Es kommt selten vor, dass Dirk Oberschulte-Beckmann nach Worten ringen muss. Doch nach dem 0:2-Desaster gegen den SC Paderborn hatte es selbst Schalkes Kultmoderator für einige Augenblicke die Sprache verschlagen. Der Grund war die Spielstatistik, die Schalke als Service für die Zuschauer in der Halbzeitpause und nach dem Schlusspfiff auf dem großen Videowürfel in der Veltins-Arena präsentiert. Dort war zu sehen, dass Paderborn in allen Kategorien besser war. Genau solch einen Satz formulierte Oberschulte-Beckmann noch und schwieg dann lieber.
Trainer Kees van Wonderen verbreitete in der anschließenden Pressekonferenz noch einige Allgemeinplätze, bevor er am späten Freitagabend freigestellt wurde. Schalkes Entscheidungsträgern blieb keine andere Wahl, weil die Mannschaft zuvor eine sportliche Bankrotterklärung abgeliefert hatte, die jeder Beschreibung spottete. Als Schiedsrichter Robert Schröder die Partie abgepfiffen hatte, waren viele tausend Zuschauer längst auf dem Heimweg, voller Wut und längst auch Angst um „ihren“ FC Schalke 04.
Münster wittert Morgenluft
Zwar beträgt der Vorsprung auf den Abstiegsrelegationsplatz bei zwei noch ausstehenden Partien scheinbar beruhigende sechs Punkte, doch dieser Mannschaft ist aktuell alles Negative zuzutrauen, zumal Abstiegskonkurrent Preußen Münster durch den 5:0-Sensationssieg in Magdeburg Morgenluft im Kampf um den Klassenerhalt gewittert hat.
Bei Schalkes Spielern lagen derweil die Nerven blank. Ron Schallenberg nahm sich seine Mitspieler verbal unmittelbar nach dem Abpfiff zur Brust, während Torwart Justin Heekeren wütete: „Wir waren ohne Kampfgeist, ohne Wille. Nach dem 0:2 haben wir aufgegeben. Das geht nicht. Es ist keine Enttäuschung, sondern pure Wut, die in mir ist.“

Nun soll zum zweiten Mal in dieser Saison Jakob Fimpel den Super-Gau für die Königsblauen verhindern. Am Samstagmorgen leitete der 36-Jährige das Profitraining. Kurios, dass Fimpel auch mit Schalkes Regionalliga-Team noch tief im Abstiegskampf steckt. Hier haben für die letzten beiden Spieltage Tomasz Waldoch, Willi Landgraf und Martin Max die Trainingsleitung übernommen.
Der Trainerwechsel soll einen neuen Impuls setzen und die Mannschaft wachrütteln, die mehr als sieben Kilometer weniger lief als Gegner Paderborn. Sportdirektor Youri Mulder hatte am Samstagmorgen nicht zum ersten Mal in dieser Saison eindringliche Worte an das Team gerichtet. „Wir sind in einer gefährlichen Lage“, betonte der 56-Jährige.
Baumann vor Herkulesaufgabe
Wie es soweit kommen konnte, bedarf spätestens am Saisonende einer schonungslosen Analyse, bei der es keine Tabus geben darf. Der Schaden für den Club ist bereits immens, der Vertrauensverlust wächst beständig, auch wenn dem Gruselkick gegen die Ostwestfalen wieder über 62.000 Menschen beiwohnten. Der neue Sportvorstand Frank Baumann hat eine Herkulesaufgabe vor sich.
Der alte und neue Hoffnungsträger Jakob Fimpel hat schon einmal bewiesen, dass er Schalke kann. Nach der Entlassung von Karel Geraerts im Herbst 2024 holten die Blau-Weißen unter seiner Leitung in zwei Spielen vier Punkte (2:1 in Münster, 2:2 gegen Hertha BSC). Er kennt die Spieler und den Club. „Sehr gut, dass Jakob es macht. Wir sind voller Vertrauen in ihn“, sagte Mulder. Mehr bleibt Schalke in der aktuellen Lage auch nicht übrig.