Es soll der Routenplaner für Unnas künftige Verkehrspolitik sein, den Unna nun nach zwei Jahren Arbeit zur Verabschiedung durch die Politik vorlegt. Das neue „Mobilitätskonzept“ gibt Leitlinien und Ziele vor, benennt allerdings auch konkrete Einzelmaßnahmen, die die Stadt umsetzen könnte. Alles in allem beschreibt das 116 Seiten starke Papier den Weg zu einer Verkehrswende, die Radverkehr, Fußverkehr, Busse und Bahnen fördert, aber von Autofahrern Abstriche verlangt.
Bürgermeister Dirk Wigant spricht von der „Vision einer klimafreundlichen Mobilität“ – und drückt Zufriedenheit darüber aus, dass das Konzept unter Beteiligung Unnaer Bürger zustande gekommen ist. Wer in dem Ergebnis ein Strategiepapier vermutet, das unter dem Einfluss der starken Bündnisgrünen in Unna entstanden sei, darf sich zumindest an die Beteiligungsmöglichkeiten erinnern lassen, die das Rathaus und das beauftragte Fachbüro eröffnet hatten. Planungsspaziergänge und eine Planungsradtour, mehrere Arbeitsforen und eine repräsentative Haushaltsbefragung bilden die Grundlage einer Analyse, die den Verkehr heute in Unna unter die Lupe nimmt, um die erkannten Probleme zukünftig zu umfahren.
Unna durch Brille verschiedener Verkehrsteilnehmer betrachtet
Methodisch behandeln die Verfasser der Studie die Verkehrsarten in Unna zunächst gleichrangig. Mal setzen sie die Brille des Autofahrers auf, mal die des Radfahrers, Fußgängers, ÖPNV-Nutzers. Aus diesen Perspektiven identifizieren sie Stärken und Schwächen der Kreisstadt. Radfahrer etwa dürften die gute Routenbeschilderung, die ersten Fahrradstraßen, zunehmend bessere Parkmöglichkeiten und die ländlichen Nebenstraßen schätzen, aber auch Lücken im Radwegenetz fürchten und über eine „Dominanz“ des Kraftverkehrs gerade auf den Hauptstraßen schimpfen.

Öffentliche Verkehrsmittel in Unna erschließen demnach gut die Wege in Nachbarstädte, nur unzureichend aber viele Wege innerhalb der Stadt.
Gut aus Sicht der Autofahrer sind in und an Unna etwa die Anschlüsse ans Autobahn- und Bundesstraßennetz und der Innenstadtring als Drehscheibe, schlecht dagegen die teils hohen Verkehrslasten zu Spitzenzeiten, die insbesondere durch automobile Pendler mitverursacht würden.
Mehr fürs Fahrrad, Abstriche fürs Auto
Während die Situationsbeschreibungen noch allgemeinen Konsens zu finden versprechen, steckt in den daraus abgeleiteten Maßnahmen Konfliktpotenzial. Denn die Verkehrswende in Unna gibt Fußgängern und Radfahrern, nimmt aber von den Autofahrern. So erklärt die Stadt in einer aktuellen Pressemitteilung zum neuen Mobilitätskonzept: Vorrang habe die klimafreundliche Mobilität, was den Ausbau von Radverkehrsachsen, Fußwegen und ÖPNV meine, aber auch die Förderung von „emissionsarmen Antriebstechniken“.
Autos gelten mitunter als störend
Wer nun folgert, seinen alten Verbrenner einfach nur durch ein Elektro-Auto ersetzen zu müssen, um weiterhin freie Fahrt zu genießen, sitzt möglicherweise einem Trugschluss auf: Als eines von vier Hauptzielen des Konzepts nennt die Stadt neben Klimaschutz, Sicherheit und Erreichbarkeit die Verbesserung der Aufenthaltsqualität. So solle zum Beispiel möglichst wenig motorisierter Verkehr in die Innenstadt rollen. Das neue Parkraumkonzept, das Anfang 2024 die Nutzung der Freiluftstellflächen verteuert hat, gilt als vorweggenommene Maßnahme dieser Kategorie.
Doch selbst unter den Maßnahmen, die das Papier im Sinne des Autoverkehrs vorschlägt, sind Ideen, die bei Autofahrern erfahrungsgemäß auf Skepsis stoßen – zum Beispiel die, Tempo 30 zur „Verstetigung des Verkehrsflusses“ einzuführen.

Verkehrsring teils als Fahrradroute?
Offensichtlich wird die Umverteilung dort, wo es etwa darum geht, die „Aufteilung der Straßenquerschnitte“ und die „Potenziale des Stadtrings“ zu prüfen, was recht deutlich auf den Vorschlag anspielt, Teile des Verkehrsrings zum Radweg umzuwidmen. Überprüft werden soll auch das Parkplatzangebot in der Innenstadt – auch mit Blick auf die gestalterischen Umbaumaßnahmen.
ADFC lobt Plan, hat aber Skepsis wegen Umsetzung
Verhalten zuversichtlich äußert sich in einer ersten Bewertung Unnas ADFC zum neuen Konzeptpapier. Dass das Papier das Ziel durchgängiger, sicherer und komfortabler Radwegeverbindungen nennt, begrüßt Unnas Fahrradlobby ausdrücklich. Und doch meldet sie Skepsis an: Vergleichbare Aussagen hätten schon das Radzielnetz aus dem Jahr 2016 und der Verkehrsentwicklungsplan von 1990 beinhaltet.

Konkrete Maßnahmen werden einzeln beschlossen
Tatsächlich betont auch die Stadtverwaltung, dass ein politischer Beschluss in der zuständigen Ausschusssitzung am Dienstag, 2. Juli, das Konzept als Leitfaden annehme, aber noch kein Umsetzungsbeschluss für die im Konzept aufgezeigten Maßnahmen darstelle. Diese müssten im Anschluss noch einzeln vorbereitet und beschlossen werden.
Für einige dieser Maßnahmen ist zumindest Geld im Topf. Der aktuelle Haushalt und die Ermächtigungen für beiden kommenden Jahre finanzieren die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept mit etwa einer Million Euro.