Experte zum Aus für die Aluwerk-Akademie „Unnas Gewerbesteuer schreckt Investoren ab“

Aus für Aluwerk-Akademie: „Unnas Gewerbesteuer schreckt Investoren ab“
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Die Nachricht vom Investitionsstopp für die Aluwerk-Akademie in Unna kommt nicht völlig überraschend. Schon während der politischen Beratung über eine Anhebung der Gewerbesteuern in Unna ab 2025 hatte sich Aluwerk-Vorstand Volker Findeisen kritisch und warnend zu den Plänen der Stadt geäußert, die der hiesigen Wirtschaft Ressourcen für wichtige Investitionen nehmen würden. Nun scheint sich Findeisens Warnung zu bewahrheiten: Weil die Gesamtsteuerlast der zu erwartenden Dividende mit der Steueranhebung im kommenden Jahr auf 53,4 Prozent ansteige, vollzieht das Unternehmen auf Weisung des chinesischen Mehrheitsaktionärs Zhongwang eine Kurswende bei den geplanten Investitionen.

Der von Zhongwang dominierte Aufsichtsrat verwehrt die Gelder für eine geplante Aus- und Weiterbildungsakademie, zieht stattdessen Investitionen vor, die die Effizienz des Aluwerks verbessern sollen. Diese Strategie soll kurzfristige Verbesserungen bei der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens bringen, stellt aber die immer wichtiger werdende Frage nach neuen Fachkräften erst einmal zurück.

Steuer-Profi Martin Brandt: „Ab 50 Prozent wird es für Investoren abschreckend“

Nachdenklich und besorgt äußert sich nun auch ein Experte und Kenner der regionalen Wirtschaft zu der Entwicklung. Martin Brandt ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, in Dortmund Partner der Kanzlei Audalis, die für zahlreiche Unternehmen auch im Kreis Unna arbeitet. Für Brandt kommt die Reaktion des Aluwerks nicht allzu überraschend. Er sieht darin eine Folge der Unnaer Wirtschaftspolitik und befürchtet, dass auch andere Unternehmen auf die stärkere Besteuerung ihrer Gewinne reagieren müssen.

„Diese Nachricht aus dem Aluwerk macht deutlich, dass man durch die Anhebung des Hebesatzes in Unna als Kapitalgesellschaft über die 50-Prozent-Marke kommen kann, was die Steuerbelastung im Ganzen betrifft“, so Brandt. Eine Besteuerung in dieser Größenordnung sei zwar rechtlich zulässig, aber auf einer psychologischen Ebene kritisch zu sehen: Sie bedeute, dass ein Unternehmer von seinen Erträgen mehr Geld abführen muss als er behalten kann. Und damit werde eine Grenze überschritten, die für Investoren abschreckend wirke.

Zu den Investitionsvorhaben von Aluwerk-Chef Volker Findeisen gehört auch eine hauseigene Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die die Versorgung des Unternehmens mit Fachkräften sicherstellen soll. Findeisen hält ein solchea Angebot für „überlebenswichtig“, bekommt vom Aufsichtsrat aber derzeit keine Freigabe für die auf fünf Millionen Euro angesetzten Investitionsmittel.
Zu den Investitionsvorhaben von Aluwerk-Chef Volker Findeisen gehört auch eine hauseigene Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die die Versorgung des Unternehmens mit Fachkräften sicherstellen soll. Findeisen hält ein solches Angebot für „überlebenswichtig“, bekommt vom Aufsichtsrat aber derzeit keine Freigabe für die auf fünf Millionen Euro angesetzten Investitionsmittel. © Marcel Drawe

Der Wirtschaftsstandort Unna drohe dadurch an Attraktivität zu verlieren, befürchtet der Experte aus Bergkamen. „Unsere Mandanten schauen bei Investitionsentscheidung auf verschiedene Standortfaktoren, aber eben auch auf die Steuersätze.“ Wenn diese dann als allgemein zu hoch wahrgenommen werden oder in keinem akzeptablen Verhältnis zu den Vorteilen eines Standortes zu stehen scheinen, könne die wirtschaftliche Entwicklung in Unna dauerhaft leiden. „Auf Dauer tue ich mir als Kommune keinen Gefallen damit“, so Brandt weiter. „Insbesondere für Neuansiedlungen wird man unattraktiver. Wer schon mit einem Standort vertreten ist, wird ihn vielleicht nicht gleich verlagern, ist aber in seinen Investitionsmöglichkeiten gehemmt.“

Tendenz zum gegenseitigen Hochschaukeln

Brandt fürchtet, dass die Entwicklung der Steuerlast für Unternehmen in der Region zumindest in näherer Zukunft eher steigen wird. „Es sieht so aus, als ob man sich da gegenseitig hochschaukelt. Die Kommunen vergleichen sich dabei eher mit anderen in der Region, übersehen aber schnell, dass sie im internationalen Vergleich schlecht aufgestellt sind.“

Auch dies scheint sich am Beispiel des Aluwerks zu bewahrheiten, das innerhalb des Konzernverbundes nun als der Standort mit der schlechtesten Rentabilität nach Steuern gilt.