Kinderporno-Verdacht, doch kaum jemand kommt zum Infotermin Kein Wunder - bei dieser Einladung

Eltern hören spät von Kinderporno-Verdacht: Stadt verspielt Vertrauen
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Bastian Becker

Der Titel der Pressemitteilung, den die Stadt Selm am Donnerstag (6. März) verschickte, lautete „Eltern informiert“. Darin ging es um den vorübergehenden Entzug der Betriebserlaubnis für eine Tagesmutter, in deren Umfeld gegen einen Mann wegen des Verdachts der Kinderpornografie ermttelt wird. Die Überschrift ist nicht völlig falsch, aber die Zahl der Eltern, die zu diesem Zeitpunkt schon von den Ermittlungen wussten (5), lässt sich gut an einer Hand abzählen.

Die klare Mehrzahl hat von dem brisanten Zusammenhang aus dem Internet oder der Zeitung erfahren. Das ist für die Verwaltung alles andere als gut gelaufen. Die Stadt wollte alle potenziell betroffenen Familien (insgesamt 33) am Mittwoch persönlich informieren, versprach in ihrer Einladung „umfassende Informationen“ und die „Möglichkeit, sich mit uns auszutauschen“. Nur der Grund für das Treffen („Sachstand in der Kindertagespflege“) bleibt so vage, dass fast niemand an dem Abend in die Burg Botzlar kam.

Einmal mehr ist auch diese bürokratisch-neutrale Formulierung nicht völlig falsch, aber sie hat ihren Zweck nahezu komplett verfehlt. So hat die Stadt bei mehreren Eltern Vertrauen verspielt. Gerade angesichts der brisanten Vorwürfe im Umfeld von Kinderbetreuung sind Transparenz und Kommunikation besonders geboten, um den verständlichen Sorgen zu begegnen. Hier ist jetzt das Jugendamt gefragt, die Eltern wirklich aktiv auf dem Laufenden zu halten, damit es nicht wieder heißt: „Nicht völlig falsch, aber...“