In einem Dorf soll kein Bus mehr halten Stadt Unna kritisiert Nahverkehrspläne des Kreises

In Hemmerde soll kein Bus mehr halten: Stadt kritisiert Nahverkehrsplan
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Die öffentlichen Verkehrsmittel sollen Mobilität garantieren und Unabhängigkeit vom Auto schaffen. Ihnen kommt eine wichtige Rolle bei der Verkehrswende zu – hin zu umweltfreundlichen und nachhaltigen Transportoptionen. Bis zum Jahr 2026 will der Kreis Unna den Busverkehr gänzlich neu ordnen. Die Pläne sehen verschiedene Änderungen für die Stadt Unna vor. Dafür gibt es Kritik.

X- und Y-Linien

Der Kreis Unna verfolgt mit dem aktuellen Nahverkehrsplanentwurf einen neuen Ansatz. Unter anderem sollen die Strecken, die mit der Schiene bedient werden, nicht auch noch zusätzlich auf der Straße abgefahren werden. Das hat Folgen für das östliche Unnaer Stadtgebiet, wo die Hellweg-Bahn (RB 59) unterwegs ist.

Die Pläne des Kreises sehen X- und Y-Linien vor. Zusammen mit dem Schulverkehr sollen sie für eine ausreichende Bedienung des Kreisgebiets sorgen. „Das X-Prinzip steht für schnelle direkte Verbindungen, das ÖPNV-Angebot nach dem Y-Prinzip leistet eine lokale bis regionale Erschließung und Verbindungsfunktion“, heißt es in dem Entwurf des Kreises.

Die Grafik der Stadt Unna zeigt, wie sich der Kreis Unna nach der Nahverkehrsplanung das Busnetz in der Stadt Unna vorstellt. Unter anderem sollen drei Schnellbuslinien (in rot) eingeführt werden.
Das Zielnetz des Kreises für die Stadt Unna: Ab 2026 soll es deutlich weniger Haltestellen im Stadtgebiet geben. Unter anderem in Köngisborn wird das Netz ausgedünnt. Hemmerde soll gar nicht mehr mit dem Bus erschlossen werden. In Rot sind die neuen X-Linien eingezeichnet. © Grafik: Stadt Unna

Drei X-Linien sollen über das Stadtgebiet verlaufen:

  • X3: Lünen – Kamen – Unna
  • X5: Werne – Bergkamen – Kamen – Unna
  • X7: Unna – Fröndenberg

Insbesondere die S-Bus-Linien und zum Teil R-Bus-Linien sollen durch die neuen X-Linien ersetzt werden. Abseits der schnellen und direkten Verbindungen sollen die Y-Linien verlaufen, um beispielsweise Ortsteile miteinander zu verbinden oder Wohnquartiere zu erschließen.

Hemmerde werden die Busse gestrichen

In einer vom Beigeordneten Markus von der Heide verfassten Stellungnahme kritisiert die Stadtverwaltung die Pläne des Kreises massiv – auch aus anderen Kommunen des Kreises, zum Beispiel Fröndenberg und Holzwickede, gab es bereits Kritik. Zwar wird die Verdichtung der Schnellbus-Linien begrüßt, nicht aber die geplante Reduzierung von Haltestellen.

„Dabei stechen insbesondere die Streichung des gesamten Bereiches um Hemmerde und des Gebietes Katernborn in Königsborn aus dem Busnetz sowie das Reduzieren auf nur noch eine Bushaltestelle in Kessebüren und eine Endhaltestelle am Hochschul-Campus von Massen-Nord („Korsika“) hervor“, schreibt Markus von der Heide.

Die Grafik der Stadt Unna zeigt, wie das Busnetz in der Stadt Unna aktuell aussieht.
Zum Vergleich: So sieht das Busnetz aktuell in Unna aus. Die Zahl der Haltestellen ist höher und auch der Unnaer Osten ist besser erschlossen. © Grafik: Stadt Unna

Darüber hinaus sehe der Entwurf zwar weitere Fahrten im späten Abendbereich vor, allerdings erscheine die „zukünftige ÖPNV-Angebotsstruktur weder flächenmäßig noch zeitlich ausreichend“.

Vor allem in den ländlichen Bereichen werde das Angebot verschlechtert. „Der gesamte Bereich Hemmerde einschließlich Westhemmerde, Siddinghausen und Dreihausen wird gar nicht mehr bedient“, so Markus von der Heide. In Lünern werde gerade noch der Bahnhof erreicht, Nordlünern und Stockum blieben jedoch außen vor.

Vorschläge für Verbesserungen

Für Kessebüren ist lediglich noch eine Haltestelle der Linie X 7 vorgesehen. In den Nebenzeiten würden zudem stadtnahe Wohngebiete, wie die Gartenvorstadt und der Kastanienhof, teilweise gar nicht mehr angefahren.

Die Stadt macht zwei konkrete Vorschläge zur Verbesserung des (Zukunfts)Netzes: Zum einen sollte die Verbindung Massen – Methler – Opherdicke (R 51) bestehen bleiben. Andererseits sollte über eine interkommunale Y-Bus-Verbindung über Büderich und Holtum nach Werl eine Linie für Hemmerde angestrebt werden.

Eine Frau bezahlt bei Busfahrer für eine Fahrt.
Der Kreis Unna will elektronische Ticketangebote ausweiten. Die Stadt Unna bezweifelt, dass sich ein reines digitales Ticketing umsetzen ließe. © VKU

Darüber hinaus fordert die Stadt Unna eine Verdichtung des Taktes. „Außer in den Bereichen, wo mehrere Linien sich überschneiden, fahren die Busse zu oft nur alle 60 Minuten, selbst in innenstadtnahen Gebieten“, schreibt Markus von der Heide. Das sei deutlich zu wenig – auch an Wochenenden und in Abendstunden.

Kritik gibt es auch an der geplanten Linie X 7, die Unna mit Fröndenberg verbinden soll. Bislang werde die Strecke durch die Regionalbahn RB 54 bedient. Diese ist allerdings seit mehr als zwei Jahren wegen Dachsbauten gesperrt – und wird wohl zeitnah nicht wieder den Betrieb aufnehmen.

Stadt lehnt Schnellbus-Linie ab

Die Konzeption des X 7 ähnele der RB 54, moniert die Stadt Unna in ihrer Stellungnahme. „Damit erfüllt er im Grunde denselben Zweck wie die RB 54, was demselben Prinzip widerspricht, aus welchem Hemmerde nicht mehr bedient werden soll: wo Schiene, da kein Bus.“

Stattdessen spricht sich die Stadt dort für den Fortbestand der Linie R 70 als Y-Linie aus. Dann könnten auch die links und rechts der Strecke liegenden Siedlungen, darunter auch Kessebüren, erschlossen werden.

Ein Wunsch für die X-Linien

Für die Schnellbus-Linien äußert die Stadt Unna einen weiteren Wunsch: Weil die X-Busse eher Zugverbindungen entsprechen, sollte auch dort das Mitnehmen von Fahrrädern problemlos möglich sein.

„Die Fahrradmitnahme in Bussen gestaltet sich jedoch bislang als zu oft problematisch, was nicht zuletzt im Platzangebot der heutigen Fahrzeuge begründet liegt: Kinderwagen, Rollatoren und Fahrräder stehen regelmäßig in Konkurrenz“, so Markus von der Heide.

Die Stellungnahme der Stadt Unna an den Kreis muss am Donnerstag (25. September) noch vom Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobilität abgesegnet werden.

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