Im Jahr 2025 feiert das Edelmetall Gold eine regelrechte Renaissance. Seit Jahresanfang ist der Goldpreis von rund 80 Euro pro Gramm auf 93 Euro gestiegen – ein neuer Rekordwert in der Geschichte des Goldes. Das macht sich auch vor Ort in Lünen bemerkbar, zum Beispiel an der Bäckerstraße 14a. Dort steht die „Goldbörse Thiel“, geleitet von Otmar Thiel. Sein Schwiegersohn Michael Wünsch arbeitet mit ihm zusammen. Neben klassischem Gold-An-und-Verkauf hängen in dem kleinen Innenstadtladen auch einige Schmuckstücke in den Schaukästen.
Weltmarkt auch in Lünen zu spüren
„Ein häufiger Fall ist“, berichtet Thiel, „dass Kunden hereinkommen, die gerade frisch geerbt haben und den alten Schmuck ihrer Eltern oder Großeltern in Zahlung geben, um sich von dem Geld moderneren Schmuck kaufen zu können. Die sind dann in letzter Zeit häufiger überrascht von dem hohen Betrag, den sie bekommen“.

Die aktuell gute Stimmung beim Goldpreis lässt sich auf den Charakter des Edelmetalls als sogenannten „sicheren Hafen“ zurückführen. Deutsche und internationale Investoren neigen dazu, in Gold zu investieren, wenn andere Vermögenswerte wie Aktien zu unsicher erscheinen. Das wiederum ist historisch bedingt, denn schon in der Antike galt Gold als Wertspeicher, der das eigene Vermögen vor einem Kaufkraftverlust schützt – als Rohstoff, nach dem Menschen immer eine Nachfrage haben werden. Derzeit sind es insbesondere die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Handelszölle, die vor allem den Aktienmarkt verunsichern.
Auch Goldschmiede betroffen
Miro Minkus betreibt sein gleichnamiges Schmuckatelier an der Lange Straße 11 seit 1999 – die „älteste Goldschmiede Lünens“, wie es auf dem Schild heißt. Er übernahm den Laden und die Werkstatt von Hubert Langner (1930–2024), der sie 1957 eröffnet hatte. Unterstützt wird er im Laden von seinem Sohn Vincent Minkus.

Goldschmiedemeister Minkus erstellt eigene Schmuckstücke auf Anfrage und arbeitet Schmuck und Uhren um. Gold-An-und-Verkauf macht nur einen kleinen Teil seiner Arbeit aus, aber auch er spürt die Veränderungen des Goldpreises im Alltag.
Goldpreis schwankt gerade stark
„Wir merken eigentlich schon seit fünf Jahren einen Anstieg“, berichten die Goldexperten aus beiden Läden. Ebenso haben die täglichen Schwankungen des Goldpreises einen direkten Einfluss auf ihr Geschäft: „Wenn wir eine Auftragsarbeit annehmen, etwa eine Halskette oder Ringe“, berichtet Goldschmied Minkus, „basiert unser Kostenvoranschlag auf dem Gold-Weltmarktpreis in diesem Moment“. Und der könne derzeit massiv schwanken.
Das kann Otmar Thiel bestätigen: Beim Ankauf von Gold schaut er immer live auf den aktuellen Weltmarktpreis: „Das können momentan morgens mal 93 Euro pro Gramm sein und am Nachmittag 97 Euro“, so Thiel – bei 100 Gramm Gold also ein Unterschied von 400 Euro. Sie müssen für ihre Dienstleistung des Goldankaufs aber stets ein bisschen unter dem Weltmarktpreis bleiben, damit sie noch eine Gewinnmarge haben, erklärt er.
Um es noch greifbarer zu machen: Ein exemplarischer Ehering in Miro Minkus‘ Atelier aus „333 Gold“ wiegt etwa 10 Gramm bei einem Goldanteil von 33,3 Prozent. Das wäre bei einem Gold-Gramm-Preis von 93 Euro ein Materialwert von 309,69 Euro allein für den Goldanteil. Hinzu kommen andere Materialien und die hineingesteckte Arbeit.

„Leute schauen auf dem Dachboden nach“
Die Goldbörse Thiel spürt in den vergangenen Wochen einen Anstieg der Kundschaft, sowohl für den Gold-An- als auch den -Verkauf. Die Mehrzahl seien die Verkäufer: „Einige haben wohl von dem gestiegenen Goldpreis gelesen und sich gedacht: ‚Komm, wir schauen mal, was wir noch auf dem Dachboden haben‘“, kann sich Wünsch vorstellen.
Der entgegengesetzte Fall ist somit aber auch wahr: Kunden, die Gold oder Schmuck kaufen wollen, seien manchmal überrascht von dem Preis. „Ich finde es schon schade“, sagt Wünsch, „dass sich mittlerweile ein normaler Arbeiter weniger Goldschmuck leisten kann als früher“ – aber die Goldbörse muss nun einmal mit den Weltmarktpreisen mitgehen. „Früher konnten wir noch regelmäßig Nachlass auf Goldschmuck geben – das ist aktuell nicht möglich“, sagt Miro Minkus.

Prognose möglich?
Das Interesse an Silberschmuck sei in dieser Zeit gestiegen, sagt Minkus. Da sei der Rohstoffpreis vergleichsweise stabil geblieben. Es gebe auch andere Methoden, den Preis für Goldschmuck zu senken, etwa dadurch, anderes Material lediglich zu vergolden oder größere Goldelemente hohl zu formen. „Aber darunter leidet natürlich die Qualität. Eine dünne Goldschicht kann eher mal abplatzen und hohle Elemente können eher mal brechen“, erklärt er.
Und zur Zukunft des Goldpreises? Einige Analysten sind der Ansicht, dass der Goldpreis noch nicht seinen Zenit erreicht hat. So sieht die US-amerikanische Großbank J.P. Morgan ein Kursziel von 4000 US-Dollar pro Feinunze voraus – das wären etwa 113 Euro pro Gramm. Hält die Unsicherheit auf dem Weltmarkt an, könnte der Goldpreis noch weiter steigen.
„Keiner hat da die Glaskugel“, sagt Wünsch. „Manche Experten sagen, dass er noch auf 10.000 Dollar pro Feinunze steigen könnte, andere, dass ein Rücksetzer überfällig sei – das sagen sie aber schon seit zwei Jahren.“ Bei der Frage muss Miro Minkus lachen: „Das ist wirklich schwer zu sagen – unendlich kann der Preis jedenfalls nicht steigen.“