Schützenverein Werne-Langern: 10 Fakten zum 100-Jährigen Von Bergbau, Bienen und Gleichberechtigung

Schützenverein Langern feiert: 10 erstaunliche Fakten aus 100 Jahren
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Etwas mehr als 500 Menschen leben in Langern, der westlichsten Bauerschaft der Stadt Werne. Rund 150 davon sind im Frühjahr 2025 als Mitglied im Schützenverein Langern registriert, Tendenz steigend, wie Egbert Ortmann, der Vorsitzende, sagt.

Der mitgliederstärkste Verein des Dorfes stehe damit „auf einem sehr guten personellen Fundament“, so Ortmann: beste Voraussetzungen, um im Mai drei Tage lang ausgelassen 100-jähriges Bestehen feiern zu können. Dass die Vereinsgründung zu diesem Zeitpunkt erst 97 Jahre zurückliegt, macht da keinen Unterschied.

Im Gegenteil: Das gehört zu den zehn erstaunlichen Fakten aus der Vereinsgeschichte, die den Traditionsverein auf der Grenze zwischen Selm, Lünen und Werne so besonders macht.

1. Frauen auf den Thron: Langern ist Vorreiterin

Die Bauerschaft Langern ist ländlich geprägt und gilt als traditionsbewusst. Manche würden auch sagen: konservativ. In Sachen Gleichberechtigung hinkt sie aber nicht hinterher, im Gegenteil.

Es war in Langern, als die erste Frau bei einem Schützenfest in Werne den Vogel abschoss: Petra Wöstenfeld. Das war nicht etwa 1957, als der Bundestag das Gleichberechtigungsgesetz verabschiedete. Oder 1994, als er es erweiterte, sondern im Jahr 2000. Bundesweit tun sich andere Vereine damit auch noch 25 Jahre später schwer. Im Bürgerschützenverein Neuss etwa dürfen ab Mitte 2025 Frauen zwar ordentliche Mitglieder werden, aber weder mitmarschieren noch Vorstandsposten bekleiden oder gar schießen.

Der Langerner Schützenverein hat bereits 1991 die volle Mitgliedschaft für Frauen beschlossen - wenn auch „nach einer hitzigen Debatte“, wie es in der Vereinschronik heißt.

Petra Wöstenfeld war im Jahr 2000 eine strahlende Schützenkönigin. Sie trug als erste Frau in Langern die Schützenkette und war in ganz Werne die erste, die selbst den Vogel abgeschossen hat. Sie wählte Heinz Demuth als Mitregenten.
Petra Wöstenfeld war im Jahr 2000 eine strahlende Schützenkönigin. Sie trug als erste Frau in Langern die Schützenkette und war in ganz Werne die erste, die selbst den Vogel abgeschossen hat. Sie wählte Heinz Demuth als Mitregenten. 2006 schoss Sandra Reckers den Vogel ab. © Schützenverein Langern

2. Lehrer auf den Thron: Die ersten Regenten

König. Sein Name war Programm. Der erste Schützenkönig von Langern hieß Clemens König, vielen besser bekannt als „Herr Lehrer König“. Er unterrichtete an der 1880 gegründeten Bauerschaftsschule auf dem Osticker Berg, dem heutigen Dorfgemeinschaftshaus. Nicht nur Rechnen und Schreiben vermittelte er der Dorfjugend. König, einer der 30 Gründungsmitglieder des Schützenvereins, leitete auch den Trommlerchor.

Als Lehrer König beim ersten Schützenfest im Juni 1929 den Vogel abschoss, wählte er eine ehemalige Kollegin zur Königin: Paula Berlemann. Die Lehrerin aus Alstedde hatte zwei Jahre zuvor den Langerner Schlosser Heinrich Berlemann geheiratet. Ihren Beruf musste sie dafür aufgeben. Das noch bis 1951 geltende Lehrerinnenzölibat ließ ihr nichts anderes übrig.

Lehrer Clemens König ging als erster Schützenkönig in die Langerner Vereinsgeschichte ein. Er wählte eine Kollegin, Paula Berlemann, zu seiner Königin.
Lehrer Clemens König ging als erster Schützenkönig in die Langerner Vereinsgeschichte ein. Er wählte eine Kollegin, Paula Berlemann, zu seiner Königin. © Schützenverein

3. Das Geheimnis des Jubiläums: Grundstein 1925

„Man soll die Feste feiern, wie sie fallen.“ Mit diesem Titel sang sich Chris Roberts 1975 in die Hitparade. Nicht unwahrscheinlich, dass der Schlager auch 1979 auf dem Langerner Schützenfest zu hören war: ein Jubiläumsschützenfest. Vom 13. bis zum 17. Juli feierte der Verein damals sein 50-jähriges Bestehen. Wie es dann sein kann, dass das 100-Jährige in das Jahr 2025 fällt? Es komme darauf an, welches Datum zugrunde gelegt werde, sagt der Vorsitzende Egbert Ortmann.

Zunächst habe sich der Verein an dem offiziellen Gründungsdatum orientiert: 11. März 1929. Damals wählten rund 30 Langerner einen ersten Vorstand. Den Plan dazu, ergänzt Ortmann, hätten die Aktiven aber schon eher gefasst: nämlich 1925.

Pünktlich zur Jahrtausendwende hat der Verein seine Zeitrechnung umgestellt. Im Jahr 2000 beging er feierlich sein 75-jähriges Bestehen.

4. Ältere Tradition: Fortsetzung statt Neubeginn

Nicht allein die Unterscheidung zwischen erdachter und vollzogener Vereinsgründung macht es schwer, den Beginn der Langerner Schützentradition genau zu terminieren. Denn offenbar gab es schon vor dem aktuellen Verein einen Schützenverein in Langern: eine Erkenntnis, die Heinrich Dirks, der letzte Leiter der 1967 geschlossenen Langerner Volksschule, zu Papier brachte.

Die Gründungsväter des Schützenvereins Langern hätten1925 eine „alte Tradition wieder aufleben“ lassen nach 60-jähriger Unterbrechung. „Einen Schützenverein hat es schon vor mehr als 100 Jahren gegeben“, schrieb Dirks 1958 ins Protokollbuch. 1869 habe Langern „zusammen mit der Bauerschaft Lenklar das letzte gemeinsame Schützenfest“ gefeiert. Danach schossen und feierten die Langerner zusammen mit den Nachbarn aus Cappenberg. 1925 zum letzten Mal.

5. Das Geheimnis der Königskette

Nicht von bissigen Hunden bewacht, sondern von wehrhaften Bienen: So hat die Schützenkette des Langerner Vereins fünf Jahre überdauert - mindestens. Heinrich Berlemann Senior, der letzte Schützenkönig vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, überraschte seine Vereinskollegen 1950, als er ihnen die in den Kriegswirren verloren geglaubte Kette präsentierte. Er habe sie, erzählte der damals 82-Jährige, 1945 auf dem Schwarzmarkt wiederentdeckt, durch eine List in seinen Besitz gebracht und anschließend sicher verwahrt: in der Bienenhütte. Berlemann war Imker. 1953 fand die Kette beim ersten Fest nach dem Krieg wieder feierliche Verwendung.

Heinrich Berlemann, der dritte König, war Imker. Unter seinen Bienen hatte er die verschwunden geglaubte Königskette versteckt, wie er 1950 mitteilte.
Heinrich Berlemann, der dritte König des Schützenvereins Langern, war Imker. Unter seinen Bienen hatte er die verschwunden geglaubte Königskette versteckt, wie er 1950 mitteilte. © Berlemann

6. Kostbares Tuch: Die Geschichte der Fahne

Dass sie sich auf das Handarbeiten versteht, wussten alle, die in der Langerner Volksschule bei Hedwig Wanderka Unterricht hatten. Und das waren viele: Die Lehrerin war dort von 1929 bis 1957 tätig. Sie hat nicht nur Handarbeiten unterrichtet, sondern es auch selbst geliebt. Der damals noch junge Schützenverein hat davon profitiert. Die 1933 eingeweihte erste Schützenfahne hat Hedwig Wanderka handgestickt. 1976 ließ der Verein sie aufarbeiten. Für das 100-Jährige gab er eine neue Fahne in Auftrag.

7. Überholt: Pläne für die Bergbaustadt Langern

Es sei ein Traum gewesen, der nicht Wirklichkeit wurde, heißt es in der Schützenchronik. Gemeint: eine 10 mal 38 Meter große Baracke, die die Werksleitung der Zeche Haus Aden den Schützen als Bürgerhalle kostenlos aufstellen wollte. 1987 war das. Längst ist nicht nur der Traum von der Halle ausgeträumt, sondern der vom Bergbau insgesamt, der aus heutiger Sicht eher einem Albtraum glich. Denn er hätte die kleine Bauerschaft im Landschaftsschutzgebiet von Grund auf verändert.

Drei Anläufe hatte es dazu gegeben: der erste Anfang des 20. Jahrhunderts, als die Bergwerksgesellschaft Dahlbusch zwei Schachtanlagen für 3500 Beschäftigte in Langern und Lenklar plante und dafür Wald und Höfe aufkaufte, Mitte der 1930er-Jahre der nächste Anlauf, aus dem kleinen Langern eine große Bergbaustadt zu machen - fünfmal so groß wie die Werner Kernstadt. Tatsächlich gebaut wurden Ende der 1970er-Jahre der Wetterschacht VI an der Straße Am Sunderbach und die Schachtanlage VII Romberg, die damals die tiefste im Ruhrgebiet war. Allerdings war 1998 damit schon wieder Schluss.

8. Zwischen Tresen und Saal: Abschied vom Jagdhaus

Längst feiert der Schützenverein seine Feste im und am Dorfgemeinschaftshaus im Langerner Zentrum. Die Gründungsversammlung am 11. März 1928 fand aber in dem Lokal „Zur schönen Aussicht“ an der B 54 statt. Nach Kriegsende hieß es Jagdhaus Langern. 2006 schloss die - nach dem Aus von Haus Waldfrieden 1973 an der Varnhöveler Straße - letzte Gastronomie von Langern.

9. Geburt einer neuen Tradition: Der Weihnachtsmarkt

Etwas, woran die Väter des Schützenvereins nicht gedacht hatten, ist seit fast 30 Jahren ein festes Standbein des Traditionsvereins: der Weihnachtsmarkt. 1996 war Premiere. Inzwischen ist er ein weit über die Ortsgrenzen hinaus beliebtes Ziel.

Auch 2024 war der Weihnachtsmarkt am Dorfgemeinschaftshaus Langern wieder ein Ziel für zahlreiche Gäste.
Auch 2024 war der Weihnachtsmarkt am Dorfgemeinschaftshaus Langern wieder ein Ziel für zahlreiche Gäste. © Jan Bürger

10. Ältestets Gebäude der Bauerschaft im Wappen

Der Schützenverein Langern hat das älteste Gebäude der Bauerschaft im Wappen: die 1374 erstmals erwähnte Antoniuskapelle. Sie steht knapp zwei Kilometer Fußweg vom Dorfzentrum entfernt zwischen den Höfen im Hoerm. Dort finden Trauungen und Taufen statt und zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten jeweils am zweiten Feiertag ein Gottesdienst. Die Schützen tragen das kleine Gotteshaus nicht nur im Wappen, sondern pflegen auch das Gelände.

Der Rundwanderweg W 8 führt durch die Bauerschaft Langern. Am Wegrand liegt im Hoerm die Langerner Antoniuskapelle.
Der Rundwanderweg W 8 führt durch die Bauerschaft Langern. Am Wegrand liegt im Hoerm die Langerner Antoniuskapelle. © Jörg Heckenkamp