Vor genau 25 Jahren kam die Kult-Komödie „Bang Boom Bang“ in die Kinos. Es war das erste Mal, dass der Unnaer Regisseur Peter Thorwarth in seiner Heimatstadt drehen konnte. Warum das für ihn etwas Besonderes war und wieso eine berühmte Filmszene dennoch Hunderte Kilometer weit weg gedreht wurde, erzählt Peter Thorwarth im Gespräch mit Matthias Langrock.
25 Jahre „Bang, Boom, Bang“: Wenn du das hörst, was ist dann dein erster Gedanke?
Es ist schon eine extreme, abgefahrene Situation. Vor 25 Jahren habe ich gar nicht in solchen Kategorien gedacht. 25 Jahre war für mich so weit weg. Aber dass der Film immer noch läuft, das macht mich schon stolz.

Ist das vergleichbar mit irgendetwas anderem, was du gemacht hast? „Was nicht passt, wird passend gemacht“ hatte mehr Kinozuschauer. Trotzdem ist die Legende um „Bang Boom Bang“ größer...
„Bang Boom Bang“ war schon was Besonderes. Mein erster langer Film. Das war alles aufgeladen mit Inspiration, die ich gesammelt habe in meiner Teenager-Zeit, speziell auch hier in Unna. „Was nicht passt“ hat Herz, aber nicht den Coolness-Faktor wie „Bang Boom Bang“. Im Kino ist er tatsächlich erfolgreicher gewesen, weil es mehr die instreamige Komödie war, was „Bang Boom Bang“ nicht so war. „Bang Boom Bang“ war zwar auch nicht unerfolgreich im Kino, aber erst hinterher auf VHS und DVD hat er sich durchgesetzt.
Obwohl es dein erster Film war, du ziemlich jung warst, hast du bekannte Schauspieler zusammenbekommen: Ralf Richter, Martin Semmelrogge, Diether Krebs ... Wie schwer war das?
Ich hatte sie schon vorher für meine Kurzfilme begeistern können. „Was nicht passt…“ war als Kurzfilm sogar für den Studenten-Oscar nominiert, deshalb hatte ich ein paar Vorschusslorbeeren. Diether Krebs war auch schon bei meinem ersten Kurzfilm dabei, den ich 1995 gedreht habe. Das war einfach ein 15-Minuten-Kurzfilm, der als Vorfilm im Kino lief.
Damals habe ich ganz naiv Ralf Richter in München angesprochen, ob er nicht mitmachen möchte und er ließ sich sehr schnell begeistern. Er hat Semmelrogge mitgebracht; die beiden waren befreundet und sind es noch. Und Diether Krebs habe ich damals noch einen handschriftlichen Brief an seine Agentur geschickt. Dann rief er mich irgendwann an und sagte, er hätte das Buch gelesen und wenn wir das irgendwie zeitlich hinkriegen, dann ist er dabei.
Wenn man die ersten überzeugt hat, spricht sich das rum. Und deshalb war es für „Bang Boom Bang“ gar nicht so schwierig.

Du hast sowohl das Drehbuch geschrieben als auch Regie geführt. Macht es das für dich einfacher?
Ich war ganz jung an der Filmhochschule und war eigentlich dazu verdonnert, selber schreiben zu müssen. Durchs Machen habe ich gemerkt, dass ich dafür ein Talent habe. Das Drehbuch habe ich nicht alleine geschrieben, sondern mit meinem guten Kumpel Stefan Holtz. Ich hatte viele verrückte Ideen, er hat mir geholfen, die alle zu einer Geschichte zu verketten.
Das Schöne bei „Bang Boom Bang“ war, dass wir es uns zum ersten Mal leisten konnten, mit dem ganzen Team nach Unna zu kommen. Das war immer mein Traum. Das Drehen kostete eine Stange Geld. Unser gesamtes Team haben wir mitgenommen, vom Kameramann bis zur Regieassistentin.
Das war für alle was Besonderes und deswegen waren da auch alle so ambitioniert dabei. Wir hatten da keine alten Hasen dabei, die sagen: „Wir kurbeln das runter und sind dann wieder in dem nächsten“, sondern das war schon echt eine besondere Erfahrung.
Glaubst du, man könnte „Bang Boom Bang“ heute noch so machen?
Nein. Ich habe den Leuten aufs Maul geschaut. Aber das Ruhrgebiet und die Leute hier haben sich sehr verändert. Ich habe versucht, die Leute so zu porträtieren, wie ich sie kannte. Und ich glaube, da lagen wir damals nicht so weit daneben.
Wenn man den Film sieht, dann sind bestimmt manche Sachen krass, wie zum Beispiel die Sprüche von Diether Krebs, aber der Film ist ein Produkt seiner Zeit. Wenn ich heute den Film machen würde, würde ich anders drauf schauen, würde aber wiederum versuchen, die Sachen rauszupicken, die mir auffallen oder die ich erzählenswert finde.

Hast du eine Lieblingsszene?
Mir fällt eher auf, was nicht so gut geworden ist. Gerade in den Schnitten ist er doch sehr holprig. Aber ich finde, selbst das macht den Film irgendwo sympathisch, weil man merkt, der ist so handmade und nicht so durchdesignt. Und wenn ich mir den heute angucke, dann sage ich: „Okay, das würde ich jetzt ein bisschen anders erzählen, das würde ich anders erzählen“, aber es sind dann mehr so technische Sachen … Ich denke aber, das hat man immer, dass man bestimmte Dinge anders machen würde.
Die eine Lieblingsszene habe ich nicht. Mit das Highlight ist eigentlich ab dem Moment, wo Keck seinen Daumen im Tresor verliert und bis zu Willi Thomczyks Tankstelle. Das hat ein unglaubliches Tempo und da kettet sich eine Absurdität an die andere. Das macht mir auch heute noch Spaß, und ich kann mir den Film gerne angucken, aber ich muss dann vielleicht immer ein Jahr dazwischen haben.
Teilweise musstet ihr Dreharbeiten anpassen, weil so viele Fans da waren, die Alexandra Neldel sehen wollten oder Til Schweiger. Gab es etwas für euch als Team, was ganz speziell herausfordernd war?
Unna war damals filmisch ja noch völlig unbeleckt. Alle waren uns schon sehr wohlgesonnen hier – und irgendwo auch stolz. Besonders schwer war es nicht. Die Verhandlungen waren manchmal ein bisschen ulkig. Da gab es Leute, die wohl über zwei, drei Ecken gehört hatten, was man so beim Film für Geld aufrufen kann. Die kamen dann mit absurden Forderungen und wollten für den Drehtag 100.000 D-Mark haben. Und als wir gesagt haben, wir können aber nur 3000 sagen, waren sie so: „Ja, ist auch okay.“ So lief das teilweise ab.
Die einzige Schwierigkeit, die wir tatsächlich hatten, das hatte aber gar nichts mit Unna zu tun, war das Ende: Der Film sollte ursprünglich in Dortmund am Hauptbahnhof enden. Da war die Deutsche Bahn null kooperativ. Wir hatten das Ganze schon angedreht und die hatten das ewig lange in der Prüfung und dann kam irgendwann zurück, sie hätten jetzt das Drehbuch gelesen und so dürfe der Film auf keinen Fall enden
Wenn sich am Ende alle vertragen und auf die Schulter klopfen würden, dann könnten wir das in Dortmund drehen, aber mit Schießerei und so auf keinen Fall. Der Flughafen Dortmund-Wickede hat sich nicht so angestellt. Die haben sofort erlaubt, da zu drehen, und dann mussten wir das Ende umplanen.

Wären Melanie und Maike ursprünglich gar nicht in Mallorca gelandet?
Mir fiel bei der ersten öffentlichen Vorführung auf dem Filmfest München auf, dass ich das Ende noch gar nicht zu Ende gedacht hatte. Während des Drehs hat man mit so vielen anderen Sachen zu tun. Am nächsten Tag haben wir uns mit dem Verleih getroffen und ich habe denen erzählt: „Ich würde gerne noch ein neues Ende drehen.“ – „Wie? Was? Ein neues Ende?“
Dann habe ich denen erzählt, dass es doch schön wäre, wenn alle Stränge zusammenlaufen können. Die Szene mit Monika Nancy Wick und Alexandra Neldel haben wir hinterher noch nachgedreht. Und auch da hat uns der Flughafen unterstützt. Wir durften drehen, als flugfreie Zeit war, mitten in der Nacht.
Kriegt man da noch alle Schauspieler?
Ja, klar. Wir haben eine ganze Reihe von Nachdrehs gehabt. Eine schöne Anekdote ist: Wir wollten die Szene mit Til Schweiger noch ein bisschen aufpimpen. Der konnte nicht so den Ball hochhalten. Das wollten wir in München drehen, ich hatte mir an der Filmhochschule Equipment ausgeliehen und habe das in meinen Opel Corsa verladen.
Und dann am nächsten Tag wollten wir drehen und ich ziehe die Rollläden auf – und wir hatten eine geschlossene Schneedecke. Und da kam mein Produzent Christian Becker ganz gewieft auf die Idee und hat gesagt: „Also der einzige Platz, wo wir es drehen können, ist im Olympiastadion. Die haben eine beheizte Rasenfläche.“
Und er hat dann den Platzwart – damals ging das noch so einfach – mit einem Autogramm von Diether Krebs bestochen und so kamen wir da hin. Mein Bruder hatte einen Kumpel, der gut Fußball spielen konnte. Mit dem haben wir das gedoubelt. Hinterher gab der mir eine CD in die Hand und meinte, wenn wir noch Musik bräuchten, er hätte eine Band und ich soll mir das doch mal anhören.
Und das ist der Flo gewesen, der Drummer von „Sportfreunde Stiller“, der die Beine von Til Schweiger auf dem Fußballplatz im Olympiastadion gedoubelt hat, wo damals noch Bayern München spielte, und das haben wir gegengeschnitten mit diesem rumpeligen Platz von Rot-Weiß-Unna, den es jetzt nicht mehr gibt. Das ist eben das Schöne beim Film, dass man da immer gut betrügen kann.

25 Jahre ist „Bang Boom Bang“ nun alt. Filme hast du danach eher alle paar Jahre mal gemacht. Was sind deine Zukunftspläne?
Ich bin immer sehr wählerisch gewesen. Mir sind viele Sachen angeboten worden nach „Bang Boom Bang“, aber mit dem Mainstream der letzten 20 Jahre konnte ich mich so gar nicht identifizieren. Ich habe sicherlich viel auf dem Tisch gehabt, aber ich bin auch im Nachhinein immer ganz froh gewesen, dass ich die nicht gemacht habe.
Es war schon cool, dass es mir geglückt ist, noch mal einen Schritt mehr international zu gehen, mit „Blood, Red Sky“ und „Blood & Gold“, zwei Filme, die ich für Netflix gemacht habe. Wir hatten teilweise 15 Jahre lang versucht, die finanziert zu kriegen. Durch die Streamingdienste ergeben sich da ganz andere Möglichkeiten.
Das war toll für mich und ein Befreiungsschlag, auch zu zeigen, dass ich nicht nur Ruhrpott-Filme mache, obwohl ich das gar nicht schmälern will. Ich bin nach wie vor stolz auf die Filme und ich weiß, woher ich komme, aber ich denke, auch bei „Bang Boom Bang“ spürt man, dass da schon noch was anderes mitschwingt.