Billmerich: Grüner Ortsteil, in dem man auf ein Auto angewiesen ist

© FOTO: NEUMANN, Michael

Billmerich: Grüner Ortsteil, in dem man auf ein Auto angewiesen ist

dzStadtteilcheck

Im Unnaer Ortsteil Billmerich lebt es sich gut, sagt die 62-jährige Claudia Winkelkötter. Allerdings nur, wenn man mobil ist: Die Verkehrsanbindung lasse, ebenso wie die Nahversorgung, zu wünschen übrig.

Billmerich/Kessebüren

, 31.08.2021, 18:48 Uhr / Lesedauer: 3 min

Claudia Winkelkötter fühlt sich wohl in Billmerich. Im Jahr 2007 ist die heute 62-Jährige nach Unna zurückgekehrt, nachdem sie zuvor 25 Jahre in Bayern gelebt hat. Winkelkötter wohnt nun gemeinsam mit ihrer 85-jährigen Mutter zusammen, die auf die Hilfe ihrer Tochter angewiesen ist – besonders dann, wenn es um Erledigungen außerhalb des Dorfes geht.

„Im Prinzip ist Billmerich ein schöner Ort, aber man braucht definitiv ein Auto“, sagt Claudia Winkelkötter. Sie selbst fühlt sich durch diesen Umstand zwar nicht gestört; Senioren und jungen Menschen bereite er jedoch durchaus Schwierigkeiten, glaubt sie: „Um 20 Uhr fährt in der Woche der letzte Bus; am Wochenende fährt gar nichts. Da würde ich als Jugendliche wahnsinnig werden.“

Ausreichende Verkehrsanbindung fehlt

Bei unserem großen Stadtteilcheck liegt der südlichste Ortsteil Unnas demnach nur bei 5,2 von 10 möglichen Punkten in der Rubrik „Verkehrsanbindung“, und damit rund 2 Punkte hinter dem stadtweiten Durchschnitt. Zwar ist die Umfrage zur Lebensqualität in Unnas Stadtteilen nicht repräsentativ, dennoch soll sie einen Eindruck darüber vermitteln, wo sich die Bewohner jeweils am wohl fühlen – und was in ihrem Stadtteil noch verbesserungswürdig ist. (Bei der Auswertung haben wir Billmerich und Kessebüren zusammengefasst.)

Verbesserungswürdig wäre für Claudia Winkelkötter eindeutig das gastronomische Angebot. Sie vermisst Kneipen und Restaurants: „Hier ist nichts. Es gibt keinen Punkt mehr, an dem sich die Bürger abends auf ein Bier treffen können.“ Lediglich in der Bäckerei, die im April dieses Jahres eröffnet hat, könne man sich auch mal gemütlich auf einen Kaffee hinsetzen. „Am Wochenende hat diese aber bereits um die Mittagszeit geschlossen“, beklagt Winkelkötter. Demnach fällt die Bewertung bezüglich des gastronomischen Angebots in Billmerich auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) mit 3,1 Punkten entsprechend dürftig aus.

Der Name ist Programm: Zum Glück gibt es in Billmerich wieder eine Bäckerei vor Ort.

Der Name ist Programm: Zum Glück gibt es in Billmerich wieder eine Bäckerei vor Ort. © Michael Neumann

Immerhin gäbe es in der Bäckerei eine kleine Ecke mit Artikeln des täglichen Bedarfs – ansonsten seien auch die Möglichkeiten der Nahversorgung im Dorf eher mau, wie Winkelkötter erklärt: „Die nächstgelegenen Lebensmittelgeschäfte sind Edeka und Norma am Kastanienhof. Das ist fußläufig nicht erreichbar.“ Zwar verfüge Billmerich noch über einen Friseur und einen Hausarzt im Ortskern, dennoch schafft die Landgemeinde es auch in der Kategorie „Nahversorgung“ nur auf 5,2 Punkte.

Was Claudia Winkelkötter selbst hingegen mit 9 Punkten positiv bewertet hat, ist die Kategorie „Seelsorge“: „Die Gemeindeschwester vor Ort kümmert sich wirklich hingebungsvoll um die Gemeinde“, sagt sie. Etwa sei der Bibelgottesdienst an der evangelischen Dorfkirche sehr beliebt; auch werden regelmäßig Seniorenprogramme wie Frühstückstreffs oder Filmabende angeboten.

Die evangelische Kirchengemeinde in Billmerich hält das Dorf mit vielen Angeboten zusammen.

Die evangelische Kirchengemeinde in Billmerich hält das Dorf mit vielen Angeboten zusammen. © FOTO: NEUMANN, Michael

Das wurde noch positiv bewertet:

Neben den vielen Grünflächen (9,3 Punkte) und Möglichkeiten zum Radfahren (8,5 Punkte) liegt Billmerich auch in puncto Sicherheit vor dem stadtweiten Durchschnitt. Allerdings habe Winkelkötter selbst auch negative Erfahrungen gemacht: „Mir wurde in sechs Wochen drei mal mein Auto aufgebrochen und das Radio gestohlen“, sagt sie. „Das fand ich natürlich überhaupt nicht witzig.“ Diese Kriminalität komme aber von außen, nicht aus dem Dorf selbst, ist sie sich sicher: „Hier ist es recht verschlafen, man keine Angst haben.“

In puncto Familienfreundlichkeit liegt Billmerich ebenfalls vor dem stadtweiten Durchschnitt. Mit drei Neubaugebieten, von denen eines noch im Aufbau ist, lassen sich durchaus Familien in dem Stadtteil nieder. Mit der Liedbachschule ist eine Grundschule direkt vor Ort, ebenso eine Kita und ein Spielplatz, der gerne genutzt wird.

Auch in der Kategorie Sauberkeit liegt Billmerich vorne. Die Grünflächen würden gut gepflegt; hier und da gäbe es dennoch Ecken mit herumliegenden Flaschen und Pizzakartons. „Und das, obwohl die Papierkörbe direkt daneben stehen“, wundert sich Winkelkötter.

Ausgewogen kann die Anwohnerin über die Verkehrsbelastung in Billmerich berichten: „Vom Fluglärm sind wir nicht betroffen, weil wir nicht in der Einflugschneise liegen“, sagt sie. Durchgangsverkehr auf den Straßen höre man dennoch: „Das merkt man besonders, wenn die Autobahn hoch frequentiert ist.“ Auch Schnellfahrer seien durchaus im Ort unterwegs, wie Winkelkötter berichtet: „An Zone 30 hält sich niemand. Ich würde mir wünschen, dass hier mehr Blitzer aufgestellt werden.“

Tempokontrolle in der Liedbachstraße: Kaum einer hält sich an Tempo 30, meint Anwohnerin Claudia Winkelkötter.

Tempokontrolle in der Liedbachstraße: Kaum einer hält sich an Tempo 30, meint Anwohnerin Claudia Winkelkötter. © FOTO: NEUMANN, Michael

Das wurde noch negativ bewertet:

Mit nur 4,3 Punkten liegt auch die Rubrik „Wohnen“ in Billmerich hinter dem stadtweiten Durchschnitt zurück. Woran das liegt, kann Winkelkötter sich vorstellen: „Bauland ist nicht viel da; und dort, wo es verfügbar ist, ist der Quadratmeterpreis hoch.“ Auch alte Immobilien, die zum Verkauf stehen, seien teuer: „Solche Häuser gehen für 450. 000 Euro weg, obwohl man bestimmt noch 200.000 Euro in die Sanierung stecken muss“, mutmaßt die Unnaerin.

Die Lebensqualität im Allgemeinen, die laut Bewertung im Stadtteilcheck bei 8,8 von 10 möglichen Punkten liegt, bewertet Claudia Winkelkötter für sich persönlich als gut: „Es kommt immer ganz darauf an, was man sucht. Für mobile Menschen, die es grün vor der Haustür haben wollen, ist der Wohnort optimal.“