Endlich wieder einen Einkaufsbummel machen: Das geht seit Montag wieder – allerdings nur mit Termin. Wir haben getestet, wie gut das in Unna klappt.

Unna

, 08.03.2021, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Eine neue Jeans: „Damals“, vor Corona, wäre ich dafür in die Unnaer Fußgängerzone gegangen und hätte die Geschäfte abgeklappert, zwischendurch mit meiner Freundin einen Cappuccino im Café getrunken und dann vielleicht noch einmal durch die Buchhandlung gestöbert. „Click & Meet“ hat damit nicht viel zu tun, aber immerhin: Ich darf wieder in die Geschäfte, die bisher nur Ware zum Abholen anbieten durften. Mittwoch beschlossen die Ministerpräsidenten diese Lockerung, Montag sollte es schon losgehen: Wie gut klappt das im Unnaer Einzelhandel? Ich mache den Test.

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Termine fürs Einkaufen vereinbaren – das fühlt sich irgendwie seltsam an. Was sonst dem Arzt- oder Friseurbesuch vorbehalten ist, brauche ich jetzt also auch für eine Jeans-Anprobe. Die Erfahrung vom Friseurbesuch sagt mir, dass ich schnell sein sollte: Womöglich will halb Unna am Montag auf Einkaufstour. Doch kann ich Samstagmorgen überhaupt schon einen Termin zum Einkaufen vereinbaren? Anscheinend schon: Auf Facebook springt mir eine Werbung von Schnückel ins Auge: „Bucht euren Termin bei uns, online oder telefonisch.“

Online-Buchung geht rasend schnell

Ein Klick auf die Homepage des Kaufhauses und schon kann ich auswählen, ob ich für das Geschäft in Unna oder in Bergkamen einen Termin buchen möchte. Ich wähle Unna aus und bekomme verschiedene Zeitfenster angeboten. Montag, 10 Uhr, ist die erste Möglichkeit, nach drei Monaten Lockdown wieder ein Bekleidungsgeschäft betreten zu dürfen – und das Zeitfenster ist sogar noch buchbar. Ich trage meinen Namen, E-Mail-Adresse und Telefonnummer ein und sende meine Buchung ab. Keine fünf Sekunden später erhalte ich eine E-Mail: „Bestätigte Buchung für Anna Gemünd, Einkaufen, Montag, 8. März, 10 bis 11 Uhr“.

Per E-Mail kommt die Bestätigung: Der Einkaufstermin am Montagmorgen ist gebucht.

Per E-Mail kommt die Bestätigung: Der Einkaufstermin am Montagmorgen ist gebucht. © Anna Gemünd

Noch bevor ich Montag ins Geschäft darf, bekomme ich Sonntag noch eine E-Mail, die mich an meinen Termin erinnert. Und dann ist es soweit: Um viertel vor zehn stehe ich am Montagvormittag vor dem Haupteingang von Schnückel an der Massener Straße. Schilder an den anderen Eingängen informieren darüber, dass es nur diesen Eingang gibt. Mit mir stehen sechs weitere „Termin-Shopping-Kunden“ vor den noch verschlossenen Türen; allesamt sind Frauen. Und man spürt: Alle sind ein bisschen aufgeregt, fast so, als gäbe es gleich etwas umsonst.

Sogar einen Roten Teppich rollten die Mitarbeiter von Schnückel am Montagmorgen für die ersten Kunden nach dem monatelangen Lockdown aus.

Sogar einen Roten Teppich rollten die Mitarbeiter von Schnückel am Montagmorgen für die ersten Kunden nach dem monatelangen Lockdown aus. © Anna Gemünd

Einkaufen mit Termin


Händler haben Spielraum

  • Die aktuelle Corona-Schutzverordnung erlaubt es den Einzelhändlern, bei einer landesweiten Inzidenz zwischen 50 und 100 ihre Geschäfte für Kunden nach einer vorherigen Terminvereinbarung zu öffnen.
  • Wie viele Kunden gleichzeitig in die Geschäfte dürfen, hängt von der Größe der Geschäfte ab: Ein Kunde pro angefangener 40 Quadratmeter ist dabei erlaubt.
  • Zudem müssen die Geschäfte die „einfache Rückverfolgbarkeit“ sicherstellen. Das bedeutet, dass Name, Adresse und Telefonnummer erfasst werden müssen.
  • Wie genau die Terminvergabe aussehen muss, regelt die Verordnung jedoch nicht. Während das Kaufhaus Schnückel beispielsweise neben einer telefonischen Terminreservierung auch ein Online-Buchungssystem von Microsoft nutzt, gibt das Modehaus Sinn in Unna auch „Termin-Karten“ vor Ort aus, wenn die aktuelle Kundenzahl im Geschäft es zulässt.

Zwei Minuten vor zehn wird die Stimmung noch ein bisschen besonderer: Die Schiebetüren öffnen sich und ein Mitarbeiter rollt einen roten Teppich nach draußen. „Ist der extra für uns?“, fragt eine Kundin lachend. „Ja klar, wir freuen uns, dass Sie wieder da sind.“ Und dann geht es ganz schnell: Hinter der Tür fragen zwei Mitarbeiter an einem Stehtisch den Namen ab, schauen auf einer Liste nach und haken ab, wer reingeht. „Viel Spaß“, wünscht die Verkäuferin. Eine Stunde lang darf ich jetzt stöbern und anprobieren. „Und was ist, wenn ich länger brauche?“ „Wenn Sie eine Viertelstunde überziehen, ist das in Ordnung“, beruhigt eine Verkäuferin eine ältere Dame hinter mir.

Ein Gefühl wie Weihnachten

Ich brauche nicht lange, probiere zwei Hosen an und lasse mich von einer Verkäuferin beraten. Eigentlich bin ich der Typ Kundin, der Beratungsversuche von Verkäufern immer mit einem „Danke, ich schaue nur“ abwimmelt. Aber das bringe ich an diesem Tag nicht übers Herz, zu greifbar ist die Freude der Verkäuferinnen über die Begegnung mit uns Kunden zu spüren. An der Kasse wickelt mir die Verkäuferin meine frisch erworbene Hose in braunes Papier ein – nichts Spektakuläres, aber trotzdem ertappe ich mich dabei, dass ich das Paket wie eine Trophäe vor mir hertrage. Der Blick in die Gesichter meiner Mit-Einkäuferinnen zeigt: Es scheint allen so zu gehen, dass sich dieses erste Einkaufen ein bisschen wie Weihnachten anfühlt.

Wer kommt, wer geht? An einem Stehtisch am Eingang wird genau festgehalten, welche Kunden wann im Geschäft sind. Der Eingang ist auch der Ausgang: Wer das Geschäft wieder verlässt, muss ich offiziell abmelden. Nur so kann die Anzahl der Kunden, die sich gleichzeitig im Geschäft aufhalten, kontrolliert werden.

Wer kommt, wer geht? An einem Stehtisch am Eingang wird genau festgehalten, welche Kunden wann im Geschäft sind. Der Eingang ist auch der Ausgang: Wer das Geschäft wieder verlässt, muss ich offiziell abmelden. Nur so kann die Anzahl der Kunden, die sich gleichzeitig im Geschäft aufhalten, kontrolliert werden. © Marcel Drawe

„Es sind vor allem ältere Leute, die heute morgen als Erste kommen. Die sind einfach sehr froh, mal wieder rauszukommen.“
Verkäuferin bei Schnückel

„Es sind vor allem ältere Leute, die heute morgen als Erste kommen“, hat eine Verkäuferin beobachtet, „die sind einfach sehr froh, mal wieder rauszukommen.“ Ich verlasse Schnückel nach einer guten halben Stunde durch dieselbe Tür, durch die ich hinein gekommen bin. Dass der Eingang auch zugleich der einzige Ausgang ist, ermöglicht die Kontrolle der Höchstzahl an Kunden, die sich gleichzeitig im Laden aufhalten dürfen. Deswegen muss ich mich auch ganz offiziell „abmelden“, als ich das Geschäft verlasse.

Das dient auch der Feststellung, wie lange jemand im Laden bleibt. „Wenn wir sehen, dass hier jemand immer noch noch nicht abgemeldet ist, obwohl sein Zeitfenster bereits vorbei ist und hier andere Kunden warten müssen, dann würden wir Sie zur Not ausrufen“, erklärt mir ein Mitarbeiter.

Doch das scheint an diesem ersten Einkaufstag nicht nötig zu sein; zu dankbar wirken alle Kunden, dass sie überhaupt wieder in die Geschäfte gehen dürfen. Abstand, Maske, Desinfektionsgel – all das gehört längst zum Alltag und fällt schon gar nicht mehr auf. Nur der Cappuccino, mit dem ich auf meine neue Jeanshose angestoßen hätte, der fehlt dann doch noch.