Herzensangelegenheit für Werner Männig (83) Altes Rathaus von Lünen als Modell nachgebaut

Herzensangelegenheit für Werner Männig: Altes Rathaus als Modell nachgebaut
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Das Rathaus in Lünen wurde 1960 eingeweiht, es feiert dieses Jahr das 65-jährige Bestehen. Bevor das Rathaus auf dem Willy-Brandt-Platz errichtet wurde, befand sich das Rathaus von Lünen dort, wo jetzt Thalia an der Langen Straße in der Innenstadt steht. Werner Männig gefiel dieses alte Ratshaus. „Ich weiß, dass wir hier ein schönes Rathaus hatten“, sagt der Lüner.

Für den Rentner sind Holzarbeiten die große Leidenschaft. Wenn Männig über seine Holzarbeiten spricht, fangen seine Augen an zu glänzen. Bei einem Besuch des Weihnachtsmarktes in Münster 2023 sah er Modelle von alten Gebäuden der Region und dachte sich: „Das kann ich auch!“ Er entschloss sich, das Lüner Rathaus als Holzmodell zu bauen - aus rund 635 selbstgebauten Einzelteilen. Eineinhalb Jahre dauerte das. „Der letzte Meilenstein war die Laterne am Haus“, sagt Männig.

Die richtige Laterne zu finden, war nicht so einfach. Denn Männig ist detailverliebt. Alles soll so akkurat wie möglich sein, was sich auch bei genauer Betrachtung des Modells zeigt. Die Lage der Steine hat er im Modell mit Bleistift originalgetreu aufgezeichnet, und in die Fenster auf der Seite der Kirchstraße hat er kleine Ventilatoren gezeichnet. Bei der Erstellung der Brüstung und der Fenster bekam Männig Hilfe. Ein Freund seines Sohnes hat sie erstellt: ein Fan von Modelleisenbahnen. Für die winzige Brüstung nutzte er Laser-Technik.

Zeichnungen liegen auf dem Tisch
Anhand eines Bildes zeichnete Männig den Bauplan. © Konietzka

Alles selbst gezeichnet

Die Laterne sollte genauso maßstabsgetreu sein wie der Rest des Modells. Den Bauplan für die Holzarbeit zeichnete der Lüner selbst. „Ich habe mich ans Stadtarchiv gewandt. Daraufhin wurden mir die Bilder geschickt“, erinnert sich Männig. Anhand dieser Bilder erstellte er den detailreichen und -getreuen Bauplan.

Das Zeichnen lernte der Lüner in seinem früheren Beruf. Männig ist gelernter Konstrukteur von Maschinen. Mit seinem Hobby begann er noch bevor er in den Ruhestand ging. Das erste Modell baute er die Seiffener Kapelle, eine evangelisch-lutherische Kirche im Erzgebirge. Diese ist ein beliebtes Motiv der erzgebirgischen Volkskunst.

Geschichte der Rathäuser

Das Modell, das Männig erstellte, war das des dritten Ratshauses in Lünen,. Das aktuelle Ratshausgebäude am Willy-Brandt-Platz ist das vierte Rathaus der Stadt, wie aus dem Buch „HochHinHaus“ über die Lüner Rathäuser zu lesen ist. Herausgeber dieses Buches sind die Stadt Lünen und der Förderverein für Kunst und Kultur Lünen.

Zwar seien in der Historie von Lünen schon 1267 Ratsherren erwähnt worden, ob es ein Rathaus gab, sei allerdings nicht bekannt. So wurde das erste Rathaus wahrscheinlich 1336 an der Nordostecke des alten Marktes erbaut. Sowohl am 7. April 1457 als auch am 5. November 1512 haben Brände das Rathaus beschädigt. Ein Jahr nach dem letzten Feuers begann der Bau eines neuen Rathauses.

1514 wurde das Fachwerkgebäude fertiggestellt, die Vorderfront bestand aus unverputztem Bruchsteinmauerwerk des alten Gebäudes, das durch den Brand nicht zerstört worden war. Eine große Ratsstube wurde 1614 angebaut. Über ein Jahrhundert später wurde das Rathaus 1743 wegen des „desolaten Zustandes“ renoviert. Im Herbst 1836 reifte der Gedanke bei den Lünern, das Gebäude abzureißen, was 1847 passierte. Am 26. Juni desselben Jahres legte man den Grundstein für das heute als „altes Rathaus“ bekannte Gebäude. Im Juni 1849 wurde das Rathaus fertiggestellt. Kosten: rund 8526 Taler.

Gedenktafel vor Talia
Vor Thalia in der Innenstadt wurde eine Tafel angebracht, die an das alte Rathaus erinnern soll. © Konietzka

Zu diesem Zeitpunkt war Lünen rund 2000 Einwohner groß. Um die Jahrhundertwende herum arbeiteten 25 Personen in dem Verwaltungsgebäude, 1905 wurde das Rathaus zum ersten Mal renoviert. Mit der Industrialisierung stieg die Einwohnerzahl der Lippestadt sprunghaft an. 1920 waren es 18.126 Lünerinnen und Lüner – es wurden mehr Beamte benötigt. Mehrere Dienststellen wurden ausgelagert.

Nach dem ersten Weltkrieg war das Gebäude stark beschädigt, in der Revolutionszeit 1918/19 wurde das Gebäude durch die Dortmunder Sicherheitswehr beschossen. Weil die Räumlichkeiten des Rathauses zu klein waren, entschloss man sich, Teile der Verwaltung in eine ehemalige Schule neben dem Amtsgericht zu verlagern. Aus diesem war 1931 das Jungengymnasium in das damals neue Freiherr-vom-Stein-Gymnasium gezogen. Der neue Hauptsitz der Verwaltung wurde in Stadthaus umbenannt.

1960 wurde das heutige Rathaus bezogen, in das Gebäude des ehemaligen Stadthauses zog 1964 die damals neu gegründete Realschule Lünen-Mitte. Heutzutage ist der Gebäudekomplex Teil der Geschwister-Scholl-Gesamtschule. Im Zuge der Innenstadtsanierung wurde das alte Rathaus 1968 abgerissen.

Neben dem Modell des Ratshauses stehen Holzengel und andere Dekorationen.
Für Freunde und Familie stellt Männig auch größere und kleinere Dekorationen her. © Konietzka

Keine neuen Pläne für neue Modelle

Modelle des zweiten und dritten Rathauses werden im aktuellen Rathaus ausgestellt. Das Modell von Werner Männig steht bei sich zu Hause. Was der Lüner als Nächstes bauen wird, weiß er noch nicht. „Viele Sachen baut er auf Bitte von Freunden und Familie“, verrät seine Frau. So hat der Lüner für Ostern oder Weihnachten die Dekorationswünsche der Familie erfüllt, hat ein Entenhaus für einen Garten gebaut oder auch Dekorationen für Gemeindehaus und Kirche erstellt.