© Sylvia vom Hofe
Über den Brauereiknapp rollt der Verkehr. Im Herzen des Berges ist es aber ganz still. Die Eiskeller der alten Brauerei sind ein verwunschener Ort. Sie sollen zu neuem Leben erweckt werden.
Eiskeller und Weinkeller: Nur drei Buchstaben machen den Unterschied. Tatsächlich ist der Wechsel von dem einen zum anderen eine echte Herausforderung: ein Projekt, das die gräfliche Verwaltung umsetzen will. Das Ergebnis könnte eine neue Attraktion sein - nicht nur für Cappenberg, sondern für die ganze Stadt.
Cappenberg ist nicht nur der älteste, sondern auch der berühmteste der drei Ortsteile der Stadt Selm: einst ein beliebtes Ziel für Sommerfrischler aus dem Ruhrgebiet. Zumeist wohlhabende Familien kamen um 1900, um sich zwischen Schloss und Brauerei zu erholen und Spaziergänge durch den Cappenberger Wald zu machen.
Die lange Geschichte des Ortes, seine Kunstschätze und die Natur ziehen die Menschen immer noch an. Aber unterm Strich habe es früher für die Gäste doch mehr Angebote geben, hatte Bürgermeister Mario Löhr bei der jüngsten Bürgerversammlung gesagt und laut über eine Wiedereröffnung des Wildparks nachgedacht.
An solchen Gedankenspielen beteiligt sich die Verwaltung Graf von Kanitz öffentlich momentan nicht. Sie hat aber bereits konkrete Pläne, um eine andere Attraktion zu schaffen: einen Weinkeller im Herzen des Brauereiknapps.
Graf Ludwig von Kielmannsegg, Schwiegersohn des Freiherrn vom Stein, hatte in den späten 1830er-Jahren die Brauerei errichten lassen; die erste weit und breit, die statt des typischen Altbiers helles Landbier nach bayrischer Art herstellte: ein echter Renner.
Noch ist der Zugang beschwerlich zum Eiskeller. Das soll sich aber ändern. © Sylvia vom Hofe
In einem Bericht, den das Hauptzollamt Münster 1855 herausgab, steht: „Durch den Umfang ihres Betriebes zeichnet sich die Brauerei [...] vor allen übrigen aus“. Dr. Franz Peter Kreutzkamp vom Cappenberger Heimatverein berichtet, dass die Brauerei zu dieser Zeit 30 bis 40 feste Mitarbeiter hatte, die jährlich 7000 bis 8000 Ohm Bier brauten. Ohm ist eine alte deutsche Volumen-Einheit, wie Kreutzkamp erklärt. Ein Ohm entspricht etwa 137 Liter.
Weil es noch keine Kühltechnik gab, wurde auch unterirdisch gearbeitet - in den Kühlkellern: den Eiskellern. Das soll künftig wieder passieren - allerdings nicht, um Bier zu brauen, sondern um Wein zu keltern - und später auch zu verkosten.
Hier oder in einer der anderen Röhren könnte demnächst Wein gekeltert und verkostet werden. © Sylvia vom Hofe
1900 Quadratmeter misst die lange vergessene Unterwelt des Brauereiknapps: elf unterschiedlich lange Kellerröhren, von denen eine in etwa einem Jahr Produktionsstätte und Probierraum werden soll für den Wein, den der Graf von Kanitz auf dem Cappenberger Weinberg anbauen lässt. Nachdem die Keller in den 1980er-Jahren als Zuchtstätte für Champignons gedient hatten, stehen sie leer.
Leiterin des Medienhauses Lünen Wer die Welt begreifen will, muss vor der Haustür anfangen. Darum liebe ich Lokaljournalismus. Ich freue mich jeden Tag über neue Geschichten, neue Begegnungen, neue Debatten – und neue Aha-Effekte für Sie und für mich. Und ich freue mich über Themenvorschläge für Lünen, Selm, Olfen und Nordkirchen.