Der Kinosaal verwüstet, die Filmvorführung abgebrochen, die Polizei im Großeinsatz: In vielen Kinos in Deutschland kam es in den vergangenen Tagen zu tumultartigen Szenen während der Vorstellung von „Creed III - Rockys Legacy".
Auf der beliebten Social-Media-Plattform TikTok erregen Videos der Stör-Aktionen große Aufmerksamkeit. Demnach vermutet die Polizei Essen, dass hinter der Randale eine aktuelle Challenge stecken könnte. Die Akteure würden sich dazu animieren, den Abbruch von Kinovorführungen zu erzwingen. Offenbar möchten sie so Aufmerksamkeit auf TikTok erlangen.
Auch in der Cineworld in Lünen kam es zu derartigen Stör-Aktionen – vornehmlich am Freitag (3. März), einen Tag nachdem „Creed III" an den Start gegangen ist. Einige Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren hätten während der Vorstellung die Säle verwüstet, erzählt Kinobetreiber Lutz Nennmann auf Anfrage der Redaktion.
„Die Leute sind herumgelaufen, haben den Film mit ihren Smartphones aufgenommen und Popcorn durch die Gegend geschmissen." Und es kam noch schlimmer: Offenbar wurden mutmaßlich Süßgetränke verschüttet, sodass die Sitze stark verklebt waren. Einige der Unruhestifter hätten zudem in den Kinosälen geraucht. „Völlig unmöglich, sich in einer solchen Lage einen Film anzugucken, als normaler Kinogast“, so Nennmann.
Rauswurf aller Beteiligten
„Die Kids haben sich wie eine offene Hose benommen", sagt der Kinobetreiber. Trotzdem ist er heilfroh. Denn keiner seiner Gäste und Angestellten wurde verletzt. Auch die Vorstellung musste nicht abgebrochen werden. „Wir haben schnell von der Aktion mitbekommen und die Leute des Feldes verwiesen." Die Störenfriede hätten das Kino ohne weitere Diskussionen verlassen. Deshalb wurde weder ein Hausverbot ausgesprochen, noch die Polizei eingeschaltet. „Die machen da einen auf dicke Hose, aber wenn ein Erwachsener vor ihnen steht und ihnen ein paar Takte einschenkt, dann fahren die sehr schnell runter."
Dass ein aktueller Trend in den sozialen Netzwerken Ursache für die Stör-Aktionen sein könnte, weiß Nennmann. „Wobei ich nicht weiß, was daran sozial sein soll." Er hat eine klare Meinung zu derartigen Plattformen: „Dort ist alles anonym, ohne Konsequenzen. Das Internet ist das Medium der Feiglinge." Das Verhalten der Jugendlichen in seinem Kino habe seine Ansicht nur bestätigt.
Kontrolle durch Security-Kräfte
Die Cineworld hat als eine erste Reaktion nun Security-Kräfte eingesetzt. Diese beaufsichtigen derzeit die Vorstellungen von „Creed III". Zudem führen sie Taschenkontrollen durch. Dabei seien bisher keine gefährlichen Gegenstände aufgetaucht. Die Besucher hätten lediglich versucht Snacks und Getränke in die Säle zu schmuggeln. „Die Sachen wurden alle eingesammelt. Wenn man in ein Restaurant geht, bringt man ja auch nicht sein eigenes Schnitzel mit."
Der Einsatz des Sicherheitspersonals habe sich als richtige Maßnahme erwiesen, so Nennmann. Seitdem die Security-Kräfte vor Ort sind, habe es keine derartigen Verwüstungen mehr gegeben. „Von so einer Präsenz lassen sich diese Halbstarken sehr schnell beeindrucken. Das Problem konnte damit auf 20 Prozent eingedämpft werden", sagt er.
Außerdem hat die CineWorld den Spielplan aufgrund der Stör-Aktionen angepasst. Zwischen den Vorstellungen von „Creed III“ liegen nun längere Pausen. Auf diese Weise hätten die Mitarbeiter mehr Zeit, die Säle aufzuräumen und zu reinigen.
Anhebung der Altersbeschränkung
Wären die Stör-Aktionen von den Security-Kräften nicht eingestellt worden, hätte die Cineworld die Altersbeschränkung von FSK 12 auf FSK 18 angehoben – und damit die vermeintlichen Störenfriede kategorisch außen vor gelassen. Allerdings warnt Nennmann davor, alle Jugendlichen auf die gleiche Stufe zu stellen. „Das Klientel, das die Säle verwüstet hat, hat keine Erziehung genossen. Aber es gibt auch Gleichaltrige, die sich tadellos benehmen und keine Probleme machen."
Ein Betreiber von mehreren Kinos im Saarland hat den Film „Creed III“ vorsorglich ganz aus dem Programm genommen. Für Lutz Nennmann kommt das nicht infrage. „Ich würde einem solchen Publikum nicht die Macht einräumen, allen anderen die Möglichkeit zu nehmen, den Film bei uns zu gucken." Diese Maßnahme hätte er lediglich durchgesetzt, wenn die Sicherheit seiner Gäste oder Mitarbeiter gefährdet gewesen wäre.
Außerdem weist Nennmann darauf hin, dass „Creed III“ ein Drama ist, das in Hollywood produziert wurde. „Das ist kein Film der gemäß seines Genres vermeintlich ein Problempublikum anzieht“, sagt er. „Das Filmprodukt als solches hat es nicht verdient, so massakriert zu werden.“
Verlängerung des Security-Einsatzes
Die Vertragslaufzeit eines Filmes beläuft sich auf mindestens drei Wochen, manche spielen aber auch ein halbes Jahr – das ist erfolgsabhängig. „Creed III“ werde sicherlich noch einige Wochen angeboten, so Nennmann. Doch die Cineworld hat die Security-Kräfte nur bis Sonntag (19. März) engagiert. „Wir gehen davon aus, dass der Spuk spätestens mit dem nächsten Wochenende vorbei ist", sagt er. „Dann ist in deren schnelllebigen Welt schon wieder etwas anderes woke." Sollte das nicht der Fall sein, werde die Cineworld den Security-Einsatz verlängern.