Nix wie raus hier Wenn der Weihnachtsbaum uns auf die Palme bringt

Nix wie raus hier: Wenn der Weihnachtsbaum uns auf die Palme bringt
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Er ist ja so schön. Immer noch so grün und saftig. Nadelt gar kein bisschen, Schatz. Kann er nicht noch etwas bleiben?

Jedes Jahr führe ich die gleiche Diskussion. Ich möchte den Baum rauswerfen, mein Liebster möchte ihn behalten. Und jedes Jahr stoße ich die Überlegung an, das Ding einfach für immer stehen zu lassen. Irgendwann kann ich ja Ostereier dranhängen. Und mit den Nadeln viele praktische Dinge anfangen: Ich könnte unsere Kopfkissen damit ausstopfen. Oder sie für Rosmarinkartoffeln verwenden, das merkt kein Mensch.

Aber ich habe ja vergessen: Unser Baum nadelt nicht. Behauptet jedenfalls mein Mann. Wenn der wüsste! Er ist schließlich nicht dabei, wenn ich den Schmuck mitsamt den Nadeln abrupfe und den Baum aus unserem Fenster in den Garten wuchte. Den Job überlässt er schön mir. „Das ist immer so traurig, ich möchte das nicht sehen“, sagt er dann. Aus diesem Grund sieht er eben auch die Nadelberge nicht.

Ich habe diese Kolumne bereits im vergangenen Jahr veröffentlicht. In diesem Jahr allerdings ist etwas anders: Ich gewinne die Nadel-Diskussion! Denn unser Weihnachtsbaum-Ständer ist klammheimlich undicht geworden. Was bedeutet, dass

a) unser Holzfzußboden jetzt ganz tolle Wasserflecken aufweist, und

b) der Baum entsprechend wenig Wasser bekommen hat und jetzt nadelt wie Teufel.

Nein, unser Baum nadelt nicht. Und die Erde ist eine Scheibe...
Nein, unser Baum nadelt nicht. Und die Erde ist eine Scheibe... © Martina Niehaus

Der Nadelverlust ist so extrem, dass die Jungs nur noch auf Zehenspitzen durchs Wohnzimmer gehen dürfen – es könnte ja eine Erschütterung geben. An der Stelle, an der die Katze immer daran entlang läuft, ragen nur noch kahle Zweige heraus. Wenn das so weitergeht, muss ich bald abends den Fernseher auf Stumm schalten, um Schallwellen zu vermeiden.

In den vergangenen Jahren führte uns die Entsorgungsfrage immer unsere unterschiedlichen Weltanschauungen vor Augen. Inzwischen grübelt selbst mein Mann darüber nach, ob das Bäumchen das Osterfest im heimischen Wohnzimmer erleben darf, oder ob es doch eher von uns gehen muss. Karfreitag vielleicht.

Wenn meine Kollegin Carolin West ihren Baum entsorgt, wird sie sich darüber auch streiten müssen. Mit ihrer Katze Lexi nämlich. Damit Lexi nicht darin herumklettert, hat sich Frauchen einen Trick ausgedacht: Sie hypnotisiert ihre Katze mit einem glitzernden Schneeflocken-Anhänger. Stundenlang liegt das Kätzchen auf dem Sofa und fixiert das silberne Ding.

„Wenn wir den Baum in den nächsten Tagen abschmücken, müssen wir uns schon mal eine glitzernde Alternative überlegen“, sagt meine Kollegin. Vielleicht passt der Anhänger ja zum Osterschmuck. Dann kann Lexi den Weidenkätzchenstrauch fixieren. Ab und zu sollte Carolin dann überprüfen, ob ihre Katze Nahrung braucht.

Ein Hypnose-Kunststück in Vollendung: "Lexi" hat sich seit gefühlt drei Wochen nicht mehr von der Stelle bewegt.
Ein Hypnose-Kunststück in Vollendung: „Lexi“ hat sich seit gefühlt drei Wochen nicht mehr von der Stelle bewegt. © Carolin West

Burn, Baby, Burn

Manche Menschen ergreifen bei der Entsorgung des Baums ihre ganz eigenen Maßnahmen. Den Baum an die Straße stellen, vom CVJM, der GWA oder den Pfadfindern abholen lassen – oder das Gewächs etwa selbst zu einer Sammelstelle bringen? Das sind ja völlig uncoole Mainstream-Maßnahmen.

Viel schöner ist es doch, den Baum (wie wir es einmal gemacht haben) im Ganzen auf den Kompost zu werfen. Und sich zwei Jahre später zu wundern, dass er immer noch da liegt. Als wir dann irgendwann den Gartenteich aushoben, hatte mein Mann die grandiose Idee, den Baum im Aushub zu verbuddeln.

Noch heute ragt der Stamm aus dem Erdberg. Der nächste Baum kam dann in die Feuertonne. Er war so vertrocknet, dass es eine richtige Stichflamme gab. „Der war noch grün, Schatz.“ Ist klar.

Ganz schön schlau

Naht die Abgabefrist, sollte man sich das Bäumchen also am besten unter den Arm klemmen und einen Spaziergang zur nächsten Sammelstelle machen. Doch Vorsicht – wer sich hier für besonders schlau hält, könnte hinterher dumm aus der Wäsche gucken!

So hatte unser Nachbar beschlossen, sich den Spaziergang und das damit verbundene Geschleppe zu sparen. Abends band er den Baum mit einem Strick an die Anhängerkupplung – mit der Absicht, auf dem Weg zur Arbeit kurz an der Sammelstelle an der nächsten Straßenecke zu halten.

Zur Arbeit fuhr er dann am nächsten Morgen auch. Bis nach Bochum bretterte der gute Mann über die A40. Und wunderte sich über die vielen Leute, die ihn mit ihrer Lichthupe belästigten.

Als er den Wagen auf den Firmenparkplatz lenkte, fand er den Grund für die Huperei heraus: Seinen Baum, der inzwischen wie ein überdimensionaler Zahnstocher aussah, hatte er versehentlich mit zur Arbeit genommen. Immerhin gab es keine Nadeln mehr, an denen er sich beim Losbinden piksen konnte.

Ich bin jedenfalls schon gespannt, wann ich die Erlaubnis zum Rauswurf bekomme. Und wie die Entsorgung abläuft. Eine Anhängerkupplung haben wir nämlich nicht. Vielleicht machen wir einfach ein schönes Osterfeuer.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 7. Januar 2022.

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