Kurz nach dem Rückzug von Joe Biden in Amerika bestätigt Dirk Wigant in Unna, dass er für eine zweite Amtszeit zur Wahl stehen werde. Der zeitliche Zusammenhang zwischen den beiden Meldungen ist natürlich rein zufällig und vielleicht das einzige, was Wigants Bekanntgabe eine Prise Überraschung verleihen konnte. Ansonsten hätte wohl niemand Zweifel daran gehabt, dass der Amtsinhaber im Unnaer Bürgermeisterbüro seine Arbeit fortsetzen will und die Partei ihm dafür grünes Licht gibt.
Spannend wird aber, welche Reaktionen der CDU-Mann in Gang setzt. Denn jetzt sind die anderen Parteien in Unna gefragt, Farbe zu bekennen: Wer tritt gegen Wigant an?

Freie Liste: Frank Murmann soll eine Ausnahme bleiben
Am weitesten auf ihrem Entscheidungsweg ist die Freie Liste. Sie will keinen eigenen Kandidaten aufstellen, was durchaus eine Überraschung sein könnte. Denn 2020 hatte sie noch einen, nämlich Frank Murmann. Dass die FLU für das kommende Jahr mit einer anderen Strategie zur Kommunalwahl antritt, habe aber nichts mit dem Abschneiden Murmanns zu tun, der 2020 auf 5,6 Prozent der Stimmen gekommen war.

FLU-Chef Klaus Göldner bewertet Bürgermeisterkandidaturen bei Kleinparteien grundsätzlich kritisch. 2020 sei eher ein Ausnahmejahr gewesen, das davon geprägt war, dass Murmann zunächst im parteiinternen Auswahlverfahren der CDU gescheitert war, bevor er sich eine neue politische Heimat gesucht hat.

FDU und WfU entscheiden erst nach dem Sommer
FDP und „Wir für Unna“ wollen die Frage nach einer Bürgermeisterkandidatur bewusst und überlegt entscheiden, sind aber beide noch auf dem Weg dorthin. Ob sie antreten und mit wem – dafür nehmen sich beide noch Zeit. 2020 waren beide mit eigenen Köpfen angetreten, um sich für das vakant gewordene Bürgermeisteramt zu bewerben. Für die FDP sammelte Frank Ellerkmann 5,8 Prozent der Stimmen ein. Ingrid Kroll lag als WfU-Kandidatin mit 5,6 Prozent knapp dahinter.

Grüne: Wigant-Unterstützung zumindest kein Tabu
Schwieriger als bei den kleinen Parteien könnte die Entscheidung diesmal bei den Bündnisgrünen werden. Sie waren 2020 mit Claudia Keuchel als Bürgermeisterkandidatin angetreten, die im ersten Wahlgang auf Platz 3 kam, aber dabei nur knapp hinter Dirk Wigant lag. Keuchels Aufruf an ihre Anhänger, in der Stichwahl für CDU-Mann Wigant zu stimmen, könnte einen Anteil daran gehabt haben, dass Wigant nach dem „nur“ zweitbesten Ergebnis im ersten Wahlgang in der Stichwahl an SPD-Frau Katja Schuon vorbeizog. Danach gingen CDU und Bündnisgrüne im Rat eine „Projektpartnerschaft“ ein.

Den Gedanken, 2025 auf eine eigene Bürgermeisterkandidatur zu verzichten und gleich Dirk Wigant zu unterstützen, sollen die Grünen durchaus in Betracht gezogen haben, sagt nun Regina Ranft, die als „Sprecherin“ den Ortsverband der Partei führt. Zu einer Entscheidung gekommen, sei man noch immer nicht, dies werde am Ende die Parteibasis tun.
Die Tendenz der bisherigen Überlegungen beschreibt Ranft allerdings so, dass die Grünen bei der Wahl 2025 auch mit einem Kandidaten oder einer Kandidatin für das Spitzenamt im Rathaus antreten wollen. „Ich denke, dass wir damit sichtbarer sind und ein Kandidat oder eine Kandidatin die Inhalte unserer Partei verkörpern könnte“, sagt Ranft.

Grüne Inhalte als eigenständiges Angebot an die Wahlberechtigten herauszustellen, hält Ranft auch noch aus einem anderen Grund für sinnvoll: „Extreme Parteien verbreiten eine Erzählung, in der sie alle etablierten in einen Topf werfen und behaupten, es sei doch alles dieselbe Soße. Wir sagen: Schaut Euch die Angebote der demokratischen Parteien an. Dort findet ihr die Alternativen.“
Die SPD tritt an und ist schon in der Kandidatenfindung
Für die SPD ist eine eigene Bürgermeisterkandidatur im kommenden Jahr überhaupt keine Frage: Natürlich wolle sie das Spitzenamt der Stadt und den Vorsitz des Rates wieder mit einem Sozialdemokraten besetzen. Und so geht es aktuell eher um die Frage, wer antreten soll, um CDU-Mann Dirk Wigant wieder abzulösen.

Parteichef Sebastian Laaser spricht von einer Auswahl mehrerer Aspiranten, mit denen der Stadtverbandsvorstand bereits im Gespräch stehe. Ins Rennen geschickt werde der Kandidat oder die Kandidatin bei der SPD von einer Mitgliederversammlung, für die der Vorstand aber einen Vorschlag vorbereiten will.
Ob es sich dabei um nur einen Kopf handeln wird oder es zu einer Vor-Wahl aus zwei oder drei Bewerbern kommt, sei derzeit noch nicht abzusehen. Laaser nimmt an, dass die SPD im Herbst soweit sein wird, einen oder mehrere Namen zu nennen.
„Wir haben Zeit“, sagt Laaser. Dass die SPD diesmal die Rolle des Herausforderers einnimmt, scheint er taktisch nutzen zu wollen. Bekannte Köpfe hat die SPD durchaus – und je später sie einen davon hervortreten lässt, desto weniger Zeit haben die Mitbewerber, sich auf ihn einzustellen.
Oft haben die Unnaer auch Parteilose auf dem Stimmzettel
Bürgermeisterwahlen in Unna haben allerdings immer auch ein gewisses Überraschungspotenzial. Oft waren es sogar zwei Bewerber aus der Bürgerschaft, die als Parteilose Unterstützerunterschriften gesammelt haben, um bei der Wahl anzutreten. 2022 holte Jens Ole Wilberg 3,8 Prozent der Stimmen. Achim Megger kam bei seinem zweiten Anlauf, „Edelbürgermeister“ zu werden, auf 1,4 Prozent.