Wohnberaterin Bettina de Sacco setzt auf Netzwerke um zu helfen Manchmal müssen Familien stark sein

Nachbarn und Angehörige: Bettina de Sacco setzt auf Netzwerke
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In den gewohnten vier Wänden alt werden - das wünschen sich wohl die meisten Menschen auch in Lünen, Selm und Werne. Manchmal erweist sich jedoch das eigene Zuhause als nicht mehr so richtig geeignet dafür. Weil das Badezimmer mit einer Badewanne statt mit einer bodengleichen Dusche ausgestattet ist. Oder weil es Probleme gibt, aus dem zweiten Stock nach unten zu kommen. Hier gibt es jedoch Hilfsmittel und auch Fördermöglichkeiten. Da hilft die Wohnberatung des Kreises Unna, die im Nordkreis vom Caritasverband organisiert wird.

Bettina de Sacco kümmert sich seit 2014 um die Wohnberatung, zusammen mit Rüdiger Willms, und ist seit 2020 auch für den Bereich aufsuchende Beratung und Begleitung (ABB) zuständig. Auch ein Zweig der Wohn- und Pflegeberatung des Kreises Unna, die das Ziel hat, dass die meisten Menschen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können.

Hilfsmittel für Wohnungen

Ambulante Hilfen zu finanzieren ist demnach immer noch deutlich preiswerter für den Kreishaushalt als die Unterbringung in stationären Einrichtungen. „Immerhin 84 Prozent der Pflegeberdürftigen werden zuhause versorgt", so Bettina de Sacco. Um diese häusliche Pflege zu erleichtern, gibt es die Wohnberatung. Allerdings können die Beraterin und ihre Kollegen in den anderen Teilen des Kreises nicht in jedem Fall helfen. „Es kommt oft vor, dass Leute barrierefreie Wohnungen suchen. Da können wir angesichts des sehr angespannten Wohnungsmarktes nicht helfen.“ Die 58-Jährige verweist dann auf die einzelnen Service-Wohnanlagen im Nordkreis.

Oft reichen aber auch Hilfsmittel oder Umbaumaßnahmen, damit die Ratsuchenden in den gewohnten vier Wänden bleiben können. „Es gibt jede Menge Hilfsmittel, die schon ausreichen können, wenn man einen Umbau scheut. Beispielsweise Haltegriffe für die Wanne oder einen Badewannenlift.“ Solche Hilfsmittel können auch vom Arzt verschrieben und von der Krankenkasse bezahlt werden. Wenn das nicht ausreicht, können auch Treppenlifte oder der Umbau des Bads in Betracht gezogen werden. „Viele Leute wissen nicht, dass es Fördermöglichkeiten gibt. Da helfen wir gerne.“

Treppen können für ältere Menschen zu schwer überwindbare Hürden werden. Wollen Mieter einen Treppenlift einbauen, sollten sie das mit ihrem Vermieter besprechen. Die Wohnberatung unterstützt sie dabei.
Treppen können für ältere Menschen zu schwer überwindbare Hürden werden. Wollen Mieter einen Treppenlift einbauen, sollten sie das mit ihrem Vermieter besprechen. Die Wohnberatung unterstützt sie dabei. © picture alliance / dpa-tmn

Dabei erweisen sich gute Netzwerke immer als nützlich. Wobei der Name Wohnberatung ein wenig verwirrend ist - wie die Anfragen von Wohnungssuchenden zeigen. 20 Stunden in der Woche kümmert sich Bettina de Sacco zudem um den Bereich „aufsuchende Beratung und Begleitung“ (ABB), hat nun auch eine Kollegin dazu bekommen, mit ebenfalls 20 Stunden wöchentlich.

Das ist Ergebnis der Verhandlungen zwischen Kreis Unna und den an der Wohn- und Pflegeberatung beteiligten Wohlfahrtsverbänden Anfang des Jahres. Die sehr gute Vernetzung in Lünen soll nun auch Vorbild für Selm und Werne sein. „Geplant sind dort Beratungsangebote vor Ort.“ Auch in Migrantenfamilien verändert sich vieles in Sachen häusliche Pflege. Deshalb soll das Beratungsangebot auch Menschen mit Migrationshintergrund nahegebracht werden.

Beim Bereich ABB geht es um Menschen, die entweder keine Angehörigen haben oder wo die Familien überfordert sind. Nachbarn, die Betreuungsstelle oder der sozial-psychiatrische Dienst wenden sich an Bettina de Sacco und ihre Kollegen. Weil sich jemand seltsam benimmt, weil monatelang die Post nicht geöffnet wurde oder die Wohnung zu verwahrlosen beginnt. Die Beraterin schaut sich die Situation vor Ort an und verweist dann an die zuständigen Stellen. Wenn es um Wohnberechtigungsscheine, Wohngeld oder Anträge auf Schwerbehindertenausweise und weitergehende Hilfen geht, kümmert sie sich auch darum.

Schwer auszuhalten

Die Hilfe und Begleitung läuft solange, bis die häusliche Versorgung des Hilfebedürftigen gesichert ist. Bettina de Sacco: „Oft gibt es Fälle, die sich über Jahre hinziehen, wo immer wieder die Nachbarn anrufen, weil es wieder Probleme gibt.“ Manchmal jedoch kann auch die erfahrene Beraterin nicht helfen. Auch wenn sich die Angehörigen oder Nachbarn das sehr wünschen. „Wenn jemand sagt, dass er keine Hilfe möchte, dann können wir nichts gegen seinen Willen tun. Das ist dann für die Angehörigen nur schwer auszuhalten. Sie müssen zuschauen, wie beispielsweise die Mutter ihren Alltag nicht mehr bewältigen kann, aber sich trotzdem weigert, Hilfe anzunehmen.“

Immer mal wieder wird dann von Nachbarn oder der Familie der Begriff „Entmündigung“ ins Spiel gebracht. Doch die gibt es schon lange nicht mehr. Gesetzlich möglich ist die Betreuung. Aber nur, wenn der oder die Betroffenen einverstanden sind. Bettina de Sacco muss dann den Angehörigen klar machen, dass sie lernen müssen, die Situation auszuhalten. „Manchmal rufen Nachbarn fast jeden Tag an, weil eine ältere Dame im Nachthemd draußen rumläuft. Aber davon geht ja keine Gefährdung aus. Und genau darum geht es.“

Nicht immer ist gut gemeinte Hilfe auch willkommen. Damit müssen auch die Angehörigen fertig werden.
Nicht immer ist gut gemeinte Hilfe auch willkommen. Damit müssen auch die Angehörigen fertig werden. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Jeder Fall ist anders und immer auch eine Herausforderung. „Da ist es wichtig, ein entsprechendes Netzwerk zu haben.“ Bettina de Saccos Mutter ist im gleichen Alter wie ihre Klientel. Das hilft, so kann sie sich in die alten Menschen hineinversetzen. Aber sie freut sich auch, dass ihre neue Kollegin Saskia Hattebuer jünger ist und einen anderen Blick auf die Menschen hat, die Hilfe brauchen. „Bisher war ich Einzelkämpferin in meinem Bereich, Austausch mit den anderen Kollegen gab es natürlich auch, aber eben nicht so regelmäßig. Jetzt können wir beide uns immer direkt austauschen.“ Auch im Mittel- und Südkreis gibt es neue Kollegen für den Bereich mit je 20 weiteren Stunden.

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