Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser können seit Ende April die elektronische Patientenakte („ePA für alle“) nutzen. Erst im Oktober wird sie verpflichtend eingeführt. Die ePA ist ein digitaler Aktenordner. Darin sollen alle medizinischen Informationen eines Patienten aus Kliniken und Praxen gesammelt werden, die vorher an unterschiedlichen Orten verwaltet wurden. Es geht um Laborbefunde, Untersuchungsergebnisse, Medikamente oder Arztbriefe. Zugriffsberechtigte können sie direkt einsehen. Das Gesundheitswesen wird digital vernetzt, die Zettelwirtschaft soll der Vergangenheit angehören. Durch die ePA sollen letztlich auch Behandlungsfehler vermieden und Mehrfachuntersuchungen überflüssig werden.
Dlair Ahmad, Facharzt für Allgemeinmedizin, hat seit acht Jahren eine Praxis an der Jägerstraße in Lünen. Er ist überzeugt: „Die ePA wird es mir als Arzt und den Patienten leichter machen.“ Befunde von Fachkollegen und aus der Klinik könne er schneller einsehen, das sei ein Vorteil für die Behandlung. Dlair Ahmad habe die digitale Neuerung schon vor einem Jahr testen wollen. Weil er keine offizielle Pilotpraxis gewesen ist, sei das aber gestoppt worden. Zum bundesweiten ePA-Start am Dienstag (29. April) wäre der Hausarzt aus Lünen-Süd gerne eingestiegen: Sein Praxissoftware-Anbieter meldete allerdings Anlaufschwierigkeiten.
„Wir wollten, aber die Technik schaffte es nicht“, sagt er. Jetzt hofft er, mit den nötigen Updates in der zweiten Mai-Woche starten zu können. Anfangs rechnet Dlair Ahmad mit Mehrarbeit durch die ePA. Das sei auch beim E-Rezept so gewesen. Nach einer Gewöhnungsphase werde die elektronische Patientenakte zur Routine, ist der Mediziner sicher. Ein Schritt in neue Zeiten.

Veränderte Abläufe in Praxis
Dr. Arne Krüger, Hausarzt und Sprecher des Lüner Ärztevereins, sagt zum ePA-Start: „Wir fangen gerade an, Erfahrungen zu sammeln.“ So wie es bei der Einführung mit dem E-Rezept und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gelaufen sei, habe er keine große Lust, sofort nach vorne zu stürmen. „Technisch können wird das, aber es verändert Abläufe in der Praxis“. Das sei bei dem üblich hohen Arbeitspensum nicht eben mal per Knopfdruck machbar. Weil es nicht an jedem Arbeitsplatz ein Kartenlesegerät gebe, käme es zum Stau in der Anmeldung.
Patienten müssten einwilligen und sich in der ePA-App mit einer PIN identifizieren. Krüger gehe das Thema ganz entspannt an. Zumal es auch in den Krankenhäusern noch andere Abläufe gebe. Arztbriefe kämen von dort noch per Fax oder per Post. „Es ist ein Irrglaube der Politik, dass das sofort funktioniert.“ Denn es müssten Prozesse von einer analogen in eine digitale Welt angestoßen werden.
Kliniken starten im Oktober
Bei den Knappschaft Kliniken Lünen in Brambauer sei die elektronische Patientenakte noch nicht implementiert, teilt Pressesprecherin Susanne Janecke mit. Derzeit liefen Testphasen in anderen Häusern des Verbundes. Von den dort gewonnenen Erfahrungen wolle man profitieren und das System auch in Lünen-Brambauer einführen. Eine Verpflichtung bestehe für Krankenhäuser frühestens ab Oktober dieses Jahres.
Das Klinikum Lünen-Werne habe sich seit langer Zeit auf die Einführung von ePA vorbereitet, berichtet Pressesprecher Tim Lau. Die technisch notwendige Infrastruktur, die Telematik, sei flächendeckend verfügbar und werde schon für andere Verfahren erfolgreich verwendet. Aktuell warten die Krankenhäuser der Katholischen St. Paulus-Gesellschaft, zu der auch das St. Marien Hospital Lünen und das St. Christophorus Krankenhaus Werne gehören, auf letzte Detailanpassungen der jeweiligen Softwarehersteller. Das Klinikum Lünen-Werne werde nicht unmittelbar mit ePA starten, aber fristgerecht bis Oktober 2025.