Angst auf einem niedrigen Niveau gehalten.
Während der Zeit des Distanzunterrichtes begegnet er nun längere Zeit nicht mehr seinen Mitschülerinnen und Mitschülern. Es finden weniger andere soziale Kontakte statt. Dies führt nicht dazu, dass die Angst verschwindet. Stattdessen nehmen Angst und das dazugehörige Vermeidungsverhalten zu. Wenn die Schule dann wieder zum Präsenzunterricht zurückkehrt, ist die Hürde für den Schüler viel höher geworden und möglicherweise ohne schnelle Hilfe unüberwindlich, wie die Schulpsychologische Beratungsstelle erklärt.
Erste Schulvermeidungstendenzen und Schulversäumnisse fallen durch die Auswirkungen der Corona-Krise auf Familien und Schulen möglicherweise nicht frühzeitig auf oder die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten verhindern, dass Schülerinnen und Schüler eine geeignete Unterstützung erhalten. Dies führt fast zwangsläufig zu einer Verfestigung des Problems.
Sehr zeitnahes Wahrnehmen und Handeln haben bei Schulabsentismus oberste Priorität, um einer negativen Entwicklung vorzubeugen. Beratung und Unterstützung bietet die Schulpsychologische Beratungsstelle für den Kreis Unna für Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern an.