Eine weitere Initiative für etwas mehr Grün im Stadtbild ist ins Stocken geraten. Während Anwohner der Kornstraße wie berichtet seit drei Jahren auf versprochene neue Straßenbäume warten, würde Holger Zühlke solche Bäume sogar selbst bezahlen und selbst pflanzen. Das behördliche Verfahren für das Projekt „Pflanzung von zwei Bäumen“ aber erweist sich als recht kompliziert. Es mündete zuletzt in der offiziellen Anordnung, dass mehrere Kubikmeter Erde nicht mit einem Bagger ausgehoben werden dürfen. „Ich soll jetzt arbeiten wie im Mittelalter“, kommentierte Zühlke.
Baumprotest mit Engelsflügeln
Doch der Reihe nach: Im August 2023 schlugen Zühlke und Mitglieder der Freien Liste (FLU) ein neues Kapitel im Buch der Unnaer Protestaktionen gegen Baumfällungen auf. Sie schmückten Linden an der Hertingerstraße mit Engelsflügeln, um zu verhindern, dass die Bäume gefällt würden. Ohne Erfolg: Inzwischen sind die Linden wie geplant abgesägt worden. Die Stadt lässt an diesem Abschnitt der Hertingerstraße einen neuen Kreisverkehr bauen – im Zusammenhang mit der Errichtung des Grundschul- und Kita-Neubaus. Ende April wurde im Zuge der Bauarbeiten eine Einbahnstraße eingerichtet.

Verkauf ermöglicht Neupflanzung
Zühlke wiederum hat seinen Plan umgesetzt, die Engelsflügel, die er vor der Fällung abmontieren musste, zu verkaufen. Von den 700 Euro Erlös bezahlt er zwei neue Bäume, um wenigstens zwei der vielen Lücken im Bestand der Straßenbäume zu füllen, die der Garten- und Landschaftsbaumeister in Unna kritisiert.
Pflanzung verzögert sich
Als Standort hatte er eine Baumlücke an der Heinrich-Hertz-Straße auserkoren, in der Nähe seines Betriebs. Zwei Linden einer besonders bienenfreundlichen Art sollen dort gedeihen. Doch dann kam der Baumfreund nicht weiter. Die Verhandlungen mit den zuständigen Stellen bei der Stadt Unna zogen sich so lange hin, dass der Initiator seinen ursprünglichen Plan schon aufgeben musste: Eine Pflanzung in der idealen Zeit bis März war nicht mehr möglich.
Ortstermine und Absprachen
Zühlke berichtet, es habe zwei Ortstermine gegeben und er habe mit insgesamt sieben Einrichtungen verhandeln müssen, um die Bäume neben der Straße pflanzen zu dürfen: Mit Telekom, Stadtwerken und Gelsenwasser habe er geklärt, dass keine Leitungen im Weg liegen. Da der Grünstreifen im Eigentum der Stadt Unna ist, mussten außerdem das Umweltamt, die Stadtbetriebe, das Tiefbauamt und das Immobilienmanagement um Zustimmung gebeten werden. Vom Immobilienmanagement erhielt Zühlke letztlich einen Bescheid: die ersehnte Genehmigung.
Genehmigt, aber...
Doch ein Detail in dem Schreiben habe das „Fass zum Überlaufen gebracht“, so Zühlke: Der Aushub des Pflanzlochs müsse „per Handschachtung“ erfolgen, also mit Spaten und Schaufel, nicht mit Maschinen. „Und das, obwohl die Kabelfreiheit ja schon betätigt wurde“, so Zühlke. „Ist das Unwissenheit oder Schikane?“ Zühlke erinnert daran, dass ein Baum einen durchwurzelbaren Raum von mehreren Kubikmetern braucht. Das hat die Stadt Unna selbst in der Vergangenheit schon bestätigt. Bei der Neugestaltung der Massener Straße legten die Verantwortlichen Wert darauf, dass jeder neue Baum ein Loch mit frischer Erde erhielt – Volumen pro Wurzelraum: zwölf Kubikmeter. Das ist eine Menge Erde, wenn man keinen Minibagger einsetzen darf.
Beratung im Rathaus: baggern oder schaufeln?
Inzwischen lässt die Behörde doch Gnade walten: Zühlke ergänzte einen erneuten Antrag um Richtlinien für Baumpflanzungen und hatte Erfolg. Das Immobilienmanagement gestattet dem Garten- und Landschaftsbaumeister nun „nach Abstimmungen im Fachbereich“, doch einen Minibagger nutzen zu dürfen.
Die Stadt Unna erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, sie wolle den Fall nicht kommentieren.
Kritik: Keine Baumkompetenz
Holger Zühlke vermutet, dass das Verfahren auch deswegen für ihn nicht einfach war, weil er im Rathaus aufgrund vieler kritischer Anfragen zu verschiedenen Themen nicht überall sehr beliebt sei. Der Fall belegt seiner Ansicht nach aber auch, dass es in Unna schon geraume Zeit keine geeigneten Verwaltungsstrukturen mehr gebe für das Neupflanzen von Bäumen. Vor Jahren habe es im Grünflächenamt gebündelte Kompetenz gegeben, bis dieses „zerschlagen“ worden sei. Seitdem fühle sich für das Neupflanzen von Straßenbäumen „niemand mehr verantwortlich“. Es gebe kein Budget und nach außen hin keine Ansprechpartner.

„Absägen und aussitzen“
Erkennbar sei der Mangel an Baumkompetenz daran, dass an Unnas Straßenrändern an vielen Stellen Baumstandorte nach Fällungen leer blieben. Der Fehlbestand nehme immer weiter zu. Eine merkwürdige Installation, die vor ein paar Wochen an der Oberen Husemannstraße auftauchte, zeigt aus Zühlkes Sicht das ganze Problem in einem Bild: Auf einen etwa meterhoch abgesägten Baumstamm hatte jemand einen Stuhl gesetzt. Holger Zühlke betont, dass er es nicht war, erklärt aber: „So geht man in Unna mit Bäumen um: absägen und aussitzen.“
Auch zur Kritik an der Verwaltungsstruktur erhielt unsere Redaktion aus dem Rathaus „keinen Kommentar“.