Bistro „SiSi“ von Billy Reina im Restaurant-Test Kann ein Ex-Fußballprofi auch Küche?

Wenig zu meckern beim Restaurant-Test von Billy Reinas Bistro „SiSi“
Lesezeit

Hätte Borussia Dortmunds früherer Bundesliga-Star Giuseppe „Billy“ Reina in Unna eine Fußballschule eröffnet – er wäre wohl mit Vorschusslorbeeren überhäuft worden und die Erwartungshaltung der Kiebitze in schwindelnden Höhen angelangt.

Als Chef eines Restaurants ist Billy Reina dagegen ein unbeschriebenes Blatt – was darf man da erwarten? Wer nur auf Misserfolge anderer Ex-Profis im Gastrofach schielt, wird das Bistro an der Massener Straße mit einer Portion Skepsis betreten.

Dieses Bistro hat Stil und Atmosphäre

Dabei hat eine ganze Reihe von Reinas Kollegen aus dem Fußballgeschäft nach Karriereende durchaus bewiesen, dass mit Leidenschaft und – nur diese Währung zählt in der Gastronomie – im Gespann mit einer guten Küchenmannschaft Erfolge und gar Triumphe gefeiert werden können. So viel vorweg: Bei Billy Reina gab es bei einem Klassiker der italienischen Küche Überraschendes.

Zu einem Restaurantbesuch gehört ein einladendes Entrée, ein Blick schon von draußen in einen stilvollen Gastraum mit gedämpfter, nicht zu greller Beleuchtung, auf gemütliche Tischplätze – die Visitenkarte jedes Gasthauses.

Giuseppe Reina (r.) und seine Frau Julia stehen hinter der Theke in ihrem Bistro „SiSi“ an der Massener Straße.
Erst Mitte Dezember 2024 eröffneten Ex-BVB-Spieler Giuseppe Reina und seine Frau Julia ihr Bistro „SiSi“ an der Massener Straße. © Udo Hennes
Zwei volle Weingläser stehen auf einem Tisch im Bistro SiSi in Unna.
Primitivo und Grauburgunder: Die Weinbegleitung war ein ebenso angenehmer Rahmen für das Abendessen wie das Innere des Bistros. © Marcus Land

Billy Reina und seiner Frau Julia ist es gelungen, mit gutem Geschmack eine Wohlfühlatmosphäre in dem Lokal zu schaffen. Der Altbau mit den Sprossenfenstern, Holzdielen auf dem Boden und Stützbalken aus Eiche hat es dem Gastro-Ehepaar allerdings auch leicht gemacht.

Das Interieur stimmt also – ein guter Start, der noch mehr Vorfreude darauf macht, ob es geschmacklich auf der Speisekarte auf demselben Niveau weitergehen wird. Wir nehmen zu zweit an einem Tisch für vier Personen Platz, der Chef lässt uns dabei die freie Wahl – das ist angenehm und nicht so zwanghaft, wie man es sonst auch schon mal erlebt, wenn ein Kellner an einen bestimmten Platz zitiert.

Kleine Karte mit angemessenen Preisen

An diesem frühen Donnerstagabend ist es ohnehin nicht rappelvoll im „SiSi“. An allen anderen Tagen sei sein Lokal ziemlich stark ausgebucht, erzählt Billy Reina, der sich an diesem Abend stets dezent am Tisch nach Wünschen erkundigt – der berühmte Gastgeber hinterlässt einen äußerst bodenständigen und sympathischen Eindruck.

Mittlerweile haben die Inhaber neben dem Sonntag auch den Montag als zweiten Ruhetag ausgerufen – angesichts eines Kleinkindes in der Familie und einem kleinen Team in Küche und Service gut nachvollziehbar.

Eine Hinweistafel mit einem Gericht der Woche steht vor dem Bistro SiSi an der Massener Straße in Unna.
Das „SiSi“ bittet zur Zeit eine Spezialität der Woche an; geplant ist, wenn man aus der anstrengenden Startphase heraus ist, ein österreichisches Schmankerl des Tages. © Marcus Land
Ein Bild von Kaiser Franz-Joseph II. von Österreich auf der Tür zur Herrentoilette im Bistro SiSi in Unna.
Liebevoll und stilecht eingerichtet: Kaiser Franz-Joseph II. von Österreich grüßt von der Tür zu den Herrentoiletten im Bistro „SiSi“. © privat

Die Karte des „SiSi“ ist klein. Für uns kein Minuspunkt, weil eine Konzentration auf wenige und dafür umso interessantere Gerichte eher ein Beleg dafür ist, dass sich die Küche nicht in Beliebigkeiten ergeht, sondern das macht, was sie kann. Zweiter wesentlicher Faktor: Die Preisskala bewegt sich in einem absolut angemessenen Rahmen.

Unter 13 Pizzasorten, darunter die Klassiker Margherita (9,50 Euro) und Tonno e Cipolle (13,50 Euro), dazu mit einer vegetarischen Variante sowie der „Torino“ – mit Gorgonzola und Spinat – und der „Gamberetti Spinaci“ (16 Euro) auch Besondere, dürfte jeder Gast fündig werden.

Von vornherein klar ist uns, dass wir an diesem Abend eine Spezialität und einen Klassiker probieren möchten – allerdings nichts aus dem Pizzaofen, hinter dem in dem offenen Bäckereiraum Billy Reinas Onkel steht. Sehr familiär und charmant.

Salat ein Volltreffer – Brot mit Potenzial nach oben

Zunächst wollen wir unseren Appetit mit einer Vorspeise noch etwas anregen. Neugierig macht uns der Bauernsalat: Blattsalat mit geschmorten Champignons und Zwiebeln (10,50 Euro). Volltreffer! Denn dieser Salat macht wirklich Spaß. „Knackige Salate“ lautet das Versprechen – Reinas halten es.

Die warmen Pilze und die knackigen Salatblätter ergeben einen schönen geschmacklichen Kontrast; alle Zutaten schmecken absolut frisch, die Vinaigrette ist fein, weder säuerlich noch zu süß – und bildet vor allem keine Pfütze in der leeren Schale.

Ein Teller mit Salat steht auf einem Tisch des Bistros SiSi in Unna.
Der Bauernsalat war ein Volltreffer: Blattsalate mit geschmorten Champignons und Zwiebeln erfüllten das Versprechen der Speisekarte. © Marcus Land
https://tools.pinpoll.com/embed/296605

Kleiner Minuspunkt: Das standardmäßig zu Salat gereichte Weißbrot ist zwar nur ein winziges Detail eines Menüs. Und trotzdem gibt es himmelweite Unterschiede bei Krume und Kruste – hier dürfte mehr Aroma rein.

Zum Hauptgang. Aus der „Cucina della Nonna“, wie es so schön zu lesen ist, entscheiden wir uns zum einen für die Lasagne alla casaligna („nach Art der Hausfrau“) und zum anderen für das Gericht der Woche, eine Spezialität aus Tirol: Spinatknödel mit Nussbutter und Parmesan.

Lasagne okay – das k.u.k-Schmankerl richtig gut

Es gibt eine ungeschriebene Regel: Wo der Pasta-Klassiker aus Italien gelungen ist, probiert man sich bei nächsten Besuchen gern weiter durch die Karte. Die Haus-Lasagne im „SiSi“ ist die tomatige Variante (13,50 Euro).

Die kannten wir so nicht und waren deshalb überrascht. Wer gern Lasagne alla bolognese mit dem kräftigen Aroma von Karotten, Sellerie und dem feinen Béchamel bevorzugt, wird daher enttäuscht sein.

Die Lasagne von Österreicherin Julia Reina, die Küchenchefin im „SiSi“ ist, kann unterm Strich zwar gefallen, weil die Zutaten gut aufeinander abgestimmt sind – es fehlt gerade deshalb aber vielleicht auch ein wenig der letzte Pfiff.

Ein Gast hält im Bistro SiSi in Unna einen Teller mit einem Stück Lasagne.
Die Lasagne alla casalinga konnte unter dem Strich zwar gefallen, es fehlte allerdings der besondere Pfiff. © privat
Zum Thema

Anfahrt und Öffnungszeiten

  • Das Bistro „SiSi“ liegt in einer Fußgängerzone, an der Massener Straße 21, 59423 Unna. Wer von auswärts kommt, orientiert sich am besten an dem Ziel „Lindenbrauerei“, dort auch Parkplätze. Fußweg 2 Minuten.
  • Öffnungszeiten: dienstags bis samstags von 10 bis 19 Uhr; sonn- und feiertags sowie montags Ruhetag. Kontakt: Tel. (0 23 03) 87 14 100, E-Mail: bistro.sisi@gmail.com.

Ein Pfännchen mit Spinatknödeln steht auf einem Tisch des Bistros SiSi in Unna.
Spezialität aus Tirol: Spinatknödel mit Nussbutter und Parmesan. So wie sie von Julia Reina zubereitet werden, sind sie wirklich ein Genuss. © Marcus Land

Das ist beim österreichischen Schmankerl schon ganz anders. Die Spinatknödel (14,70 Euro) kommen ungemein appetitlich angerichtet in einem Pfännchen – das Auge isst mit und schon der Duft der zerlassenen Nussbutter weckt beim Gaumen Freude.

Der Knödel braucht die Butter auch. Denn das komplette Erleben dieses Klassikers der Tiroler Küche stellt sich erst ein, wenn man Spinat, Teigmasse aus Ei und Mehl samt Parmesan zerdrückt und in dem aromatischen Fett tränkt – für die Geschmackspapillen ein Genuss. Kritik auf hohem Niveau: Mit Muskat muss man nicht geizig sein.

Viel Freude mit Wein und Wasser

Billy und Julia Reina setzen auf diese Melange italienisch-österreichischer Küche. Vom Austria-Anteil wünschte man sich viel mehr – und der soll auch künftig tatsächlich noch größer werden, wie der Gastwirt an diesem Abend verspricht.

Unsere Speisen haben wir von Mineralwasser und Wein begleiten lassen. „In vino veritas“ – im Wein liegt die Wahrheit und das vor allem bei einem deutsch-italienischen Bistrobetreiber.

Italienischer Primitivo (5,80 Euro) und österreichischer Grauburgunder (7,70 Euro) haben uns überzeugt. Die Wahrheit: Der in Unna gebürtige Westfale schenkt gute Tropfen aus. Und, nicht nur nebenbei bemerkt: Mit Aqua Morelli ist Billy Reina nicht nur stilecht beim Wasser, sondern hat sich auch für gehobene Qualität entschieden – bei einem annehmbaren Preis (0,75 l-Flasche für 6,80 Euro).

Dessert und Caffè laden zum Wiederkommen ein

Bis hierher waren wir insgesamt schon angetan vom Bistro „SiSi“. Der krönende Abschluss muss aber gerade bei einer italienischen Speisenfolge mit k.u.k-Einschlag das Dessert sein. Auf der Karte stand nichts – doch die Nachfrage lohnte sich. Billy Reina empfahl das hausgemachte Tiramisu (7,50 Euro), das wir zusammen mit einem Caffè bestellten.

Wer innerfamiliär vorbelastet ist mit der „weltbesten Tiramisu“, die zu jedem Fest wieder von allen verlangt wird, der geht auswärts womöglich überkritisch an diese schönste Sünde seit es Italien gibt heran.

Gegen die so oft matschigen, geschmacksneutralen Küchlein, die Sahne pur sind, bestand dieser cremige Traum aus Mascarpone, Biskuitteig und Kakao um Längen. Eine Spur mehr Kaffee in den Löffelbiskuit hätte aber nicht geschadet. Dafür war der kräftige Espresso aus einer definitiv sehr gekonnt gerösteten Bohne gepresst worden – ein wichtiger Abschiedsgruß, der zum Wiederkommen einlädt.

Tiramisu und Caffè stehen auf einem Tisch im Restaurant "SiSi" in Unna.
Dieses Dessert muss ganz besonders auch in einem italienischen Restaurant sein: Tiramisu und Caffè zum Abschluss sind ein gelungener Abschluss im „SiSi“. © Marcus Land