Das Spiel steht Spitz auf Knopf, als Trainer Sebastian Kramzik einen Wechsel vornimmt, der durchaus besonders ist. Sieben Minuten vor dem Ende schickt der Coach der SG Selm einen Spieler aufs Feld, der eigentlich längst keiner mehr ist: Tobias Lütjann, Vorsitzender des Fußball-A-Ligisten. Am Ende ist Kramziks Entscheidung erfolgreich. Lütjann hilft der SG, die nach 0:2 auf 3:2 gedrehte Spiel gegen den 1. FC Gievenbeck II über die Zeit zu bringen.
Tobias Lütjann steht für die SG Selm auf dem Feld
„Geplant war das so nicht, aber die Verletzten auf der Innenverteidigerposition haben das nötig gemacht“, erklärt Lütjann. Ende der Saison 2021/22 hing der 34-Jährige sein Trikot an den Nagel, im Frühjahr vor etwas mehr als einem Jahr wurde der Innenverteidiger dann Vorsitzender der SG.
Schon vor zwei Jahren hatte Lütjann noch einmal ausgeholfen, nun eben ein erneuter Einsatz, da für Malte Stephan und Noah Wacher die Saison verletzungsbedingt beendet ist und mit Marius May der nächste Innenverteidiger rausmusste.
Bereits dreimal saß der Vorsitzende in dieser Saison auf der Bank der SG, nun musste er erstmals auch ran. Und Lütjann machte es gut. „Es war ein relativ hitziges Spiel, da war es schwierig, da reinzukommen“, meinte der Vorsitzende zwar, „aber ich hab ein, zwei Zweikämpfe, die ich erfolgreich absolviert habe und dann ist man auch schon drin.“

Eine mindestens ordentliche Leistung bescheinigte auch der Trainer seinem Vorsitzenden. Kritik konnte sich der Coach sparen. „Das brauche ich nicht“, meinte Kramzik lachend. „Es war alles in Ordnung. Es war natürlich auch ein dankbarer Gegenspieler für ihn, mit dem er umgehen konnte.“
Dabei war Lütjann nicht erst auf dem Feld voll mit dabei. Auch an der Seitenlinie ging der Vorsitzende sichtlich mit. Den Innenverteidiger hielt es kaum auf der Bank, stattdessen war Lütjann ein ums andere Mal in der Coachingzone zu finden. Der Schiedsrichter ermahnte den Selmer gleich zweifach, auf der Bank Platz zu nehmen. „Man ist einfach emotional“, begründete Lütjann.
Davaria Davensberg wartet auf Kramzik-Elf
Durchaus verständlich, fuhr die SG doch einen ganz wichtigen Erfolg im Kampf um den Klassenerhalt ein. Durch den Erfolg über Gievenbeck klettert Selm vorerst aus dem Tabellenkeller. „Das war immens wichtig“, meinte Lütjann. „Seit Wochen sagen wir, ein Spiel weniger, ein Spiel weniger, ein Spiel weniger. Jetzt sind es auch endlich mal drei Punkte mehr.“
Nur wird die SG auch in den kommenden Wochen weiter punkten müssen – vor allem, um auch die eigenen Nerven zu beruhigen. „Es sind noch vier Spiele, da gibt es zwölf Punkte zu holen“, rechnet Lütjann vor. „Da müssen wir dranbleiben.“ Nach dem doch etwas überraschenden Erfolg darf die SG Selm aber nun etwas beruhigter in die kommenden Wochen gehen – auch wenn die Rettung noch alles andere als sicher ist.
Immerhin dürfte die Laune nach dem 3:2 nicht schlechter geworden sein. „Die Stimmung war aber immer gut, auch bei niederschmetternden Ergebnissen. Wir haben gesehen, dass, wenn wir als Mannschaften agieren, auch dazu in der Lage sind, ein Tor mehr als der Gegner zu schießen“, deutete Lütjann die Vorgabe für die kommenden Wochen an. Wie es geht, zeigte der Vorsitzende aktiv auf dem Feld.